Song No. 15 - Epilog

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Kühler Wind fegte über die leere Straße, die raus aus Duskwood führte.

Jetzt, wo ich wieder hier war – an der Tankstelle, neben dem kleinen Busbahnhof – wurde mir erst bewusst, dass es genau vier Wochen her war, dass ich Hals über Kopf nach Duskwood gefahren war.

Ich hatte aus einer Welt, die ausschließlich in einem Chat existiert hatte, Realität gemacht – meine Realität... und jetzt würde ich zurückfahren. In mein zu Hause, meine Gewohnheit und meinen Alltag.

Ein bisschen schwer wurde es mir schon ums Herz, denn ich hatte diese leicht angegraute Kleinstadt echt liebgewonnen.

Mittlerweile konnte ich verstehen, warum meine Eltern hier gerne Urlaub mit uns gemacht hatten. Alles war so ruhig und langsam irgendwie... da gab es die kleinen Cafés, den Stadtkern, die kleinen verwinkelten Ecken, die immer ein bisschen so aussahen, wie aus der kitschigsten Version eines Märchenbuchs... und nun ging es für mich zurück in die Großstadt.

Lärm und Stress und viele Erwartungen.

Auch mein zu Hause würde für mich nicht mehr dasselbe sein.

Die letzten Wochen hatten bei mir Spuren hinterlassen und es gab sehr viel aufzuarbeiten. Mit Hilfe von Dr. Barret, der mich im Krankenhaus besucht hatte, war es mir möglich sofort einen ambulanten Therapieplatz in meiner Heimatstadt zu bekommen.

„Es wird ein langer Weg", sein Lächeln hatte nicht mehr so aufgesetzt gewirkt. Wahrscheinlich war auch er erleichtert gewesen, dass alles gut ausgegangen war, „sie haben viel aufzuarbeiten. Ihr altes Trauma und nun auch die jüngsten Erlebnisse... das alles wird nicht leicht. Aber sie sind eine starke Persönlichkeit, ich bin mir sicher, dass sie das schaffen."

Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass sich die Blätter gerade in den schönsten Farben färbten, oder daran, dass es sich das erste Mal seit Wochen wieder so anfühlte, als könnte ich durchatmen – aber ich war mir selbst auch sicher, dass ich das schaffen würde.

Herr Müller machte sich freudig über ein Stückchen Wiese am Fahrbahnrand her und ich beobachtete ihn dabei. Es war unglaublich, wie viel wir in diesen Wochen erlebt hatten und wie viel überlebt.

Hansons Schuss an meiner Schulter war Gott sei Dank nur ein Streifschuss gewesen, anders hatte es allerdings mit meinem Kopf ausgesehen.

„Schädel-Hirn-Trauma", hatte der Stationsarzt kurz und knapp erklärt. Dann musste ich zwei Wochen im Krankenhaus verbringen.

Hannah wurde im selben Haus behandelt, jedoch wurden wir in getrennten Zimmern untergebracht, einerseits, weil sie wesentlich schwerer verletzt war als ich und zum anderen, weil sie bereits die ersten Aussagen von uns aufgenommen hatten, als wir halbwegs vernehmungsfähig gewesen waren.

Als jemand anderes als Alan Bloomgate das Zimmer betrat, um mit mir zu sprechen, war ich mehr als überrascht gewesen und konnte es mir auch nicht verkneifen, den jungen, sehr freundlichen Polizisten nach ihm zu fragen.

„Mr. Bloomgate ist suspendiert worden, bis es zu seiner Anhörung kommt."

Tatsächlich hatte seine Entscheidung den besprochenen Schutz auf dem Pineglade-Fest aufzugeben, um Jake dingfest zu machen beinahe dazu geführt, dass wir hätten sterben können.

Es war Jessy, die mit mir darüber gesprochen hatte.

„Es war wirklich verrückt, Ellie", murmelte sie mit vollem Mund, als sie meine Götterspeise gegessen hatte, „sie hatten plötzlich mir nichts, dir nichts ihren Plan geändert, sind einfach losgerannt... haben Jake festgenommen und niemand... wirklich niemand hatte dann mitbekommen, dass du verschwunden warst. Lilly war diejenige, der es als erstes aufgefallen ist, aber wir konnten es niemanden sagen, es war ja kein Polizist mehr am Platz."

Duskwood - Das letzte Puzzle-TeilWhere stories live. Discover now