Prolog

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Meine Hand streicht über die Gitarre und zusammen mit Marc und Alex, der gleichzeitig noch am Schlagzeug sitzt, singe ich die letzte Strophe unseres neuen Song "Just stay" . Es klingt harmonisch und nach dem letzen Ton klatschen wir uns zufrieden ab. Das neue Album würde ein mega Erfolg werden, das spürte ich. Vor zwei Jahren hatten wir unsere Band "its Not to Late" gegründet und jetzt standen wir kurz vor der Veröffentlichung unseres dritten Albums. Die ersten zwei waren komplett durch die Decke gegangen und wir erlangten immer mehr Bekanntheit. Erst vor zwei Monaten waren wir deshalb in Berlin in eine gemeinsame Wg gezogen. Davor hatten wir alleine gewohnt. Das ewige übernachten bei den anderen und nie Zuhause, hatte keinen Sinn mehr gemacht. Später fragten wir uns, warum wir das nicht schon viel früher gemacht hatten. Es war viel praktischer.

Verschwitzt aber mit guter Stimmung fingen wir an unsere Sachen einzupacken. "Ey Finn, hast du meine Jacke gesehen, ich find sie nicht mehr?" Ich blickte auf und lachte. So typisch Marc. Immer verlegte er seine Sachen. "Schau mal da drüben. Ich glaub ich seh da was." Marc drehte sich um und haute sich sogleich flach auf die Stirn. Die Jacke liegt gut sichtbar neben dem Gitarrenkoffer. "Boar ich bin so doof". Alex und ich lachen. "Ja, aber wir haben dich trotzdem lieb". Wir verlassen das Musikstudio. Draußen herrscht reges Treiben. Kein Wunder. Wir befinden uns direkt am Potsdamer Platzt. Mit Caps auf dem Kopf, um wenigstens ein bisschen unerkannt zu bleiben, machen wir uns auf den Weg zu unserer Wg. Zweimal werden wir aufgehalten, da drei Fangirls kreischend ein Foto mit uns machen wollen. Lächelnd erfüllen wir ihnen den Wunsch und geben ihnen auch noch ein Autogramm. 10 Minuten später biegen wir endlich in unsere Straßenecke ein. Doch was ist das. Vor unserer Haustür stehen drei Paparazzis mit Kamerateam. Empört und wütend stoßen wir auf. Die gute Stimmung ist dahin. "Man, woher wissen die wo wir wohnen?" Ich schaue zu Alex. "Keine Ahnung, aber das geht zu weit. Wir geben regelmäßig Interviews und haben in diesen auch gesagt, dass wir es nicht mögen, wenn unsere Privatsphäre so verletzt wird." Alex und Marc stimmten mir auf der Stelle zu. "Na toll was machen wir jetzt? Wenn wir jetzt in unsere Wohnung gehen, bestätigen wir ihnen nur die Adresse." Fragend blickte Marc in die Runde. Ich dachte nach. Alex kam jedoch als erstes auf eine Idee. "Noch haben sie uns nicht gesehen. Lass uns Tobi fragen, ob er ein Ablenkungsmanöver für uns organisieren kann." Wir stimmten zu. Auf einer Parkbank sitzend, riefen wir also Tobi unseren Manager an und eine Dreiviertelstunde später saßen wir erschöpft in unserer Wohnung. Keine Ahnung wie er es geschafft hatte die Paparazzis wegzulocken, aber 30 Minuten später verschwanden sie urplötzlich. Sicherheitshalber warteten wir noch 10 Minuten, bevor wir uns ins Haus wagten. Eine weitere Dreiviertelstunde später sassen wir alle geduscht und auf der Couch am Cola trinken. Solche Zwischenfälle waren in letzter Zeit öfters vorgekommen, doch noch nie standen Paparazzis vor unserer Haustür. "Manchmal vermisse ich die Zeit, als wir noch nicht so bekannt waren," seufzte ich. "Jaa ich auch." Ein wenig wehmütig stimmte Marc zu. Alex hingegen blickte immer noch sauer in die Runde. Die letzten Monate waren stressig