Dunkelheit

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Olivia blickte mit trübem Blick aus den verdunkelten, vom Dreck strotzenden Fenster hinaus in die Dunkelheit. Bucky's Worte nagten an ihr, die Geschichte, die Wahrheit so wie er behauptete hörte sich für sie surreal an. Das konnte nicht so sein. Sie wollte es nicht wahrhaben.
Mit zittrigen Fingern fasste sie an ihren Kopf, der Albtraum von letzter Nacht fiel ihr wieder ein. Sie erinnerte sich an den kalten Schnee, an die Hitze die nach Säure roch, an die Russen, die Bomben, an Deutsche. Zu viele Nationalitäten auf einem zerstörten Boden in einer vergangenen Zeit.
Das ist nicht wahr!, dachte sie und heulte los. Sowas war niemals war.
Ihr Atem wurde flacher und beschleunigte sich. Ihre Augen fokussierten den Dreck auf der Fensterscheibe.
‚Das erste Mal als ich dich gesehen habe, da lagst du halb tot auf der Trage. Ich erinnere mich nicht mehr warum und wieso ich da stand, aber ich erinnere mich daran das ich einige Flüchtige erschossen habe. In den kommenden Tagen erlagst du sowas ähnlichem wie ein Koma. Nachdem Hydra dich einigermaßen aufgerappelt hatte, wolltest du trotzdem nichts essen oder trinken. Das einzige was du wie ein Mantra wiederholt hast, war: Warum bin ich nicht tot?'
Bucky's Worte jagten durch ihre Gedanken. Die Worte fühlten sich an wie heißes Eisen, je mehr sie darüber nachdachte umso mehr verbrannte sie sich.
Olivia's Finger krallten sich mittlerweile in den Sims hinein. Ihre Atmung beruhigte sich nicht, sie konnte auch nichts dagegen machen. Sie wusste das Bucky nicht mehr im Lagerraum war, er war raus gegangen und versuchte Kontakt zu seinen Leuten herzustellen
Sie war alleine, alleine in der Dunkelheit am dreckigen Fenster. Es hatte zu Regen angefangen. Die Tropfen schlug dumpf auf, mit jedem neuen Schlag auf den Boden wurde zersplitterten sie in kleinere Teile.
‚Du warst wunderschön. Auch wenn den Körper zerstört war. Wunderst du dich nicht über deine Narben? Du hast viele. Die kannst du nicht mit einem Fahrradunfall oder ausrutschen im Regen erklären.
Hydra merkte das du eine der besseren bist. Deine Willenskraft sterben zu wollen war leider mit jedem Tag der verging, zu groß. Er wurde größer. Also führten sie mit dir ein Pilotprojekt durch. Nach einigen vielen Attentaten und Experimenten, legten sie dir nahe ein normales Leben führen zu können. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Gehört. Ich war an jenem Tag dein letzter Test, wir beide sind durchgefallen. Ich... Ich weiß nicht wie... aber wenn ich in deiner Nähe war, hatte ich das Gefühl ein Mensch zu sein. Ich erinnerte mich zwar nicht an das war vorher war, an Steve... aber ich wusste das ich in deiner Nähe jemand sein konnte, der für tot erklärt worden war.'
Olivia schnaufte auf. Bucky's Worte waren ein langer innerer Monolog für sie. Aber sie fühlten sich ehrlich an. „So ehrlich das es schon weh tut.", flüsterte sie zu sich. „Du sagtest wir haben uns heimlich manchmal getroffen. Aber wie? Das weißt du nicht. Und die Momente waren immer so kurz. Bestimmt war es mehr ein vorbeilaufen als ein Treffen." Ihre Stimme hallte von den Wänden wieder. Fragend wandte sie ihren Kopf vom Fenster ab, legte diesen in ihren Nacken und blickte an die Decke. Plötzlich stockte sie.
Woher weiß ich das dir Momente so kurz waren. Sofort kniff sie ihre Augen zusammen, sie wollte nicht das ihr Gehirn nachdachte oder sich an unschöne Sachen und Dinge erinnerte.
Aber da überkamen sie schon die Reize.

Olivia wusste das sie sich beim vorbei gehen die Hände gestreift hatten. Sie wusste das es eine Art Zuneigung gewesen war. Sie wusste das sie mit ihm wenige Worte wechseln konnte. Sie wusste das sie sich geküsst hatten. Sie wusste wie sie sich nachts, nach dem letzten Test, nach dem durchfallen, dass sie sich nochmals raus geschlichen hatte. Sie wusste das sie einen Wärter erwürgt hatte und dem anderen das Genick gebrochen hatte, damit sie still hielten. Sie wusste das sie zu Bucky musste, ihn nochmal sehen wollte. Ihre persönlichen Gefühle mischten sich mit ihrer eigentlichen Mission und dem selbstsüchtigen Verlangen sterben zu wollen.

Angewidert fasste sie an ihre Brust. Ein Würgegeräusch überkam ihre Lippen. Ein Schwall erbrochenes landete vor ihren Füßen. Der Geschmack von Magensäure brannte ihren Hals herauf.

Sie wusste das sie Bucky hatte auflauern müssen. Ein ehemaliger Freund von Captain America war tot und ohne Gehirn trotzdem wertvoll.
Sie wusste das sie Bucky näher kommen musste. Es war ein Befehl gewesen. Sie wusste das er nichts über ihre Treffen wusste, denn sie waren immer ‚offiziell genehmigt' gewesen. Sie wusste das sie ihn verführt hatte. Olivia wusste das der Sex mit ihm, ihr nichts bedeutet hatte, ihm genauso wenig. Es war Mittel zum Zweck, ihn abhängig zu machen, für den Fall das Hydra untergehen würde. Sie hatte wusste das sie ihn nicht liebte und niemals lieben würde.
Eine unbändige Kluft sollte in ihm rumoren, ihn zerfressen. Für den Fall der Fälle.

Olivia wischte sich die Spucke und Galle von den Lippen. Auf wackeligen Beinen trat sie vom stinkenden Ekel zurück.
Klatschweiß perlte ihre Stirn herab.

Mit dem Wissen das die sie schwanger geworden war und abgetrieben hatte, lief sie zum Ausgang. Nun verstand sie wieder nicht warum sie schwanger wurde, wo sie doch sterilisiert worden war.
Ihr Kopf tat weh.
Sie verstand einiges nicht.
Aber sie wusste was sie zu tun hatte.

Olivia wusste das sie eine Schläferzelle war und ist.

Olivia wusste das Bucky ihre Mission war.
Und dafür würde sie sterben - sie wusste es.

Breathe {Bucky}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt