12. Alex

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Mein Kopf dröhnte. Alles tat mir weh. Wo war ich? Was war passiert? Ich konnte mich noch an das feindliche Rudel und die Zelle erinnern. Der Alpha mit seinen schwarzen Haaren. Sie befragten mich. Und dann brachten sie Maja, Ben und Nick zu mir. Augenblicklich sass ich aufrecht. Wo waren sie? Wohin hatten sie meine Geschwister gebracht? Ich konnte sie weder hören, noch riechen! Wo waren sie?

Da fiel mir erst auf, dass ich gar nicht mehr in der kleinen, kalten Zelle sass, sondern in einem grossen, hellen Raum. Ich sass auf einer weichen, dunklen Couch. Und ich war allein. Neben mir befand sich ein kleiner Tisch, auf dem Verbandszeug lag. Im Zimmer standen noch weitere Sessel und eine zweite Couch, die in einem Halbkreis angeordnet waren. An der Wand hing ein grosser Fernseher und im Regal daneben konnte ich eine Vielzahl von Filmen und Videospielen ausmachen. Weiter hinten im Raum entdeckte ich einen Tischkicker. Der Raum hatte grosse Fenster, durch die das warme Licht der Abendsonne hereinfiel. Es wirkte gemütlich, doch das war im Moment nicht wichtig. Ich musste mich auf meine Geschwister konzentrieren und diese finden. Ich hatte zwar keine Ahnung, wieso sie mich aus dem Kerker geholt hatten, aber ich würde bestimmt nicht hier sitzen und abwarten, bis jemand kam, den ich fragen konnte.

Ich sah mich nochmals im Raum um und mein Blick fiel auf eine grosse, geschlossene Holztür. Das musste wohl der Ausgang sein. Vorsichtig schwang ich meine Beine über die Sofakante und hielt kurz inne. Ein leichter Schwindel befiel mich und ich wartete kurz, bis ich alles wieder scharf sehen konnte. Da bemerkte ich auch, dass die hässliche Decke einem weiten, grauen Oberteil und einer viel zu grossen, schwarzen Trainerhose gewichen war. Ich roch kurz an der fremden Kleidung und bemerkte einen fremden, aber unglaublich guten Geruch, den ich nicht so ganz benennen konnte. Kurz verwirrte es mich, doch ich konzentrierte mich schnell wieder auf meine Geschwister. Ich musste sie finden.

Langsam stand ich auf und hielt mich an der Sofalehne fest. Wieder begann die Welt sich um mich herum zu drehen. Ich riss mich zusammen und machte ein paar wackelige Schritte in Richtung der Tür. Dabei stellte ich mich allerdings nicht sonderlich geschickt an und stiess gegen den kleinen Tisch. Wie in Zeitlupe sah ich, wie eine kleine, gläserne Flasche umfiel und schliesslich laut scheppernd auf dem Boden zersprang. Fluchend drehte ich mich zur Tür, vor der ich bereits hastige Schritte hörte. War ja klar, dass sowas in einem Haus voller Werwölfe nicht überhört werden würde.

Hektisch sah ich mich nach einer anderen Fluchtmöglichkeit um, konnte jedoch keine finden. Und schon wurde die hölzerne Tür aufgerissen und der Alpha, Daimon und ein weiterer Werwolf stürmten herein. Sobald der Alpha mich vor der Couch stehend sah, blieb er wie angewurzelt stehen. Daimon schloss die Tür hinter ihnen und stellte sich auf die rechte Seite seines Alphas. Der Dritte bezog die Stellung an seiner Linken.
Schweigend starrte ich den Alpha an und blieb reglos stehen. Dieser schien langsam aus seiner Erstarrung zu erwachen und machte einen vorsichtigen Schritt auf mich zu. Ich liess ihn nicht aus den Augen und blieb an Ort und Stelle.

Er kam langsam näher. Daimon und der andere blieben an seiner Seite. Ich wurde immer nervöser. Was hatten sie vor? Sie hielten uns für ihre Feinde. Sie hatten meine Familie angegriffen und ich im Gegenzug sie. Ich hatte zwei der drei Anwesenden im Kampf verletzt, ebenso wie sie mich. Sie hatten mich gefangen genommen und eingesperrt. Ich widersetzte mich ihrem Alpha.
Und doch liessen sie mich aus dem Kerker. Gaben mir Kleidung und verarzteten meine Wunden. Wieso? Weil ich die Gefährtin des Alphas war? Oder hatte es vielleicht einen anderen Grund? Und was war mit meinen Geschwistern?

Obwohl ich verunsichert und geschwächt von den Verletzungen war, versuchte ich mich stark zu geben. Ich Blickte dem Alpha direkt in die Augen und vermied es den Blick abzuwenden oder zu senken. Das wäre ein Zeichen der Unterwerfung und Schwäche. Ich musste aber stark sein.

Keiner der Drei sprach. Sie schauten mich an und schienen abzuwarten. Sollte ich etwas sagen? Nein! Ich würde ruhig bleiben und abwarten, was sie tun wollten.
Ich wusste nicht, wie lange wir so da standen. Ich auf dem Sofa abgestürzt, die Werwölfe in Formation ein paar Meter von mir entfernt. Irgendwann bemerkte ich, wie meine Beine zu zittern begannen und meine Sicht wieder unklarer wurde. Ich blieb trotzdem stehen. Zeigte keine Schwäche. Ich klammerte mich fest an die mit Stoff bezogene Lehne und versuchte das Zittern zu verbergen.

My wolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt