1. Kapitel

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~I Gotta slow up, gotta shake this high
Gotta take a minute just to ease my mind
Cause if I don't walk then I get caught up
And I'll be falling all the way down. ~

Ich war in meinem Element. Adrenalin schoss durch meinen Körper. Wie ich es liebte. Meine Beine bewegten sich ganz von alleine und innerlich schwing ich im Takt der Musik. Nach der anstrengenden Zugfahrt aus dem Internat über die Osterferien Heim, tat es mir gut, mich nach dem langem Sitzen zu bewegen. Das musste ich auch. So sah es mein Trainingsplan vor. Sport war mein Leben. Eher gesagt Laufen. Seit der Mittelstufe besuchte ich das Sportinternat Eisental, dass nur die besten Sportler herausbrachte. Ich war der ganze Stolz meiner Eltern, die auch gerne mit meinem bereits gewonnenen Deutschen Meister Titel vor Verwandten und Freunden prahlten. Ich war mittlerweile eine ganz bekannte Mittel und Langstrecken Läuferin, die auch schon ein ganzes Sponsoren Team hatte. Auch in unsrem Dorf kannte mich längst jeder. Doch mir ging es nie um Ruhm. Ich genoss zwar die Anerkennung, jedoch machte das Laufen mir einfach Spaß und erfühlte mich auf eine ganz besondere Weise. Es gehörte zu mir und war schon lange mehr als eine Leidenschaft. Dazu wurde ich viel zu ehrgeizig.
Schweiß lief mir über die Stirn. Ich schwitze mehr als gewohnt. Für einen März Tag war das Wetter schon wieder ganz schön warm. Die Sonne strahlte nur so vor sich hin. Wirklich stören tat mich das aber nicht. Den Sommer mochte ich eh lieber, als den kalten Winter. In der Ferne hörte ich einen Traktor und die Vögel flogen fröhlich vor sich hin. Ich kam an einem Feld vorbei, überquerte kurz den Bahnübergang und erreichte schließlich im Wald mein Ziel. Ein Blick auf meine Uhr lies mich zufrieden ausatmen. 5 km in 22 min. Zwar lange nicht meine Bestleistung aber eine ganz oke Zeit. Ich dehnte kurz und lief dann zügig Richtung nach Hause. Eine milde priese umspielte dabei meinen Körper. Meine Eltern warteten bestimmt bereits schon mit dem Mittagessen auf mich. Wie auf Befehl krummelte mein Magen. Doch nicht nur mein Magen trieb mich jetzt an. Auch die Vorfreude auf das Wiedersehen meiner Eltern machte sich breit. Vorher bei der Ankunft konnte ich nur meine Mutter begrüßen, da mein Vater noch arbeitete. Tja man hatte halt viel zu tun als Firmen Führer. Generell war nicht nur er viel beschäftigt. Es war auch nicht so selbstverständlich, dass meine viel Mom Zeit hatte, die als Sekretärin in der Firma meines Vaters immer irgendetwas zu erledigen fand. Mit finalen Schritten passierte ich das Garten Tor und winkte Otto unserem Gärtner, der gerade seitlich am Weg irgendetwas pflanzte, freudig zu. Er arbeitet jetzt schon 10 Jahre für uns und hat früher mit mir immer verstecken gespielt, wenn ich mal wieder niemanden zum spielen hatte. Er winkte lächelnd zurück. "Hallo Vicky wie geht's dir? Schön dich mal wieder zu sehen. Wie war die Zugfahrt?" Ich hielt an und stoppte meine Zeit. "Mir geht's super. Die Zugfahrt war zwar echt anstrengend, da wir über eine halbe Stunde auf freier Strecke auf einen Güterzug warten mussten, nur um 5 Minuten später nochmal anzuhalten, damit der Lokführer per Hand eine Bahnschranke runtermachen konnte. So unnötig. Einmal kräftig hupen hätte auch gereicht. Naja, ja man ist es ja eigentlich nicht anders gewohnt. Die Deutsche Bahn halt." Ich lachte. "Wie geht's dir? Was macht dein Kreuz?" Er winkte ab. "Ach Kind, das geht schon, zippt bloß bissl. Ich werd halt auch nicht mehr jünger." Da hatte er Recht. Fragen tat ich trotzdem jedes mal. Er blickte munter zur Tür. "Jetzt geh husch rein, das Essen wird sonst noch kalt. Ich hab deine Mutter in der Küche gesehen. Sie war schon fast fertigt."

