18. Kapitel

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Irgendwann war ich eingeschlafen. Als ich die Augen wieder öffnete, schob sich die Sonne über die hohen Bäume des verbotenen Waldes und kündigte den nächsten Morgen an. Der Krankenflügel wurde in goldenes Licht getaucht. Ich richtete mich auf und stellte fest, dass ich mich viel besser fühlte, als gestern. Die Kopfschmerzen waren weg und auch hatte ich mich erholt. Aber die Verwirrungen über meinen Schwächeanfall blieben. Die Bilder von Riddle gingen mir nicht aus den Kopf. Es beunruhigte mich, doch gleichzeitig schämte ich mich dafür. Das war nichts weiter, als ein Traum gewesen! Und was wenn nicht, mischte sich die Stimme in meinem Kopf ein. Entschlossen schob ich sie zur Seite.

Ich erhob mich. Die Tür des Krankenflügels wurde aufgestoßen und mein Bruder kam auf mich zugestürmt. "Du hast nicht vergessen, dass der Hogwarts Express in einer knappen Stunde startet", fuhr mich wütend an, ohne zu fragen, ob es mir besser ging. Schalt mal eine Stufe runter, Bruderherz, dachte ich genervt. Natürlich hatte ich das Versprechen an meinen Eltern nicht vergessen. Über die Ferien würde ich mit meinem Bruder nach Hause fahren. "Nein, ich freu mich ja schon drauf", gab ich ironisch zurück. Das war purer Sarkasmus. Meine Eltern freuten sich eh nur darauf Orion zu sehen. 

Orion knurrte. Meine freche Antwort gefiel ihm ganz und gar nicht. Er durchbohrte mich förmlich mit seine bösen Blicken. "Würdest du gehen? Ich würde mich gerne noch umziehen", bat ich ihn gelassen. Ich wusste, dass meine Ruhe ihn rasend machte. "Gut, bis später", zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und verschwand. Das entlockte mir ein leichtes Grinsen. Natürlich wollte ich mich nicht im Krankenflügel umziehen. Das war doch totaler Schwachsinn mich vor den Typen, die hier behandelt wurden, auszuziehen. Aber Orion schien das nicht mal aufgefallen zu sein.

"Sie sind aufgewacht", lächelte Mrs. Cook. Ich erwiderte das Lachen. "Es geht mir viel besser, Mrs. Cook", erklärte ich. "Das freut mich außerordentlich", erwiderte die Krankenschwester. "Ich habe gehört Sie fahren in den Ferien nach Hause?", fügte sie fragend hinzu. Sofort sank meine Laune. Ich nickte stumm. "Ich will Sie nicht vom Packen abhalten. Sie sollten sich beeilen, damit Sie nicht den Zug verpassen", sagte Mrs. Cook und mit einem Blick auf die Uhr musste ich feststellen, dass sie recht hatte. Schnell verabschiedete ich mich. 

Im Schlafsaal angekommen, schmiss ich nur ein paar Kleider in meinen Koffer. Für diese Woche musste ich nicht zu viel mitnehmen. Eigentlich hatte ich mich auf die Ferien gefreut, aber bei den Gedanken nach Hause zu gehen, verblasste diese Freude. Am liebsten wäre ich in Hogwarts geblieben, doch das würden meine Eltern nie zulassen. Seufzend setzte ich mich aufs Bett. 

Ich musste an Rachel denken. Als sie gestern in den Krankenflügel gekommen war, hatte ihre Reue ehrlich geklungen. Vielleicht hätte ich ihr doch verzeihen sollen. Die Tür öffnete sich und ich sah auf, in der leisen Hoffnung, dass es meine beste Freundin wäre. Gleich darauf senkte ich den Kopf wieder. Riddle. 

"Solltest du nicht schon längst gepackt haben?", fragte er mit einem Blick auf das Chaos. "Ich habe alles was ich brauche", antwortete ich niedergeschlagen. "Fährst du in den Ferien auch weg?", setzte ich neugierig hinzu. Riddle schnaubte verächtlich. "Natürlich nicht", zischte er angewidert, "Wieso sollte ich zu den dreckigen Muggeln gehen?" Ich biss mir auf die Lippe und antwortete nichts. Ich hätte beinahe alles gegeben, um in Hogwarts zu bleiben. Ich stand auf und schnappte mir meinen Koffer. Ich sollte mich langsam wirklich beeilen.