gewesen. Fast täglich schrieben, probten und arbeiteten wir an unseren neuen Album. In einem Monat würde es rauskommen. Die große Werbetrommel war schon längst im Gange. Was jedoch keiner wusste. Das Album war bereits seit mehreren Tagen fertig produziert. "Ich fass es noch immer nicht. Zwar ist mir klar, das wir immer bekannter werden und ich genieße es auch, aber manchmal wünschte ich, Papparazzis und Reporter wären nicht so skrupellos. Wie es wohl erst Lady Gaga oder Shawn Mendes geht?" Alex fasste sich wieder. Alle waren wir immer noch sehr sensibel was unsere Bekanntheit angeht. "Die Amen!" Wir lachten. Unsere guten Vibes kehrten zurück. Der Tag ging schnell zu Ende und während wir uns den Sonnenuntergang anschauten, kam mir plötzlich eine Idee. "Was haltet ihr davon, wenn wir mal wieder Urlaub machen und einfach normal leben? Ich mein das Album ist fertig produziert, wir haben Zeit." Niemand antwortete. Doch Alex und Marc hatten mich gehört. Nachdenklich blickten sie in den Himmel. "Vor ein paar Tagen hätte ich gesagt, du bist verrückt!" Marc schüttelte den Kopf. "Aber wenn ich jetzt so drüber nachdenke finde ich die Idee eigentlich ganz gut." Auch Alex meldete nachdenklich zu Wort. "Ich würde gerne meine Familie Wiedersehen. Meine kleine Schwester nervt mich schon die ganze Zeit und fragt mich wann ich mal wieder Heim komme." Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Alex seine Schwester sehr lieb hat. Deshalb wundert es mich nicht, das er schon ein Reiseziel im Visier hat. "Süß, wie alt ist sie nochmal?" Marc schaut ihn an. Alex antwortet mit hochgezogener Augenbraun. "Mensch das müsstest du doch wissen. Erst vor einem Monat ist sie 7 geworden. Ich hab ihr per Post einen Kuchen geschickt." "Ah stimmt, die Küche sah danach vielleicht aus. Du und backen, keine Gemeinsamkeit." Marc lachte. "Ey, lass mich. Sie hat dich gefreut." Er boxte Marc spielerisch in die Seite. Dieser boxte sogleich zurück. Ich hielt mich schmunzelnd zurück. "Ok, ok Jungs passt wieder. Um wieder aufs Thema zurück zukommen. Ich würde meine Familie auch gerne wieder sehen. Ich glaube meine Mutter vermisst mich ebenfalls ganz schön dolle. Auch wenn sie's nicht wirklich zugegeben hat, bei unserem letzten Telefonat. Naja, aber ehrlich gesagt, ich vermisse sie auch." Alex und Marc hörten mit dem Boxen auf. "Jetzt wo ihr so emotional werdet, was soll ich da noch sagen. Meine Familie würde mich auch gerne wiedersehen." Wir waren uns also alle irgendwie einig.

Was an dem Abend eine Idee und ein Traum war, wurde zwei Tage später zur Realität. Schon einwenig traurig, verabschiedete ich mich von Alex und Marc am Berliner hbf. Wir mussten alle mit verschiedenen Zügen fahren. Ich stieg ein. Erst im fahrenden Zug wurde mir bewusst, das ich jetzt für kurze Zeit frei sein würde. Also anders frei, als die ganze Zeit Pizza zu essen und das Leben eines Gitarrist und Sängers zu genießen. Ich würde einfach wieder der normale Finn sein. Der Finn, der als kleines Kind vom Bäcker  neben der Kirche immer einen Krapfen geschenkt bekommen hat und mit Freunden in unserem Stall gelegentlich ein Kuhreiten veranstaltet und Blödsinn macht. Die Großstadt lag bald hinter mir und mit ihr auch der ganze Trubel. Nie und nimmer hätte ich gedacht, dass diese Auszeit und kurzfristige Entscheidung mein Leben komplett verändern würde.

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