"Ok." Mit einem Winken verabschiedete ich mich von ihm und lief ich weiter zur Tür. Meine Mutter stand wie vermutet kochend am Herd und befand sich bereits in den Entzügen. "Hallo Mama. Da bin ich wieder." Ich umarmte sie. "Uh was kochst du den?" Ich linste in den Kochtopf. Meine Mutter grinste mich an." Ich dachte ich mach mal wieder dein Lieblingsgericht. Schnitzel mit Spätzle und Salat." " Mh lecker" Mir lief das Wasser im Mund zusammen. "Wo ist Papa?" Meine Mutter zeigte nach draußen." Der baut gerade den Sonnenschirm auf der Terrasse auf. Wir dachten, wir können bei dem schönen Wetter draußen essen." Ich antwortete. "Find ich gut. Soll ich noch irgendwas machen?" "Nein, mein Schatz, setzt dich einfach schonmal hin. Ich komme gleich." Ich schlüpfte in meine adiletten und machte mich auf den Weg zur Terrasse. Auf dem Weg begegnete mir Ivy unsere Katze." Hallo mein schnukibutz. Wie geht's dir." Ich streichelte sie. "Na hast du mich vermisst?" Sie miaute. "Ja, ich dich auch." Ich gab ihr einen Kuss und ging weiter. Auf der Terrasse umarmte ich freudig meinen Vater, der gerade mit dem Sonnenschirm aufbauen fertig war. "Hallo Victoria, schön das du mal wieder da bist! Wir haben dich echt vermisst" "Ja, ich euch auch!" Wir lösten uns voneinander und setzen uns an den Tisch. Meine Mutter kam keine 30 Sekunden später mit dem Essen heraus. "Jetzt erzähl mal. Machst du Fortschritte im Training? Wie gehts dir so in der Schule? Ach tut mir leid ich will dich nicht so überhäufen, komm iss erstmal." Ich lachte. Typisch meine Mutter. Sie ist immer sehr neugierige, aber auch der Fürsorglichste Mensch zugleich, den ich kenne. Ein Paar Minuten später fange ich an zu erzählen. Von der Schule, vom Training und von meinen Freunden. Sie hörten gespannt zu. Meine Eltern hatten zwar früher oft keine Zeit für mich gehabt wegen der Arbeit, doch sie waren die besten und liebevollsten Eltern die ich mir vorstellen konnte. Nie hatte ich das Gefühl, dass sie mich vernachlässigten. Ich schloss meine Erzählungen und Erlebnisse einigermaßen ab, nur um danach vorsichtig die große Bombe platzen zu lassen, die mich schon seit der Zugfahrt beschäftigte. "Ihr wisst ja, dass es momentan ganz gut läuft mit dem Training. Und nun ja, ich hab mich bei einer kurzfristigen Sichtung für die olympischen Spiele in Paris qualifiziert." Kurze Stille. Dann kreischte meine Mutter los. "OMG Vicky das ist ja der Wahnsinn! Ich bin so stolz auf dich!" Auch meine Vater gratulierte mir freudig. Gemütlich blieben wir noch ein Weilchen am Tisch sitzen und quatschen miteinander. Irgendwann servierte Mom, noch Vanille Eis mit Himbeersauce. Ich haute ordentlich rein. Einer der Vorteile wenn man so viel Sport macht, man kann sich auch mal etwas gönnen. Der Tag verging schnell und neigte sich jetzt dem Ende zu. Erschöpft lies ich mich in mein Bett fallen. Zwar mochte ich mein Bett und Zimmer im Internat auch, aber es verschaffte mir mal wieder eine Erleichterung im eigenen Bett und altem Zimmer zu schlafen.

Die Tage daheim vergingen schneller als gedacht. Schwuppdiwupp befand ich mich schon wieder auf dem Weg zurück ins Internat. Meine Eltern hatten es diesmal beide Zeitlich geschafft zum Bahnhof zu kommen und winkten mir Arm im Arm nach. Der Zug beschleunigte. Ich winkte zurück und schickte ihnen einen Luftkuss zu. Dann lehnte ich mich zurück. Ich hatte 7 Stunden Zugfahrt vor mir. Nach drei Stunden Musik hören, stand ich einmal auf, um mir die Beine zu vertreten und einen Kaffee im Bordbistro zu kaufen. Alles war friedlich und die Leute arbeiteten an ihren Laptops, schliefen oder spielten mit ihren Kindern. Ich war gerade wieder auf dem Weg zurück in mein Abteil, als der Zug auf einmal bedrohlich wackelte. Ich erschrak mich und griff nach den nächstmöglichen Halt. Meine Kaffee schwappte leicht über. Es ruckelte wieder, doch diesmal viel bedrohlicher als 2 Sekunden zuvor. Der Zug quietschte, Leute kreischten auf und dann geschah das undenkbare. Später würde ich die Erinnerungen verdrängen wollen, doch was an diesem Tag geschah versaute mir mein ganzes Leben. Mit 243 km/h entgleiste unser ICE und knallte gegen den Schutzwall neben den Gleisen. Es war unglaublich Laut und alles verlor Halt und Boden. Doch nicht nur das. Mich drückte es zur Seite und in mir drehte sich alles. Ein rasender Schmerz breitete sich in meinem Knie aus. Diesen spürte ich jedoch nur eine Millisekunde, dann knallte auch der Rest meines Körpers gegen etwas hart- scharfes und ich fiel in ein schwarzes Loch. Der Zug schlitterte noch ein bisschen und drückte sich wie eine Ziehharmonika zusammen. Dann war es still.

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*An dieser Stelle möchte ich den Opfer des Zugunglücks von Eschede, sowie denen der Eisenbahnkatastrophe in Brühl gedenken. Das Zugunglück von Eschede ereignete sich am 3. Juli 1998 und das von Brühl am 6. Februar 2000. Zu beiden habe ich schon vor langer Zeit eine Doko gesehen und diese haben mich sehr berührt und sogar weinen lassen. Es gibt noch weit aus mehr solcher Katastrophen. Auch an diese erinnere und gedenke ich. Mein Beileid an alle Opfer und Angehörigen 🕯
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Hallo zusammen,
es freut mich, das ihr es bis hier her geschafft habt. Nach langer Zeit hatte ich mal wieder Lust ein Buch zu schreiben und nach 1 Monat Vorarbeit ist es so weit, das ich Anfange meine Arbeit zu veröffentlichen. Ich muss jetzt schon sagen, dass mir dieses Werk sehr ans Herz gewachsen ist und viel Arbeit und Überwindung/ Motivation drinnen steckt. Deshalb würde ich mich auch sehr über eure Kommentare freuen.
Lg Rubinsturm 💗

loosing & winningWhere stories live. Discover now