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"Okay, dann halt nicht", sagte ich genervt. "Gut." Jake schien zufrieden zu sein. "Volltrottel", murmelte ich. Eigentlich wollte ich heute Ted Madruga im Gefängnis besuchen, allerdings ließ mich Jake nicht gehen. Wir hatten eine halbe Stunde diskutiert und er wollte einfach nicht nachgeben. Jake schien nach gestern noch besorgter um mich zu sein als sonst und das nervte. Wenn wir Hannah endlich finden wollten, müssten wir etwas unternehmen, neue Beweise finden. Das geht nur leider nicht, wenn mir Jake immer wieder in die Quere kommt! Es geht mir gut, ich hab nur ein paar Kratzer abbekommen, was regt er sich nur so auf?! Da er mich so sehr genervt hat, habe ich schließlich fürs erste nachgegeben. Es würde ja hoffentlich keinen großen Unterschied machen, ob ich ihn heute oder morgen besuche. 

Jake hatte, während ich geschlafen hatte, sein ganzes Equipment in mein Motelzimmer gebracht, da er mich, wie er selbst sagte, unmöglich alleine lassen kann. Ich war total wütend auf Jake, er ist nicht mein Vater oder so! Wir würden später nochmal über den Gefängnisbesuch reden müssen, ich lasse mir nichts von ihm befehlen. Wenn ich nicht wirklich etwas müde wäre, würde ich sofort ins Gefängnis fahren und mit Ted Madruga sprechen, doch so sieht es etwas anders aus. Momentan habe ich einfach nicht genug Kraft, um mich mit Jake zu streiten. Jake schien zu merken, dass ich verdammt wütend auf ihn bin, weshalb er mir aus dem Weg ging. Kluge Entscheidung, mit mir sollte man sich echt nicht anlegen, wenn ich so gereizt bin. 

Doch jetzt langweilte ich mich. Was sollte ich denn tun, wenn ich nicht weiter in Hannahs Cloud suchen darf und nun nicht einmal ins Gefängnis konnte? Mit Jake wollte ich momentan auch nicht reden, und nur am Handy zu sein und tatenlos rumzusitzen ist auch nicht das, was ich tun wollte. Da fiel mir wieder etwas ein... "Jake?" Sofort kam Jake zu mir und fragte belustigt: "Bist du jetzt nicht mehr sauer auf mich? Wie schön." Er ahnte gar nicht, wie sehr er sich mit dieser Annahme geschnitten hatte. "Nein du Dummkopf, ich bin immer noch verdammt wütend auf dich!" Unbewusst bin ich wieder lauter geworden, aber er regte mich eben so auf. "Okay, dann bist du eben noch nicht zur Vernunft gekommen. Was wolltest du von mir? Ich bin mir sicher, dass du mich nicht so anfahren wolltest, sonst hättest du das schon eher gemacht. Also?" 

Jake dachte echt, dass sich alles in meiner Welt nur um ihn dreht. Er machte mich extrem wütend und gleichzeitig hätte ich am liebsten den ganzen Tag damit verbracht, Jake abzuknutschen. Ich hasste es, dass ich mich so zu ihm hingezogen fühlte, aber andererseits liebte ich es auch, weshalb ich mich wiederum hasste. Es ist eben kompliziert. Außerdem war ich vernünftig, der einzige, der hier nicht vernünftig ist, war er! Gedankenverloren sah mich Jake an. "Du siehst so süß aus, wenn du wütend bist", seufzte Jake und hob einen Mundwinkel. Mir stockte der Atem, als ich sein wunderschönes Lächeln sah, doch ich konnte es mir jetzt nicht erlauben, mich ablenken zu lassen. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. "Ich hasse dich Jake. Warum tust du mir das an?" "Gegen Hass habe ich nichts, das ist nämlich ein leidenschaftliches Gefühl und gegen Leidenschaft von dir habe ich nichts", sagte er verschmitzt grinsend, aber er ging trotzdem sicherheitshalber einen Schritt weiter nach hinten. Als ob mich das aufhalten würde...

