Das Haus von Finn war relativ neu und befand sich ziemlich weit oben. Was verständlich war. Er hatte eine wundervolle Aussicht und er musste nicht diese vielen Stufen bezwingen. Denn er konnte problemlos zu seinem Haus fliegen. Sozialer Weise lief er mit Amelia mit. Die Sonne beschien nur noch die Baumspitzen und Amelia begann leicht zu frösteln. Abends wurde es schnell kühl. An den Häusern wurden Laternen angezündet und einige Fenster warfen Lichtkegel auf die knarzenden Holzstufen. Finn lief schweigend neben ihr. Es war ein angenehmes Schweigen. Ein Schweigen als wären beide in ihren Gedanken versunken. Amelia nahm ihre Kraft zusammen und rannte die letzten paar Stufen nach oben zu Finns Türe. Völlig ausser Atem aber mit einem Strahlen ächzte sie: "Erster!" Finn lächelte und zauberte Amelia mit seinem ehrlichen Lächeln ein Kribbeln auf die Haut.
„Na dann treten sie ein, my Lady." Mit der einen Hand machte er eine ausfallende Geste zur alten Holztüre, die mit verschiedensten Schnitzereien verziert war. „Und wo ist der Schlüssel, my Lord?" Bestimmt zog sie beide Augenbrauen in die Höhe, doch Finn erwiderte: „Ehrliche Engel brauchen keine Schlüssel." „Oh" Amelia trat ein und ein angenehmer Duft von Arvenholz und von Finns Parfum überrollte sie. Ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer und ein Lächeln zierte ihr Gesicht. Es fühlte sich heimelig an. Auch Finn war diese Gefühlregung von Amelia nicht entgangen. Als das Licht anging erkannte Amelia eine kleine Garderobe an der rechten Wand. Eilig streifte sie sich ihre Mokasins ab und blickte fragend zu Finn. Dieser legte eine Hand an ihren Rücken und führte sie behutsam durch die Wohnung. Neben der Garderobe befand sich eine äusserts kleine aber sauber geputzte Küche mit einem kleinen Esstisch, der aus einer an der Wand befestigten Holzplatte bestand. „Hier ist die bescheidene Küche eines grossartigen Kochs." „Du kannst kochen?" „Naja, ich kann Pasta." Seine Miene war entschuldigend aber fröhlich. Amelia brach in Gelächter aus. „Du kannst es mir ja beibringen." Sie schüttelte nur leicht den Kopf. Finn führte sie an der Haustüre vorbei in das offene Wohnzimmer, machte jedoch das Licht nicht an, sondern liess sie sein Vertrauen spüren und zog sie im Dunkeln weiter. Er merkte wie sich ein leicht mulmiges Gefühl im Raum breitmachte, doch bis es an die Oberfläche kam, waren sie bereits im Badezimmer. Das Bad war komplett in Stein gemeiselt. Alle Wände waren aus Naturstein und Amelia staunte nicht schlecht. Die Häuser waren nicht nur angebaut, sie waren sogfältig mit der Felswand verbaut worden, um mehr Wohnbereich zu schaffen. Das Bad war rund und Amelia fühlte sich wie im Inneren eines gigantischen Eies. Am höchsten Punkt war eine Lampe angebracht, welche die Steinwände mit Muster beleuchtete. Hübsch sah es aus. Während Amelia das Bad in Augenschein nahm, wühlte Finn in der Schublade unter dem Lavabo und zog eine Zahnbürste hervor. Diese reichte er ihr und sprach: „Du kannst dich fertigmachen. Tücher findest du im Schrank neben der Dusche und hier ist deine Zahnbürste." Etwas beklommen nickte sie und wartet bis Finn die Türe hinter sich schloss.
Das Wasser war eisig kalt und doch genoss Amelia nach langem eine richtige Dusche. Es stand jedoch genau eine Flasche in der Dusche. Amelia zuckte die Schulter. Es war ihr egal, ob sie danach nach ihm roch. Die Vorstellung gefiel ihr sogar.
Als sie aus dem Badezimmer trat erkannte sie Licht unter dem Türspalt gegenüber von ihr. Sie klopfte sanft an. „Kannst reinkommen." Neugierig trat sie ein und erkannte das Schlafzimmer. Es war auch komplett in Stein gemeiselt. Finn steifte sich sein Schlafshirt über und warf ihr eines seiner T-Shirts hin. „Du kannst ruhig schon schlafen, Amelia." Mit diesen Worten verschwand er. Amelia streifte ihre Kleidung ab und legte sie neben die seinige auf den alten Holzstuhl. Ihre nackten Füsse kuschelten sich in den weichen, weissen Langhaarteppich. Sein Schlafshirt roch gut und sie hielt es sich an die Nase nur um es danach schnell wieder wegzuziehen, in der Angst dabei ertappt zu werden. Sie fühlte etwas für Finn, doch sie wusste so wenig über ihn, dass sie sich nicht sicher sein konnte, ob sie ihm ihr vollstes Vertrauen schenken konnte.
Sein Bett war komplett weiss bezogen und erhellte damit den dunklen groben Raum. Sie kuschelte sich auf eine Seite und blickte nach oben. Schräg ob ihr, konnte sie direkt aus einem Bogenfenster in den klaren Himmel sehen. Es musste aus der Felswand ausgebrochen worden sein. Sie fühlte sich auf einmal nicht mehr so eingeklemmt und bevor sie darüber nachdenken konnte, dass sie mit Finn in einem Bett schlief, tat sie es bereits.
Amelia schlief ganz leise und Finn schlich sich ins Zimmer. Er nahm die kleine Wasserkanne und goss die einzelne Blume, welche auf seinem Nachttisch stand. Diese reckte ihre Blüte in die Höhe, erhellte sich und strahlte ein sanftes gelbes Licht in den Raum hinein. Gerade genug, dass Finn die schlafenden und weichen Gesichtszüge von Amelia bestaunen konnte. Er legte sich neben sie unter die Decke und sah sie an. Sie roch nach seinem Duschmittel. Er hob leicht die Mundwinkel. Ihre Farben waren blass und bewegten sich ganz langsam um ihren Körper. Eine Haarsträhne war in ihr Gesicht gefallen. Mit leisen Bewegungen nahm er die Strähne von ihrer Stupsnase und legte sie behutsam auf die Decke. Ihr haselnussbraunes Haar war wunderschön und wenn sie es offen trug, reichte es ihr beinahe bis über die Venusgrübchen. Verträumt blickte er sie an und dachte: „Wenn ich dir nur helfen könnte!"
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Frühlingskind
FantasyABGESCHLOSSEN "Der Nebel war noch dichter geworden, um sie herum war es stockfinster und sie konnte ihre Begleiter nicht hören und schon gar nicht sehen. Als sie eine weitere Minute nur ihnen eigenen Atem vernehmen konnte, versuchte sie gar nicht er...