30. Kapitel

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Langsam öffnete ich die Augen. Alles um mir herum war in einen gleisenden, weißen Licht getaucht. Geblendet schloss ich wieder meine Augen. Nach einer Weile unternahm ich einen zweiten Versuch und diesmal konnte ich den Krankenflügel erkennen. Die Sonne strahlte durch die Fenster und brachte das weiße Zimmer zum Leuchten. 

Du landest eindeutig zu oft im Krankenflügel, meldete sich meine innere Stimme zu Wort. In letzter Zeit hatte ich leise Hoffnungen, dass sie verschwunden wäre, aber anscheinend war das eine aussichtslos. 

Ich hob den Kopf und sah Mrs. Cook, die den Krankenflügel verließ. Ich dachte an gestern, daran wie Mrs. Smith zusammengebrochen war, daran wie Riddle unbedingt von der Prophezeiung erfahren wollte. Augenblicklich begann mein Kopf von den vielen Gedanken zu schwirren. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen, bevor ich einmal tief durchatmete und mich aufrichtete. Dabei fiel mir ein weißer, zerknüllter Zettel aus der Tasche meines Umhanges und segelte zu Boden.

Ich hob ihn auf. Es war der Brief meiner Mutter. Mit Abraxas hatte ich immer noch nicht geredet. Ich sollte es lieber bald hinter mir bringen. Dann wäre wenigstens eine Sorge weniger. Auf meinem Nachttisch stand ein Glas Tinte. Mrs. Cook musste es vergessen haben, als sie nach mir schaute. Sie trug ihre Schreibfeder und Tinte immer mit sich herum.

Meine Gedanken schweiften wieder ab. Die Worte der Prophezeiung hallten in mir nach, wie ein fernes Echo. Sie hatten sich in mir eingebrannt und doch hatte ich Angst sie zu vergessen. Sie kamen mir wichtig vor. Zögernd sah ich auf den zerknitterten Brief in meinen Händen und danach auf das Glas Tinte. Wenn ich es mir aufschrieb, würde keine Gefahr bestehen, dass ich es vergessen würde. Allerdings könnte es jemand finden. Egal, ich würde darauf aufpassen!

Ich tauchte die Feder in das Glas ein. Die Farbe der Tinte war so dunkel, wie Riddles Augen, aber sie hatte nicht diesen geheimnisvollen grünen Schimmer. Trotzdem musste ich unweigerlich an ihn denken. Ein Gefühl zwischen kalter Angst und glühenden Verlangen ihn zu sehen, breitete sich in mir aus. Ich zwang mich dazu ruhig zu bleiben. Langsam begann ich zu schreiben. Als ich fertig war, sah ich nochmal auf den Zettel. Etwas bedrohliches ging von den Worten aus, etwas unberechenbares. 

"Sie, geboren im Schein des roten Mondes. Er, der zukünftige dunkle Herrscher. Sie werden die Legende wieder auferstehen lassen. Sie wird ihm die letzte, große Macht lehren. Schicksal,  Verbundenheit. Keiner kann sterben, während der andere überlebt."

Ich musste mehr über diese Worte herausfinden. So viel stand fest. Vielleicht würden mir die Bücher in der Bibliothek etwas darüber sagen können. Ich steckte den Zettel in meine Umhangtasche, als eine Stimme mich zusammenzucken lies.

"Du scheinst schon wieder wach zu sein", stellte Riddle fest. Ich nickte wortlos und legte schnell die Schreibfeder auf den Nachttisch. Riddles Blick folgte ihr lauernd. Er setzte sich an mein Bett und musterte mich emotionslos.

"Wieso bist du hier?", fragte ich schließlich, während ich etwas nervös mit meiner Halskette spielte. Riddle griff nur wortlos nach meinen Händen und hielt sie fest in seinen. Trotz seiner Kälte wurde mir warm. Mein Herz schlug doppelt so schnell, wie sonst und ich ärgerte mich darüber, dass mein Körper so auf ihn reagierte.

"Ich musste schließlich nach meiner Freundin schauen", gab Riddle ruhig zurück und sein Blick wanderte zu meinen Lippen. Ich wich etwas zurück und konnte ein spöttisches Lachen nicht zurückhalten. "Du interessierst dich nicht für mich! Du kannst es ruhig zugeben", sagte ich, auch wenn die Tatsache, dass ich ihm so wenig bedeutete doch ein wenig schmerzte.

"Na gut, wie du willst", antwortete Riddle. Ich spürte ein schmerzhaftes Stechen in meiner Brust. Ich hatte erwartet, dass er nicht widersprach und doch machte es mich wütend und gleichzeitig traurig.

Riddle zog mich in seine Arme. "Ich sollte dir eigentlich von Dumbledore ausrichten, dass Professor Smith", begann er, aber ich schnitt ihm das Wort ab: "Geht es ihr gut?" Ich mochte die Lehrerin für Wahrsagen nicht, doch ich wollte nie, dass ihr etwas Schlimmes passierte.

"Sie tun alles um ihr zu helfen, aber es sieht sehr schlecht aus", antwortete Riddle gefühlslos und strich mir durchs Haar. Ich spürte seinen warmen Atem auf meinen Lippen, als er sich vorbeugte. Meine Gedanken waren gelähmt und ich konnte mich nicht gegen diesen brennenden Verlangen wehren, das über mir zusammenbrach.

Alles war plötzlich unwichtig, als ich mich vorbeugte und meine Lippen auf seinen legte. Ich öffnete sie leicht und der Kuss wurde intensiver. Seine Hand lag auf in meinem Nacken, seine andere wanderte langsam unter meine Bluse. Scharf sog ich die Luft ein, als ich seine kalte Haut auf meinem Rücken spürte.

Schritte näherten sich und Riddle lies widerwillig von mir ab. Dumbledore trat mit ernster Miene an mein Krankenbett und ich spürte, wie die Hitze in meine Wangen stieg.

Soll das jetzt Gewohnheit werden, dass Dumbledore dich immer beim Knutschen erwischt?, fragte mein kleiner Begleiter belustigt. Aber Dumbledore schien nicht mal bemerkt zu haben, wobei er uns unterbrochen hatte.

"Tom, würden Sie mich bitte mit Miss Black alleine lassen?", Dumbledore klang wie immer höflich, aber es lag etwas bestimmtes in seiner Stimme, das kein Widerwort duldete.

"Natürlich, Sir", gab Riddle emotionslos zurück. Ohne eine Miene zu verziehen, stand er auf und verlies mit schnellen Schritten den Krankenflügel.

"Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Professor Smith tot ist, Amanda", sprach Dumbledore und musterte mich genauestens. Die Nachricht schlug ein, wie eine Bombe. Fassungslos suchte ich in Dumbledores Gesicht nach einem Anzeichen, dass er log. Doch es wirkte so müde und besorgt, dass ich ihm einfach glauben musste. Professor Smith war tot und irgendwie kam es mir so vor, als wäre es meine Schuld.


Loving you is a losing game (Tom Riddle FF)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant