Niemand ist sicher ...

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Niemand ist sicher …

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war noch keiner der anderen wach, also zog ich mich rasch um, schnappte mir ein Buch mit Duellzaubern und ging hinab in den Gemeinschaftsraum. Zu meiner Überraschung war dieser nicht leer. Neville saß halb versunken in einem der Sessel und las mit zusammengekniffenen Augen ein Brief.

„Schon wach?“

Er fuhr herum, ließ den Brief fallen und grinste mich unsicher an. „I-ich muss das hier noch du-durchlesen ...“ Er deutete vage auf einen ganzen Stapel Briefe.

Überrascht trat ich näher. „Die sind alle für dich? Was hast du denn angestellt?“

Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „Wegen den W-Wahlfächern, du weißt schon. A-alles irgendwelche Verwandten, d-die ihre Ratschläge geben. Heute kommen bestimmt auch noch ein p-paar Eulen.“

Erstaunt ließ ich mich auf den Sessel ihm gegenüber sinken. „Soll ich dir helfen?“

Er warf mir einen unsicheren Blick zu. „L-lass mal, d-du hast sicher besseres zu tun, oder …?“

Ich schüttelte den Kopf und es war keine Lüge. Ich konnte mich zwar zum zigsten Mal durch ein Duellbuch arbeiten, aber wenn Flittwick Recht hatte, dann würde ich mich nächster Zeit wohl sowieso auf Zauberkunst und Verwandlung konzentrieren müssen.

„Na gut ...“ Er legte den Brief in seiner Hand beiseite und beugte sich über eine Liste, die auf seinem Schoß lag. „D-der war von irgendeinem G-großonkel Tantalius ...“ Er warf einen Blick auf den Briefumschlag, der zu dem Brief gehörte. „Er meint, ich m-müsse unbedingt Arithmantik und P-pflege magischer Geschöpfe nehmen ...“ Ich nahm den geöffneten Briefumschlag und betrachtete die schwungvolle Schrift, mit der darauf 'Tantalius Esterline' geschrieben stand. „Oma mag ihn nicht, s-sie sagt, er ist ein a-aufgeblasener Quacksalber … a-aber sie mag viele Leute aus den reinblütigen Familien nicht.“ Mit zitternden Fingern griff er nach dem nächsten Brief, betrachtete dessen Absender und stöhnte leicht. „D-der ist von meinem Uropa Harfang … als ob d-der wirklich glaubt, d-das ich mal was erreichen werde ...“

Ich verdrehte die Augen und griff mir auch einen Brief von dem Stapel. „Dann muss das ja ein ziemlich dummer und griesgrämiger alter Mann sein“, erwiderte ich fest und grinste. „Darf ich?“

„Klar, b-bedien dich ruhig“, erwiderte er scherzend, ehe er sich dem Brief des griesgrämigen alten Mannes zuwandte.

Bevor wir zum Frühstück hinab gingen, las ich die langen, wenn auch sehr unpersönlichen Briefe von Albertius und Pricilla Navarrette durch, zwei aufs Blut verfeindeten Auroren-Geschwistern, wie Neville erklärte, außerdem den äußerst netten Brief von einer alten Freundin seiner Oma namens Suzannie Vayne.

Das Pergament auf Nevilles Schoß wies sich als eine Liste heraus, auf der er auszählte, wie viele seiner Briefe-schickenden Verwandtschaft für die verschiedenen Fächer waren. Immer wieder betrachtete Neville mit deutlichem Unwohlsein die wachsende Anzahl der Striche bei Arithmantik und Alte Runen.

Schwarz wie die Nacht: Misstrauen (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt