6. Kapitel

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POV Nick

Es wurden unschöne Dinge gesagt, unschöne Dinge, die verletzen, aber so nicht gemeint waren. Toni hatte einen komplett Ausfall. Erst die Auseinandersetzung mit ihrer Mutter und dann auch noch ich, der ihre Welt komplett aus den Angeln gehoben hat, weil ich es für das richtige halte, dass wir uns trennen sollten. Ich stehe nicht hinter dieser Entscheidung, aber mit dem Gedanken, dass ich der Grund für die Zerstörung einer Familie zu sein, kann ich nicht ertragen. Ich bin mir absolut sicher, dass Toni mir niemals vorwerfen würde, schuld daran zu sein, dass die Beziehung zu ihrer Mutter kaputt ist, aber ich wüsste es und das reicht aus.

Ich darf was Toni angeht nicht egoistisch sein, so gerne ich es auch wäre und die Situation in der ich mich gerade befindet, macht es nicht einfacher. Nach ihrem Wutanfall, musste ich sie festhalten, sie sich selbst zu überlassen, ging nicht. Sie war so außer sich, dass sie das nicht alleine geschafft hätte.

Jetzt liegt sie auf ihrem Bett in meinen Armen und ich halte sie fest umschlungen. Ihr inzwischen ruhiger und gleichmäßiger Atem bestätigt mir, dass sie eingeschlafen ist. All ihre Kraft ist für heute erloschen. Und trotz, dass ich es beendet habe, hat sie mich gebeten nicht wegzugehen, nicht jetzt, nicht so. Nun liege ich hier, mit Tränen in den Augen und stelle mir die Zukunft vor, die wir hätten haben können, bevor ich zur Vernunft gekommen bin.

Zurück nach Köln zu ziehen, war nie mein Plan, aber für Toni nehme ich das in Kauf. Möglich, dass ich zurück an meine alte Schule kommen könnte, wenn nicht hätte ich dort sicher schnell eine neue Stelle bekommen. Zusammen hätten wir uns eine Wohnung in der Nähe einer guten Uni für Toni gesucht. Ich habe einiges erspartes, sodass ich die Miete, hätte alleine tragen können oder durch den Verkauf des Hauses meiner Großmutter, hätte ich uns eine Eigentumswohnung gekauft. Nach einem langen Arbeitstag und einem langen Unitag, hätten wir uns in der Stadt treffen können und jeder hätte es sehen dürfen. Das Versteckspiel hätte ein Ende, direkt nach dem Umzug und nicht erst Monate später. Ich hätte ihre Hand halten können, sie Küssen mitten in der Menschenmenge und nicht nur in unserem Zuhause. Es gäbe nur uns zwei, gemeinsam könnten wir uns einen Freundeskreis aufbauen. Mit Kilian, Fredie und Natalie, hatte sie sich auf Anhieb verstanden.

Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meinem Traum und ich fahre mir schnell mit der Hand über die Augen, um die Tränen zu vertreiben, die mir einzeln über die Wange laufen. Aber wem mache ich hier etwas vor? Das entfernen der Tränen, wird nichts an meinem Erscheinungsbild ändern.

Vorsichtig wird die Tür geöffnet und ich schütze Tonis Gesicht vor dem Licht, dass durch den Flur direkt auf sie scheint. Es ist erst 18 Uhr, aber so dunkel draußen, dass Tonis Zimmer in schwarz gehüllt ist. Ich bete dafür, dass nicht Frau Thaler in der Tür steht. Und zu meinem Glück ist sie es auch nicht, sondern ihr Vater.

Bedacht tritt er ein und schnappt sich den Schreibtischstuhl und setzt sich damit neben das Bett.

„Schläft sie?", fragt er mich mit gedämpfter Stimme und ich nicke, aus Angst, dass meine Stimme einer Antwort nicht standhalten könnte. Durch den Lichtstrahl, der durch die Tür ins Zimmer scheint, kann ich sein besorgtes Gesicht erkennen., dass auf Toni gerichtet ist „Es war ein harter Tag für sie und für dich", er sieht zu mir auf. Ich habe mich nicht von Tonis Seite gerührt. Mir ist klar, dass ich nicht die ganze Nacht hier bleiben kann, aber ich versuche jede weitere Minute voll auszukosten.

Wieder nicke ich ihm zu.

„Ich werde mich gleich auf den Heimweg machen, ich werde nicht.."

„Nein, bleib noch ein wenig", hält er mich davon ab, mich aufzurichten und macht eine einladende Handbewegung. „Meine Frau ist ins Büro gefahren und wird sicher so schnell nicht wieder kommen. Sie sieht so friedlich in deinen Armen aus, so habe ich sie die ganze Woche nicht erlebt. Du tust ihr gut!"

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