Kapitel 3

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Johanna lief gen Süden, begleitet von dem Bach, der in den Sonnenstrahlen schöner funkelte als der reinste Diamant. Die Vögel stimmten ihren lieblichen Gesang an, in unterschiedlichen Melodien und Harmonien, jeder perfekt. Und während das Mädchen jedes Intervall hörte, so nie den Tritonus, das Teufelsintervall. Der Bach plätscherte fröhlich vor sich hin, eine Konstante, die Johanna begleitete. Als die Sonne hoch stand, setzte das Mädchen sich, legte das Kleid ab und stellte sich in die Strömung. Sie reinigte das Gesicht und den Körper, trank von dem lebenserhaltenden Elixier. Es schmeckte kostbarer als jedes Wasser des Königs. Johanna stieg aus dem Wasser, sie fühlte sich frisch und frei. Als sie die Haare zurückbinden wollte, fiel ihr die grenzenlose und neue Freiheit ein, die sie gewonnen hatte und sie ließ sie offen, das dunkle Braun entfaltete sich, harmonierte mit ihrer hellen Haut, dem himmelblauen Kleid und dem Grün des Waldes. Das Mädchen ging weiter und stimmte ein Lied an, die Vögel griffen die Melodie auf und bald erklang der Wald in perfekter Harmonie.

Der Bach bog in eine Kurve und ein Haus kam zum Vorschein. Johanna, die ihren Hunger nicht vergessen hatte, klopfte an der Tür. Der Garten des Hauses war überwuchert, Kletterpflanzen erklommen die Wände und die Tür schien vermodert. Lediglich die Fenster waren sauber, durchsichtig wie das Wasser des Bachs. Es war ein Mann, der öffnete. "Mein Kind, was suchst du hier im Wald?" Fragte er. Sein Haar war ergraut, doch seine Stimme fest und klar. "Es tut mir leid, Euch zu stören, doch ich bitte um Einlass. Ich bin hungrig von dem weiten Weg." Johanna wurde hineingelassen und begab sich sogleich in das Speisezimmer. Der Mann tischte Brot und Butter auf, dazu herrliche Äpfel in saftigem Rot. Das Mädchen aß von allem und besah sich das Haus, das von innen so sauber und klar war, nicht ein Objekt schien am falschen Ort, nicht ein Brotkrumen lag am Boden. Während Johanna aß erzählte der Mann, er sei der Bibliothekar, er hüte die tiefsten Geheimnisse und fragte das Mädchen, weshalb sie im Wald war. Diese erzählte von dem Spiegel, von ihrer Mutter und dem Verlangen, sie zu sehen, ein letztes mal. Da besiegelte der Bibliothekar ihr Schicksal und wies ihr den Weg zur Bibliothek, die alle Antworten hielt. „Doch hüte dich. Du wirst großer Verführung entgegentreten.“ Sprach der Mann eine Warnung. Und wie das Mädchen in die befohlene Richtung lief, richtete der Mann den Garten her und hob ein weiteres Grab aus. Denn er war nicht Bibliothekar, sondern Richter, Henker und Totengräber und dieses Mädchen spielte mit den Mächten des Todes, was ihr nun selbst den Tod gebracht.

Der SpiegelWhere stories live. Discover now