"Aber was genau tue ich dir denn an?" Jake sah echt verwirrt aus. Im Ernst?! "Du sperrst mich hier ein, obwohl du keinen guten Grund dafür hast und ich lasse es mir auch noch gefallen, weil ich gerade eigentlich keine Kraft zum Streiten habe." "Oh." Nach einer Weile fügte er aber noch hinzu: "Aber du hast dich einverstanden erklärt." "Für heute vielleicht. Solange heute niemand vorbeikommt und versucht, mich um die Ecke zu bringen, werde ich morgen vermutlich wieder stark genug sein, mich gegen dich durchzusetzen." Jake lachte auf. "DU willst dich gegen MICH durchsetzen? Das glaube ich nicht, aber ich denke, es könnte lustig werden, dich betteln zu sehen." 

Meine Miene verfinsterte sich immer mehr, aber ich beschloss, nicht weiter auf den Blödsinn einzugehen, den er da labert. "Ich wollte dich fragen, ob die anderen jetzt eigentlich wissen dürfen, dass ich mich in Duskwood befinde." "Dann frag mich", sagte Jake, ich konnte jedoch nicht erkennen, was er darüber dachte. Er sah wieder etwas belustigt aus, was mich wiederum wütend werden ließ, doch ich wollte mich eigentlich nicht mit Jake streiten. Dennoch ist es total unnötig, dass ich ihn frage. Erstens brauche ich nicht seine Erlaubnis und zweitens könnte er ja auch einfach auf meine indirekte Frage antworten. Aber andererseits wollte ich diesmal wirklich Jakes Meinung dazu hören, nicht dass ich irgendwas wichtiges übersehe oder so.

"Okay, dann formuliere ich es eben um", meinte ich augenverdrehend, "Denkst du, es könnte uns schaden, wenn die anderen davon wissen würden, dass ich mich in Duskwood aufhalte? Ich werde dich nicht um Erlaubnis bitten, Jake. Ich möchte nur deine Meinung dazu hören." Jake überlegte einen Moment, bevor er sprach: "Du hast ja schon recht, ich kann dir nichts befehlen und das will ich auch eigentlich gar nicht, aber ich mache mir eben solche Sorgen um dich... und ich möchte mich auch nicht mit dir streiten, auch wenn du echt reizend bist, wenn du wütend wirst, aber das ist ja kein Grund für mich, dich auf die Palme zu bringen. Mir ist deine Gesundheit wirklich wichtig, aber deine Sicherheit genauso. Und ich kann einfach nicht zusehen, wie du in dein Verderben rennst." 

Hmm, was erwartete ich denn auch. "Aber das soll jetzt nicht heißen, dass es schlimm wäre, wenn du den anderen von deinen Aufenthalt hier erzählst", fügte er noch hinzu, "Immerhin wissen sowohl die Polizei als auch Hannahs Entführer schon, dass du hier bist. Da macht es für deine Sicherheit keinen großen Unterschied mehr, ob die anderen es auch erfahren oder nicht, aber ich nehme an, du möchtest sie mal alle kennenlernen." Jake lächelte leicht. Bin ich wirklich so berechenbar? 

"Ja, also ich würde sie wirklich gerne kennenlernen", stotterte ich. Alleine der Gedanke daran, dass ich Jessy, Thomas, Lilly, Dan und Cleo persönlich kennenlernen würde, sorgte dafür, dass ich furchtbar nervös wurde. "Sie werden dich mögen", riss mich Jake aus meinen Gedanken. "Auch Lilly. Ich glaube, sie ist mittlerweile ziemlich fasziniert von dir." "Ich weiß nicht so recht. Lilly und ich sind bisher noch nicht sooo gut klargekommen. Wenn ich irgendetwas mache, was ihr nicht gefällt, wird sie mich wieder hassen und du weißt ja, dass ich ziemlich stur bin." 

