37 - come inside

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Auf einmal klopfte es an der Tür.
Ich sah Nico an, aber dieser schien wenig beeindruckt.
Dann öffnete sich die Tür und irgendein Mädchen kam rein.
"Hey", lächelte sie und ging zu Nicos Kleiderschrank.
"Whaddup", sagte Nico.
Dann zog sie sich einfach so vor unseren Augen aus, eine pinke Jogginghose von Juicy Couture und die zugehörige Trackjacke an.
War das seine beste Freundin?
Ich hatte mir sie anders vorgestellt.
Irgendwie weniger... weiblich.
Dann setzte sie sich auf sein Bett.
"Hi", lächelte sie.
"Hey", sagte ich leise.
Durch den Deeptalk eben war meine Laune ziemlich im Keller.
Außerdem war ich ein bisschen zu high für Gespräche mit Fremden.
"Alles gut?", fragte sie.
"Geht."
"Hat einer von euch bisschen Coke?"
Nico nickte und machte seinen Nachttisch auf.
Von dort holte er ein Tütchen mit Koks heraus und gab es ihr.
"Mach mal nicht wieder die Mia Wallace."
"Mia Wallace hat Heroin genommen."
"Cool, wir auch."
Ich schlug ihn.
"Musste das gerade sein?"
Er zuckte mit den Schultern.
"Sie wird schon die Fresse halten."
"Werd ich", bestätigte sie.
Ich atmete hörbar aus.
Das hätte wirklich nicht sein müssen.
"Komm mal runter", murmelte Nico, "es tut mir ja leid."
"Ist okay", sagte ich abwesend.
"Anna, kannst du jetzt gehen?"
Sie nickte.
"Ich zieh' nur noch."
Sie legte sich auf ihrem kaputten Handydisplay zwei Lines und zog diese.
"Du kannst schon noch da bleiben", sagte ich und zog den Hoodie wieder über meinen Bauch.
"Können ja eine rauchen."
"Gerne", sagte Anna und holte eine Schachtel L&M aus ihrer Tasche.
Dann warf sie Nico und mir eine Kippe zu und zündete an.
"Wie geht's euch so?"
"Geht schon", sagte Nico und gähnte.
"Und dir... Lynn?"
Ich lächelte.
"Ganz okay", sagte ich.
"Nico, wie läuft's mit deinem Dad?"
"Beschissen", sagte Nico und pustete den Rauch aus.
"Ich geh' dann", sagte sie und verschwand.
"Und?"
"War das deine beste Freundin?"
Er nickte.
"Und?", wiederholte er.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Hab sie nur 5 Minuten gesehen."
"Jo. Aber so der erste Eindruck?"
"Ja, sie ist schon nett."
Auf einmal packte er mich an den Schultern und sah mir tief in die Augen.
"Bitte halt mich davon ab, noch mehr Heroin zu nehmen. Ich werde so schnell süchtig."
Geschockt sah ich ihn an.
"Okay. Alles gut?"
Er schüttelte den Kopf.
"Überhaupt nicht. Ich will mehr."
"Okay, du hast bestimmt was, das gegen Druck hilft."
Er nickte.
Dann öffnete er den Nachttisch und holte einen Igelball heraus, den er komplett zusammendrückte.
Ich schluckte.
"Ich tue dir nicht gut", murmelte er traurig.
"Wenn du nicht da wärst, wäre das alles mein Alltag zuhause..."
Er sah mich an.
"Das ist auch nicht gut. Ich habe schon überlegt, das Jugendamt zu rufen."
"Und ich habe schon überlegt, einen Krankenwagen zu rufen. Hab ich's getan? Nein."
"Das kannst du nicht vergleichen."
"Das kannst du leider sehr wohl."
Er sah auf den Boden.
"Bitte ruf' nie einen Krankenwagen. Auch nicht wenn ich sterbe."
"Natürlich werde ich einen Krankenwagen rufen, wenn du stirbst."
"Bitte geh' jetzt raus."
"Warum?"
"Geh' einfach."
"Kann ich dich alleine lassen?"
"Bin ich fünf?"
Traurig stand ich auf und umarmte ihn, aber er stieß mich weg.
"Es tut mir leid, aber komm erst wieder, wenn ich dir schreibe."
"Heißt das, du machst Schluss?"
"Nein."
Mir schossen die Tränen in die Augen.
"Nico, ich habe unfassbar Angst um dich."
"Dann bleib' halt da."
Er seufzte.
"Mach doch, was du willst und 'pass auf mich auf, wenn du dann zufrieden bist und weniger Angst hast. Ich weiß nämlich, wie sich Angst anfühlt. In meiner Diagnose steht nicht umsonst ANGSTstörung."
Nico griff zitternd nach einer Zigarette und zündete diese an.
Dann ging ich nochmal zu ihm und versuchte, ihn nochmal zu umarmen, aber er stieß mich wieder weg.
"Ich muss kurz pissen", murmelte er, stand auf und verschwand im Badezimmer.

nicotine (bittersüße vodkaküsse)Where stories live. Discover now