So normal wie das Zähneputzen

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Erzählersicht:

Diese Party war absolut nichts für die junge Jedi.
Mal abgesehen davon, dass sie generell keine Feierlichkeiten mochte und in der Regel nach den ersten zehn Minuten versuchte sich abzuseilen, stieß sie die ganze Atmosphäre im Raum ab.
Alkohol und Gelächter vermischt mit purer Angst.
Selbst sie, ein geladener Gast unter dem Schutz von Jabba dem Hutten, wollte am liebsten aus dem Raum stürmen und sich irgendwo hin verkriechen.
Das Einzige was ihre Nerven irgendwie beruhigte und ihr Trost spendete war der Huttling, den sie fest an sich gedrückt hielt.
Nicht so fest das es dem Kleinen etwas aus machte, aber fest genug um die Atmung und den kleinen Herzschlag des Kindes zu spüren, welches fröhlich vor sich hin gurgelte ohne eine Ahnung was um ihn herum eigentlich abging.
Sein Vater allerdings bemerkte das seltsame Verhalten seiner Partnerin.
Wie ein Hase, der aus Versehen in den Bau eines Wolfes gerutscht war.
Ihre Blicke zuckten durch den Raum, als würde sie einen Ausweg suchen.
Die Hände, die seinen Sohn sanft umschlossen, zitterten, auch wenn sie es versuchte zu verbergen.
Jemand der von klein an an solche Partys gewöhnt war, sah daran nichts Falsches.
Er konnte es auch nicht sehen.
Was könnte die liebliche Jedi, die er schon so lange in die Finger kriegen wollte, so in Aufruhr versetzen?
Hatte er einen Fehler gemacht?
Etwas übersehen?
Oder lag es an jemanden hier im Raum?
Wenn dem so wäre, wäre heute die letzte Nacht dieser Person.
Er hatte zu hart gearbeitet, um die Jedi heute an seiner Seite zu haben.
Er hatte Wochen im Voraus bei dem angesagtesten Laden der Galaxis eingekauft.
Nur die schönsten und teuersten Kleider.
Sie sollte wissen, dass er keine Mühen und Geld für sie scheute.
Dass Gardulla dieses Meeting einberufen hatte, hatte seine Pläne mehr als nur durcheinander gewürfelt.
Zumal die Jedi wie abgesprochen mit dem Biest abgeholt werden musste.
Glücklicherweise hatte er es mit Hilfe einiger seiner Kopfgeldjäger geschafft, den Plan anzupassen, auch wenn er sich wünschte, das bereits Vorbereitete auf Tatooine nachholen zu können.
Ab und an schwang sein Blick auf das viel kleinere und zerbrechlichere Geschöpf, nur um sicherzustellen, dass sie noch neben ihm war, während er Gäste begrüßte und sich mit anderen Köpfen von Hutten-Clans unterhielt.
Von überall kamen Komplimente für seine Partnerin und nicht selten wurde gefragt wie er es denn geschafft hatte, die schöne Jedi heute an seiner Seite zu haben.
Ungefähr drei Stunden konnte er so einfach nur ihre Nähe genießen, bis er irgendwann neben sich sah und feststellte, dass der Platz an seiner Seite leer war.
Wo zum Kriff war sie hin?
Sie konnte doch nicht einfach so verschwinden!
Das durfte sie nicht!
Innerlich in Panik musste der Hutt äußerlich Ruhe bewahren.
Würden die anderen mitbekommen, dass sie fort war, wäre er plötzlich nicht mehr der großartige Hutt, der eine Jedi als Date zum Meeting hatte, sondern der, den sie hatte stehen lassen.
Zudem war Rotta immer noch bei ihr!
Mit suchendem Blick kroch er durch die Menge, seinen Übersetzerdroiden stets treu zur Rechten.
Irgendwann fand er sie.
Die meisten Gäste mieden die Balkone, da sie die Luft drinnen der sumpfigen, modrigen Luft draußen vorzogen, doch die junge Frau genoss die Abgeschirmtheit.
Die Musik und die Stimmen drangen nur dumpf durch die gläserne Tür, als sie versuchte ihre Nerven unter Kontrolle zu kriegen.
Natürlich war dies um einiges besser als den Hutt küssen zu müssen oder ähnliches und er war in der Tat nicht so schlimm wie sie es sich vorgestellt hatte, trotzdem hielt sie es nicht länger aus.
In seiner Nähe tummelten sich Sklavenhalter und deren Besitz.
Die Komplimente auf huttisch, basic oder einer anderen Sprache, die man ihr mit einem Lächeln entgegenbrachte, lenkten ihre Aufmerksamkeit jedoch nicht von den angsterfüllten Augen der Sklaven ab.
Kellner und Kellerinnen, Tänzerinnen, Sängerinnen, sogar die Partnerin des ein oder anderen Hutten ...
Sie alle hatten den selben Blick, der sie viel zu sehr an ihre Knuddelklone erinnerte.
Es war ein Wunder, dass sie es so lang an Jabbas Seite ausgehalten hatte.
Die Atmosphäre war erdrückend im Saal wie eine unsichtbare Hand die ihre Seele ergriff und zerdrücken versuchte.
Das leise Pochen des Herzens, dass in der Brust des Kindes in ihren Armen ruhte, schaffte es jedoch dieses Gefühl zu vertreiben, jetzt da sie draußen war und die seltsame Geruchsmischung aus verfaulenden Pflanzen, abgestandenem Wasser und Moos an ihre Nase drang.
Übrig blieb nur diese Leere, denn sie wusste, dass sie niemals all diese Sklaven retten konnte.
Dass sie niemals alle ihrer Jungs retten konnte.
Einige würden ein grausiges Ende finden und sie konnten nichts dagegen tun.
Einzelne Tränen begannen aus ihren Augen hervor zu quillen.
Liefen ihr die Wangen hinunter und tropften am Kinn hinunter.
Der kleine Hutt quiekte alarmiert und streckte seine Händchen nach ihrem Gesicht aus in der Hoffnung sie irgendwie trösten zu können.
Die seufzte nur leise und schenkte dem Kleinkind ein trauriges Lächeln.
" 'Tschuldige Rotta."
Sie wischte sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Augen, um das kleine Rinnsal zu stoppen, was sich seinen Weg durch ihr Gesicht bahnte.
"Aber diese Augen ... Die Blicke ... Diese Angst.
Es sind die selben Blicke wie auf Kamino."
Wieder begannen die Tränen zu fließen.
Hinterließen leicht gerötete Haut.
Jabba, der mittlerweile neben der Glastür stand, die Tür einen Spalt weit offen, verstand sofort wovon sie sprach.
Man musste kein Jedi sein, um den Zusammenhang zwischen Angst und Kamino zu ziehen und zu wissen dass die Jedi über die Kopien Jango Fetts sprach.
Aber was daran brachte sie zum Weinen?
Die Klone waren Sklaven.
Ja und?
Für den Hutt war Sklaverei so normal wie für uns das Zähneputzen.
Er war von klein auf damit groß geworden.
Es war die natürliche Ordnung der Dinge.
Die Starken herrschten über die Schwachen.
So wurde es ihm beigebracht.
Das war seine Überzeugung.
Wenn jemand ihn dort gefragt hätte "Ist das wirklich richtig so?", hätte er ohne Zögern "Ja." gesagt.
Aber was wenn sie ihn gefragt hätte?
Dann hätte er plötzlich keine Antwort mehr gehabt.
Aber wieso?
Man hatte ihm von klein auf an gesagt, die die Sklaverei ablehnten seien schwach.
Aber sie war nicht schwach.
Das spürte er auch wenn man es nicht auf den ersten Blick sah.
"Warum müssen nur so viele leiden?
Warum kann nicht jeder einfach glücklich sein?
Das hier ist so falsch!"
Falsch.
Was daran war falsch?
Jabba verstand diese Frau einfach nicht.
Warum würde man Sklaverei ablehnen?
Hätte er sie doch nicht hierher bringen sollen?
Rotta hatte es mittlerweile geschafft der Jedi seine kleinen Hände ins Gesicht zu patschen und gurrte stolz.
"Be ... Ej ...
Beej!"
Augenblicklich verwarf der ältere Hut diesen Gedanken und starrte fassungslos auf seinen Sohn, der etwas verwirrt von seiner Trägerin gemustert wurde.
Die junge Frau hatte absolut keine Ahnung was dieses "Beej" zu bedeuten hatte.
War wahrscheinlich eh nur Babysprache gewesen.
Nur war Rotta kein Baby mehr.
In der Regel begannen Hutten zwischen sieben und neun Jahren zu sprechen.
Der Huttling war bereits zehn Jahre alt und hatte noch nie ein Wort gesprochen.
Einige begannen bereits hinter Jabbas Rücken zu tuscheln, flüsterten sich zu, der Junge sei geistig zurückgeblieben.
Und obgleich Jabba jedesmal klarstellte, dass sein kleiner Muffin nur etwas langsamer war, hatte bereits sein Vater, Rottas Großvater, Zorba Desilijic Tiure, vor knapp zwei Jahren darauf bestanden den Jungen aus dem Testament zu streichen.
Ein Desilijic lernte schnell und Rotta war definitiv zu langsam.
Unnützer Ballast hat Zorba ihn genannt.
Doch jetzt, jetzt wo Jabba beinahe aufgegeben hatte seinen Sohn je sprechen zu hören, jetzt hörte er plötzlich das Wort aus dem Mund seines Sohnes, was er so oft mit ihm geübt hatte.
Rotta hatte Yuki Kiwoi Beej genannt ...
Das veränderte einfach alles.

Mein Leben ist verrückt!Where stories live. Discover now