Ich schenkte Jake ein niedergeschlagenes Lächeln. "Oh ja, das bist du, wie ich schon öfters feststellen musste." Ich seufzte. "Ich muss dann mal den anderen beichten, dass ich hier bin." Ich schluckte. Jessy würde sehr verletzt sein, wenn sie erfahren würde, dass Jake es vor ihr wusste. Und ihr Bruder. Andererseits würde sie von Jake wahrscheinlich nicht erfahren. "Wie wäre es, wenn du sie überraschen würdest?", sagte Jake plötzlich. Ich wurde misstrauisch. "Wie sollte ich das denn machen?" "Naja, Lilly ist doch meine Halbschwester und dann könnte ich es ihr doch verraten und sie bringt die anderen an den Treffpunkt." Das hörte sich nicht mal so schlecht an, allerdings gab es da etwas, was er nicht bedacht hat. Oder doch? 

"Das ist ja alles schön und gut, aber dann wüsste Lilly, dass du weißt, dass ich in Duskwood bin und sie würde dich dann auch kennenlernen wollen. Und ich dachte, du willst doch nicht so schnell auffliegen." Als ich Jakes Gesicht sah, merkte ich, dass er das wirklich nicht bedacht hat. Plötzlich kam mir eine Idee, eine Idee, von der Jake allerdings alles andere als begeistert sein würde. "Aber Phil könnte das alles doch arrangieren." Jake zuckte zusammen, als ich Phils Namen erwähnte, dann wurde seine Miene ausdruckslos. Ich seufzte auf. "Es gibt keinen Grund zur Eifersucht, Jake, er bedeutet mir nichts, wirklich." 

Jake wurde rot und ich musste grinsen, denn ich hatte natürlich ins Schwarze getroffen. Er war eifersüchtig, und wie! "Ich bin nicht eifersüchtig", murmelte Jake, aber er konnte mich natürlich nicht überzeugen. "Oh doch, bist du", kicherte ich. Jake gab nach. "Okay, ich bin furchtbar eifersüchtig, weil er einfach so mit dir reden kann und ich nicht." Ich starrte ihn verständnislos an. "Das verstehe ich nicht, du sprichst doch gerade mit mir?" Jake fuhr sich durch seine Haare und meinte nach einer kurzen Stille: "Aber das darf ich mir eigentlich nicht erlauben. Es ist zu gefährlich und trotzdem bin ich so egoistisch und bleibe bei dir." 

Dann gab er sich einen Ruck. "Okay, dann solltest du jetzt am besten Phil schreiben, damit ihr euch heute Abend treffen könnt." Ich merkte, wie viel Überwindung das Jake kostete und schenkte ihm ein Lächeln. "Danke", sagte ich erleichtert. Am Anfang fand ich seine Eifersucht ja süß, aber mittlerweile kam es mir so vor, als ob mir Jake nicht vertrauen würde, sonst wüsste er, dass ich niemals etwas mit Phil anfangen würde. Ich ging auf Jake zu, verschränkte meine Hände in seinem Nacken, stellte mich auf meine Zehenspitzen und küsste ihn. In diesem Kuss lag kein Feuer, er sollte meine Dankbarkeit für die letzten Tage ausdrücken. 

Als ich merkte, dass ich kurz davor bin, die Kontrolle abzugeben, löste ich mich von seinen Lippen. Ich spürte Jakes Blick auf mir und er lachte leise, als er merkte, wie sehr ich mich anstrengen musste, nicht über ihn herzufallen. "Nicht lustig", murmelte ich verärgert. Ich hasste es, dass er so eine Wirkung auf mich hat. Ich sah ihn an und stellte zufrieden fest, dass es ihm genauso erging. Er sah mich mit seinen leuchtenden blauen Augen hungrig an, also so richtig. Ich musste schlucken und den Blick abwenden, ich durfte jetzt einfach nicht über ihn herfallen.

"Okay, dann gebe ich mal Phil Bescheid."

𝙳𝚞𝚜𝚔𝚠𝚘𝚘𝚍 ~ 𝚈𝚘𝚞 𝙰𝚛𝚎 𝚃𝚑𝚎 𝙺𝚎𝚢Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt