45. Auf und davon!

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Meine Lippen formten sich zu einem breiten Lächeln. Es war perfekt, der Augenblick war magisch. Ich würde den Moment in die Schatulle in meinem Herzen einschließen und nie mehr loslassen. Es fühlte sich so richtig an, alles schien so einfach zu sein. Glücklich lehnte ich mich an seine Brust, während die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten. Sie flatterten, machten Loopings und schlugen einen Salto nach dem anderen.

Niall schlang seine Arme um mich und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. Am liebsten möchte ich die Zeit anhalten und für immer so stehen bleiben, hier mitten in Nialls miefender Wohnung.

„Ich hab ne verrückte Idee, Lottie!", sagte Niall plötzlich und löste sich von mir. Verwirrt sah ich ihn an. Was in aller Welt hatte er vor?

Verschmitzt grinste er mich an und ganz selbstverständlich griff er nach meiner Hand. Ein breites Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Seine Berührung löste ein aufregendes Kribbeln auf meiner Haut aus, noch immer raste mein Herz. 

„Erinnerst du dich an den Abend, an dem wir uns kennengelernt haben?", fragte er mich. „Besser als mir lieb ist!", entgegnete ich glucksend. Am liebsten würde ich ganz oft mit einer Tipp-Ex-Maus über meine Erinnerung streichen und ganz viele Schichten des weißen Bands darüber auftragen. „Nein, ich meine den Abend, an dem wir uns richtig kennengelernt haben, weißt du noch?"

„Das Konzert in L.A.", sagte ich leise und lächelte ihn an. Ich würde meine Zeit dort niemals vergessen, ich hatte Erfahrungen gemacht, die ich nie wieder machen möchte, doch ich war dort gewachsen. Ich würde immer etwas ganz Besonderes mit der Stadt verbinden, egal was dort passiert war.

„Lass uns wieder dorthin. Oder irgendwo anderes hin, einfach weg!", rief Niall aufgeregt und sah mich mit funkelnden Augen an. "Was?", rief ich entgeistert, doch das Lächeln auf meinen Lippen wurde immer breiter. Niall konnte das doch unmöglich ernst meinen? 

„Lass uns einfach von hier verschwinden! Wir waren in L.A. weit weg von dem ganzen Chaos hier, es war so perfekt! Ich war endlich mal nicht Niall Horan von One Direction, ich war einfach ein grüner Leprechaun, der albern mit einem Mädchen getanzt hat, das noch viel komischere Tanzbewegungen gemacht hat! Lass uns einfach in den nächsten Flieger steigen und wegfliegen, egal wohin. Kalifornien, Italien, Sibirien - einfach weg!"

Ungläubig sah ich ihn an. Niall war so verrückt! Mit aufgeklappter Kinnlade starrte ich ihn an und versuchte seine Worte zu verarbeiten, doch wem wollte ich etwas vormachen? Eigentlich war meine Entscheidung schon längst gefallen. Wenn Niall mir vorschlagen würde, mit ihm durch das Dickicht des Verbotenen Waldes zu trampen und Aragogs Familie zu besuchen, würde ich nicht eine Sekunde zögern.

„Okay!", antwortete ich ihm und strahlte ihn an. „Lass uns abhauen!"

Niall sah mich erstaunt an, wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich sofort zustimmen würde, doch je länger ich darüber nachdachte, desto entschlossener wurde ich. Die Idee war verrückt - immerhin hatten wir beide Verpflichtungen in London, doch was machte das schon? Ich wollte spontan sein, wollte Spaß haben und endlich leben! Vielleicht war es kindisch, einfach davonzulaufen, doch lag es nicht genau daran? Jeder erwartete von uns zu funktionieren, jeder Fehler wurde genau unter die Lupe genommen und hunderte Augenpaare verfolgten jeden unserer Schritte, keiner wollte das Kind in uns sehen. Es war merkwürdig - eigentlich wollte ich genau das erreichen und lief jetzt davor weg, doch damals hatte ich nie gedacht, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch ihren ganz eigenen Willen hatten. Dass sie beginnen würden zu tanzen.

Niall schien mit der Situation überfordert zu sein, hektisch sah er sich um, doch er strahlte über das ganze Gesicht. „Du meinst das ernst, oder? Wir hauen wirklich ab", fragte er mich und ich konnte nicht anders als laut loszulachen. „Ich meine es ernst", bestätigte ich grinsend. Ich fühlte mich beinahe wie früher, als wir in den Urlaub und auf der leeren Autobahn zum Flughafen gefahren waren. Mum hatte Brote für die Fahrt geschmiert und Dad die Koffer in das Auto gepackt, während es in meinem Bauch wie wild gekribbelt hatte - schließlich war ich dabei, ein wunderbares Abenteuer zu erleben.

In Windeseile suchte Niall seine wichtigsten Dokumente und stopfte sie gemeinsam mit ein wenig Kleidung in seinen Rucksack. Er veranstaltete dabei ein unmögliches Chaos im Appartement, doch das war egal - seine Augen funkelten, das war das Wichtigste.

Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen, während er durch das Appartement lief. Mein Herz raste, das Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich mit jeder Minute, die ich auf ihn wartete.

„Okay, Lo. Lass uns kindisch, aufmüpfig und rebellisch sein!", sagte er lachend und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Mit schnellen Schritten liefen wir in die Garage und hastig kletterte ich auf den Beifahrersitz. Wir saßen wie auf glühenden Kohlen im Auto, wir konnten es beide nicht abwarten, endlich abzuhauen. Ich fühlte mich wie ein verliebter Teenager, der sich abends heimlich aus dem Haus schlich, um etwas Verbotenes zu unternehmen. Weder Niall noch ich wussten, wohin die Reise gehen sollte oder wie lange sie dauern würde, doch das machte nichts. Niall war da, alles war gut. Es war perfekt, so wie es war.

„Ich bin gleich wieder da!", rief ich und sprang aus dem Auto. Niall hatte das Auto ungeduldig durch die Straßen Londons gelenkt und hielt nun im absoluten Parkverbot vor unserem Loft. Genau wie ich schien er es kaum zu erwarten, auch wenn wir nicht wussten, was auf uns zukommen würde. 

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend rannte ich in den dritten Stock und steckte mit pochendem Herzen den Schlüssel in das Schlüsselloch. Es war vielleicht kindisch, doch es fühlte sich gut an. 

"Lottie! Gut, dass du da bist!" Liz sah mich mit weit aufgerissenen Augen an, als ich keuchend in die Wohnung platze.  "Hey!" Strahlend lächelte ich sie an. "Ich bin gleich wieder weg, Liz, ich hol nur ein paar Sachen! Ich muss wieder runter, Niall wartete auf mich - wo ist mein Reisepass?" Irritiert sah mich Liz an und folgte mir in mein Zimmer, während wirre und unzusammenhängende Sätze aus mir sprudelten.  

"Lottie? Ist alles okay bei dir?" Liz Gesicht war ein reines Fragezeichen, doch das konnte meine Stimmung nicht trüben, nichts würde diesen Augenblick zerstören können!

"Lottie, du musst atmen!", sagte Liz und sah mich prüfend an. "Ich bin auch mit der Kurzversion zufrieden, aber-"

"Ich bin für ein paar Tage nicht da, Niall wartet unten auf mich!", erklärte ich ihr und grinste sie an. Ihre Augen weiteten sich und ihre Lippen formten sich zu einem lautlosen Ooh.

"Dann ist zwischen Niall und dir alles okay?", hakte sie nach und sah unsicher zur Tür. Schnell nickte ich und begann wahllos Kleidungsstücke in meine Tasche zu stopfen. 

"Ähm... Lottie... ich glaube so schnell kommst du hier nicht wieder weg...", sagte sie zögernd und zu ersten Mal sah ich sie wirklich an. In meiner Euphorie hatte ich alles um mich herum ausgeblendet, erst jetzt fiel mir der besorgte Blick in ihren Augen auf. Sofort ließ ich den Pulli zurück auf den Stuhl sinken.

"Lizzie, ist alles Ordnung bei dir? Ist etwas passiert?" Besorgt sah ich sie an. Irgendetwas stimmte nicht, Liz konnte mir nichts vormachen. 

"Naja... bei mir ist alles okay. Aber... naja, Alex ist da und ich glaube nicht, dass er dich so schnell wieder gehen lässt."

CluelessWhere stories live. Discover now