Blaue Schuppen

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Als ich den Fremden fand, war ich gerade auf Patrouille um unser Lager. Der Junge lag bewusstlos auf dem Waldboden, umringt von Moos und strahlend gelben Winterlingen, sein Gesicht von einer Kapuze verborgen. Vorsichtig zog ich mein Schwert und ging mit bedachten Schritten auf den Jungen zu. Ich hatte ihn noch nie in einer Gegend wie dieser gesehen, womöglich war er ein Spion der roten Legion.

Langsam ging ich in die Hocke und strich dem Fremden die Kapuze aus dem Gesicht. Ein pastellblauer Haarschopf kam an das bereits schwindende Tageslicht. Ich beugte mich noch weiter vor, um sein Gesicht besser betrachten zu können, doch plötzlich starrten mich zwei eisblaue Augen angsterfüllt an. Ich wich erschrocken zurück, das Schwert drohend auf ihn gerichtet. „Wer bist du?", fragte ich mit bedrohlich ruhiger Stimme und musterte das Gesicht des Fremden eingehend. Das erste was mir sofort ins Auge sprang, waren die blauen Schuppen, die seine rechte Wange und seinen Hals zu einem großen Teil bedeckten, dann die Augenringe, die unter seinen Augen lagen.

„Verzeiht bitte. Ich – ich wollte euch nicht erschrecken. Bitte ich brauche Hilfe, sonst finden sie mich", seine Stimme war leise, fast schon ein wispern. „Wer?", fragte ich erneut. Warum hatte er Schuppen? So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen.

„Die – Die Roten! Bitte", flehte er und kämpfte sich zitternd auf die Beine. Die Roten? Also kein Spion. Aber was machte er hier, in unmittelbarer Nähe unseres Stützpunktes? Ich steckte das Schwert zurück an meinen Gürtel und ging einen Schritt auf den Jungen zu.

„Mein Name ist Niko. Wie lautet deiner?", erkundigte ich mich. „Solo, ich...", er schien noch mehr sagen zu wollen, doch plötzlich schwankte er und drohte zu fallen. Mit zwei großen Schritten war ich bei ihm und fing ihn auf, seine Augen drohten ihm zu zufallen. Was war bloß mit ihm geschehen?

„Ich bring dich erst einmal hier weg. Ruh dich ruhig aus", sobald die Worte meinen Lippen entflohen waren, schlossen sich seine Augen und sein Atem wurde ruhig. Behutsam hob ich ihn hoch, erstaunt wie leicht er war.

Solo... Was für ein seltsamer Name. Doch das war nicht das Einzige, was sonderbar an ihm schien. Die Haarfarbe des Jungen und die Schuppen, waren mir ebenso ein Rätsel.

Sobald ich unser Lager erreichte, waren die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont verschwunden und nur die Sterne erleuchteten mir den Weg.

Als ich auf die weite Ebene trat saßen Lana und Mell um das Feuer herum, während John im Gras lag und schlief.

„Da bist du ja! Wir hatten uns bereits sorgen gemacht", sagte Mell und sprang auf. Ich sah mich nach den Anderen um, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Wahrscheinlich schliefen sie bereits in den Zelten die im Schutze der Bäume aufgestellt waren.

„Wer ist das?", fragte Lana zögernd und trat näher an mich heran. „Ich fand ihn im Wald. Er sagte sein Name sei Solo. Wie es scheint flieht er vor der roten Legion."

Vorsichtig legte ich den bewusstlosen Jungen auf eine Decke und deckte ihn mit einer weiteren zu. „Meinst du wir können ihm trauen? Was wenn er doch ein Spion ist, dann haben wir ein ernsthaftes Problem!", nachdenklich betrachtete Lana die blauen Schuppen.

„Was meinst du? Was sind das für Schuppen?", fragte ich und sah ihr in die Augen. Wenn sich jemand mit magischen Wesen auskannte, dann sie.

Sie nickte zögernd: „Ich habe so eine Ahnung und wir können nur beten, dass ich falsch liege." Mir wurde etwas mulmig zu mute. Was könnte so schlimm sein, dass selbst Lana es fürchtete. Sie liebte jede magische Kreatur, egal wie bösartig sie auch sein mochte.

In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf. An einen Baum gelehnt betrachtete ich unser Lager und dachte über Solo nach. Warum war er auf der Flucht? Normalerweise viel niemand in die Ungnade der roten Legion, es sei denn man war ein Rebell, wie wir.

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