"Du scheinst nicht glücklich zu sein gehen zu müssen", Riddles Bemerkung lies mich innehalten. "Nein", gab ich knapp zu. "Eigentlich solltest du froh sein nicht bei Muggel aufgewachsen zu sein", fuhr er fort und musterte mich. Wütend funkelte ich ihn an. "Glaubst du wirklich dein Schicksal war schlimmer, als meins", rief ich und ballte meine Hände zu Fäusten. Ich hasste es, wenn irgendjemand mein Leben als glücklich einstufte nur, weil ich eine Black aus reichen Haus war.

Riddles Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Lächeln: "Ich kann mit schweren Schicksalen umgehen." Freudlos lachte ich auf. "Nur weil ich eine Frau bin heißt das nicht, dass ich schwach bin. Tu nicht so, als wärst du etwas Besseres", fauchte ich. Riddles höhnisches Lächeln verschwand. Zorn erschien nun auch in seinen Augen. Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Er provozierte mich, bis ich zu weit ging. Ich sollte meine Gefühle besser unter Kontrolle haben.

Riddle machte einen Schritt auf mich zu und umschloss mein Handgelenk. "Hör zu, Süße", zischte er drohend, "Du wirst mir mehr Respekt zeigen!" Mein Atem ging schneller und ich versuchte mich aus den Griff seiner kalten Hände zu befreien, aber das wollte mir nicht gelingen. Er zog mich in seine Arme und ich hörte auf mich zu wehren. 

"Wenn du wiederkommst, um 12 Uhr nachts im Gemeinschaftsraum", die Worte klangen nicht nach einer Einladung, sondern eher nach einem Befehl. Er lies mich immer noch nicht los und widerwillig musste ich mir eingestehen, dass mein Körper es genoss. Ich konnte dieses Verlangen in mir einfach nicht ausblenden. Seine Augen funkelten, als wüsste er ganz genau was ich dachte. Hoffentlich nicht, dein Verhalten in letzter Zeit ist echt peinlich, beschwerte sich die Stimme in meinem Kopf. Vielen Dank auch, dachte ich genervt, aber konnte nicht verhindern, dass mir eine leichte Röte in die Wangen schoss.

Er fuhr mir mit den Finger über meinen Rücken und lies seine Hand schließlich in meinen Nacken liegen. Und dann küsste er mich endlich. So dominant, wie immer und doch musste ich zugeben, dass es mir gefiel. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und schmiegte mich näher an ihn. Nur seine Küsse und seine Berührungen konnten dieses brennende Verlangen in mir stillen.

"Komm, Amanda", zischte jemand und konnte nur mühsam seinen Zorn dabei zügeln. Riddle lies mich los und ich fuhr herum. Orion stand da und sah mich an, als wäre ich eine eklige Spinne, die er verabscheute. Riddle ignorierte er. Wider Willen beindruckte mich das. Riddle hatte ihn bedroht und trotzdem behandelte er ihn so herablassend. Und für diesen Idioten nahm ich das alles auf mich. Das freche Verhalten schien auch Riddle aufzufallen. Provokant legte er mir den Arm um die Hüfte.

"Orion, du hast doch nicht vergessen, dass es nur an mir liegt, dass dein Verrat nicht bestraft wird", erinnerte er meinen Bruder. Der zuckte kaum merklich zusammen. Er wurde blass. "Wir sehen uns, Amanda, beeil dich", fuhr er mich aufgebracht an, drehte sich auf den Absatz um und flüchtete. Ein höhnisches Lächeln zeichnete sich auf Riddles Gesicht ab. "Der mutigste ist dein Bruder nicht gerade", stellte er fest. Unwillkürlich musste ich grinsen. Da hatte er recht. Ich nahm meinen Koffer, nickte ihm etwas verlegen zu und verlies den Raum, um den Zug nicht zu verpassen.


Loving you is a losing game (Tom Riddle FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt