Kapitel 2

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Jason

Wenn mich jemand fragen würde, ob es mir gut geht, dann würde ich ja sagen. Einfach so, ohne darüber nachzudenken. Aus Gewohnheit. Zumindest meistens.

Ich war heute erneut nicht in der Schule. So, wie die letzten drei Tage auch. Mich nervte es selbst, dass ich mich so verhielt und dennoch tat ich es weiterhin. Ich mied die Schule und meine Mitschüler.
Ich ließ mir das kalte Wasser über meinen Körper laufen, während ich mit geschlossenen Augen unter der Dusche stand. Ich fand langsam einen Gefallen daran unter dem eiskalten Wasserstrahl zu stehen, während ich das Gefühl der Kälte auf meiner Haut verspürte, das mir eine Gänsehaut bescherte.

Als es mir dann mit der Zeit doch zu kühl wurde, stellte ich das Wasser schließlich ab und stieg aus der Dusche, wo ich mir ein Handtuch um die Hüften wickelte und mir meine nassen Haare aus dem Gesicht strich. Ich holte mir ein zweites, kleineres Handtuch aus den Schrank und rubbelte mir damit meine schwarzen Haare trocken, während ich immer und immer wieder zum Nachdenken kam.

Es war hart, wenn alle Lykaner Kingscrofts das erfuhren, was ich versucht hatte, so gut wie möglich unter Beschluss zu halten. Ich hatte die Alphas und Betas unserer beiden Rudel schon vor Jahren Zeit darum gebeten, das Thema nicht anzusprechen oder es den anderen Lykanern nicht mitzuteilen. Früher, als ich noch jünger war, wusste natürlich jeder, dass Asareth mein Onkel war. Das war ja auch nicht weiter schlimm. Ich hatte ihn schon damals nicht gemocht, aber das lag einfach an seiner Ausstrahlung und wie er mit mir umgegangen war. Aber in dem Moment, in dem er uns alle verraten hatte, da nahmen mich meine Mitschüler mit anderen Augen war.

Es waren die Erinnerungen an diese Zeit, die mir mehr als nur Kopfschmerzen bereiteten. Im Laufe der Jahre hatte ich mich so bemüht, dass dieses Thema in Vergessenheit gerät. Viele, die jetzt in meinem Alter sind, waren damals ja noch genauso jung wie ich, sodass dieses Thema nach einiger Zeit wirklich weg vom Fenster war und viele sich nicht mehr daran erinnerten.

Ich begutachtete kurz die unauffällige Narbe über meiner linken Augenbraue, bevor ich zügig das Badezimmer verließ und mir neue Kleidung aus dem Schrank holte. Es war schon nach Mittag, weshalb ich mir noch den Rest Bratkartoffeln aus dem Kühlschrank holte, um sie mir warmzumachen, die Flasche Bier ignorierend. "Dad? Möchtest du auch noch etwas von gestern Abend Essen?"rief ich aus unserer Küche, in der Hoffnung, er würde mich hören. Er arbeitete heute wieder von zu Hause, sowie die letzten Tage auch, da er ziemlich gestresst war.

Die Tür zu seinem Arbeitszimmer öffnete sich und er trat heraus, während er telefonierte. "Ja, ich kümmere mich darum." Es herrschte kurz Funkstelle als er zu mir in die Küche kam und die Espressomaschiene einschaltete. "Ja, ich erledige das heute noch, versprochen. . . Okay, wir werden da sein." Dann legte er auf und legte sein Telefon auf die Küchenplatte. "Was meintest du vorhin?"
"Ich habe gefragt, ob du auch noch was willst." und hob den Teller mit den Bratkartoffeln an.
"Achso, nein danke, iss ruhig."

"Wer war das?" fragte ich, nachdem ich meine Bratkartoffeln in die Mikrowelle geschoben hatte.
"Nur Marcus, der im Moment ziemlich überfordert scheint. Heute Nachmittag wird übrigens das Lykanertreffen von Montag nachgeholt. In unserem städtischen Rathaus."

"Dort? Wird das jetzt immer da stattfinden?"
Mein Vater ließ sich einen doppelten Espresso machen. "Vermutlich. Und Jason?"
"Ja?"
"Du wirst unter keinen Umständen Zuhause bleiben. Du kommst mit."
"Eine andere Wahl habe ich ja sowieso nicht." meinte ich verbissen.
"Und wann hast du eigentlich geplant, Mal wieder in die Schule zu gehen? Du weißt schon, dass du dieses Jahr deinen Abschluss machst?"

"Jaa, ich weiß. Aber bis die Prüfungen anfangen, dauert es doch sowieso noch ein paar Monate."
Mein Vater stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab und sah mich vorwurfsvoll an. "Und das ist ein vernüftiger Grund, die Schule einfach ausfallen zu lassen?"
"Ich weiß, dass es das nicht ist, okay!"
"Gut, dann stelle dich deinen Rückschlägen und versteck dich nicht vor ihnen!"

Wolfsblut - Der Beginn einer neuen ÄraWhere stories live. Discover now