DREI

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Ich half Cecilé beim Vorbereiten des Gerichts, während sich die Männer über die Welt unterhielten. Er war intelligent. Einschüchternd wissend. 

Das war mir schon früh aufgefallen. Oft ließ er Henry aussprechen, obwohl er wusste, dass dieser nicht hundertprozentige Ahnung über das besprochene Thema besaß, doch er war nie der Mensch, der es anderen unter die Nase rieb, mehr zu wissen. 

Ich sah es ihm aber an. Den Blick kannte ich. Er ließ sie einfach ausreden, bis sie sich gut fühlten. 

Am Esstisch sitzten wir, er und ich, dem anderen Paar gegenüber. Hin und wieder lachten wir, zum Beispiel, wenn Cecilé darüber erzählte, wie Henry ihr den mit Abstand tollpatschigsten Heiratsantrag machte. Die Geschichte war keine neue und trotzdem einen Lacher wert.

"Geht es deinem Vater besser?", wand sich Henry plötzlich ohne Vorwarnung an mich. Ich spürte seinen neugierigen Blick brennend auf mir. Kurz schluckte ich. "Ja, tatsächlich. Es geht ihm hervorragend" Lächelnd versuche ich Henry mit meinen Worten zu überzeugen, während mir der Hals austrocknete. "Ehrlich? Als ich ihn letztens im Laden traf, sah er erschöpft aus" Ich verschluckte mich und hustete dann leicht. 

Plötzlich spürte ich etwas Schweres auf meinem Oberschenkel. 

Es war seine Hand. Seine Hand, die mich berührte.

Ich starrte nicht auf sie herab, sondern nickte Henry bloß zu. "Das ist normal, Henry. Ich meine, die Krankheit ist nicht einfach so verschwunden. Es geht ihm aber besser" 

Meine Stimme wurde gegen Ende immer dünner und wirkte fast wie ein böses Zischen. Nachdem ich meinen Satz beendet hatte, nahm er seine Hand wieder von mir. So etwas hatte er nie gemacht. Nie.

"Weiter gehts mit dem Dessert, oder was sagt ihr?", schlug Cecilé euphorisch vor und klatschte in die Hände. "Gute Idee, Cecilé" 

Ich hörte seine raue Stimme ganz dicht neben mir und spürte wieder die Wärme seiner großen Hand auf meinem Oberschenkel, doch ich bildete sie mir nur ein, denn die Stelle dort war frei. 

Wir kamen erst spät abends zu Hause an, als sein Telefon im Flur begann zu klingeln. Ohne den Anrufernamen zu lesen, schaltete er es auf stumm.

 "Du kannst noch zu ihm gehen, wenn du möchtest", sprach ich verständnisvoll zu ihm, als ich meine Jacke auszog. 

Er schnalzte mit der Zunge, genervt über meine Worte. 

"Gute Nacht" 

Mit diesen Worten schloss er die Tür des Gästezimmers und ließ mich alleine im Flur stehen. Kurz schloss ich die Augen. Ich entschied mich wieder einmal für einen Weg, den ich noch nie gegangen war.

Ich öffnete seine Tür, ohne zu Klopfen und als ich in das Zimmer hineinsah, stockte mir der Atem augenblicklich. Er hatte gerade sein Hemd von seinen breiten Schultern gezogen, bevor er sich abrupt zu mir wand und die Augen misstrauisch zusammenkniff. 

"Was ist?"

Ich hatte für einen Moment vergessen, weshalb ich die Türklinke überhaupt erst berührt hatte. 

"Habe ich etwas Falsches gesagt?" 

Kein Zittern durchzog meine Stimme, worauf ich stolz war. So selten, wie ich mit ihm sprach, wäre das zu Erwarten gewesen.

"Seit wann willst du die Gründe für mein Tun wissen? Ich schlage Türen vor den Nasen zu, bei denen ich es möchte", zischte er und ließ das Hemd auf den Boden fallen, während er sich auf den Weg zu seiner Kommode machte. 

Ob er auch mit den Anderen so sprach, fragte ich mich. Gönnte er ihnen die selben Seiten, die er mir zeigte, oder die schöneren, die liebevolleren, war die nächste Frage, die ich mir selbst stellte, als ich den bitteren Unterton in seiner Stimme wahrnahm. 

Dieses Zimmer gehörte ihm und ich hatte es nie länger als paar Sekunden betreten. Manchmal um ihn zu wecken, wenn er verschlafen haben sollte, manchmal aber auch um ihm Bescheid zu geben, dass das Essen fertig war.

"Du hast vorhin über Höflichkeit gesprochen und dennoch tust du sowas" 

Ich verstand ihn nicht. Nie. 

Dieses Gefühl beruhte jedoch mit Sicherheit auf Gegenseitigkeit. Wir hatten uns in den seltensten Situationen verstanden und das nur aus Zufall, nie gewollt, nie beabsichtigt.

"Gute Nacht", antwortete er mir und warf mich damit indirekt aus diesem Zimmer. Seine Worte waren wie ein Befehl, das ihn möglichst schnell zu verlassen. 

"Wieso warst du heute morgen nicht in der Küche? Ist die Kaffeemaschine kaputt?", ging ich weiter auf ihn ein. 

Er wand sich mit seiner oberkörperfreien Statur komplett in meine Richtung, während ich ihm starr in die dunklen Augen sah.

"Nein, die Kaffeemaschine funktioniert einwandfrei. Ich hatte nur keine Lust einen Kaffee zu trinken. Ich hoffe, dass ich mich deshalb nicht auch noch rechtfertigen muss" 

Ich schüttelte verneinend den Kopf. Das brachte nichts. Niemals. Es war hoffnungslos, auch obwohl es nie auch ein bisschen Hoffnung gab. Es war alles nur zum Scheitern bestimmt. 


Aber so war er eben.

"Gute Nacht" Ich schloss die Tür. Der Tag war anders. Er war so anders.
















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ihr seid nicht bereit für das nächste Kapitel.

was sagt ihr zu der Atmosphäre zwischen den Beiden?

is it love or hate ?

SO WAR ERWhere stories live. Discover now