Kapitel 02

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Drake

Ich hätte heute mit allem gerechnet. Nur nicht mit Samantha Kennedy vor meiner Haustür. Die Schwester meines besten Freundes sollte in New York sein und nicht hier in Queens City. Es lag auf der Hand, dass die Hochzeit ihres Bruders sie dazu zwang, früher in unser beschauliches Städtchen zurückzukehren, aber eine dauerhafte Rückkehr hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt. Nate hätte mir davon gerne erzählen können. Ich war drauf und dran ihm zu schreiben, ließ es dann aber doch. Was hätte ich ihm denn sagen sollen? Egal wie ich diese Nachricht verfasst hätte, es hätte immer so gewirkt, als würde es zwischen Sammy und mir mehr geben und das war das Letzte, was ich ihm vermitteln wollte.

Unruhig lief ich in meinem Wohnzimmer, welches gleichzeitig auch mein Esszimmer war, auf und ab. Ich musste diese Information verarbeiten, hatte aber keinen Plan, wie ich das anstellen sollte. Sammy war mir schon immer unter die Haut gegangen. Nichtsdestotrotz war mir klar, dass ich es ganz schön verkackt hatte bei ihr. Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich es ohne zu zögern tun. Da dies allerdings nicht ging, musste ich die Sache irgendwie anders ausbaden. Entschlossen ging ich zu ihr rüber und wartete, dass sie mir öffnete. Wie ein paar Minuten zuvor standen wir uns gegenüber, diesmal allerdings in vertauschten Rollen.

»Wir müssen wirklich miteinander reden.« Ich strich mir einmal durch die Haare und steckte meine Hände dann in die Taschen meiner Jeanshose. »Du weißt genau, worum es geht.« Eventuell war das meine zweite und letzte Chance, um alles wieder ins Reine zu bringen. Sie wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als unsere beiden Handys vibrierten. Fast synchron kontrollierten wir, wer uns geschrieben hatte. Nate. Was für ein Bombentiming. Wusste er etwa, dass ich gerade bei seiner Schwester war? Ich öffnete den Chat. Es gab ein neues Hochzeitsproblem, über das ich nur schmunzelte.

Nate: SOS! Wir brauchen eure Hilfe bei der Auswahl des Kuchens. Kommt schnell vorbei.
            ES IST DRINGEND!!!!!!!

Wir? Was meinte er denn damit? Ich las noch einmal genau nach und erkannte, dass es gar nicht unser privater Chat war, sondern ein neu eröffneter Gruppenchat, in dem er auch seine Schwester eingeladen hatte.

»Ich gehe mich mal umziehen.«

»Ich warte«, sagte ich und trat an ihr vorbei in ihre Wohnung. Sie überraschte mich sehr. Es wirkte alles recht kahl und unpersönlich. »Sieht anders als erwartet aus.« Anderes hätte ich meine Verwunderung nicht zum Ausdruck bringen können. Es war so untypisch für Sammy, dass alles so steril wirkte.

»In den fünf Minuten hast du dir Gedanken über meine Einrichtung gemacht?« Wenn sie wüsste, was ich manchmal in Bezug auf sie dachte, käme ich in Teufelsküche. »Außerdem bin ich erst knapp einen Monat wieder da, was hast du erwartet?« Mein Kopf ruckte in ihre Richtung.

»Seit einem Monat?« »Hast du dich versteckt?« Ein wenig ertappt wich sie meinem Blick aus. Aha, ich kam der Lösung des Rätsels näher.

»Was interessiert dich das überhaupt?« Ich trat näher auf sie zu, sehr wahrscheinlich ein Stück zu nah. Auf alle Fälle hatte ich ihre Komfortzone bereits erreicht.

»Wir waren einmal die besten Freunde, Sammy.« Sie atmete schwer und es dauerte mehrere Wimpernschläge lang, bis sie etwas dazu sagte.

»Die Betonung liegt auf waren. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, was in meinem Leben passiert.« Dann verschwand sie in eins der Zimmer, von dem ich ausging, dass es sich um ihr Schlafzimmer handelte.

Keine zehn Minuten später saßen wir in meinem Wagen und waren auf dem Weg zu ihrem Bruder und seiner Verlobten Betty. Die beiden hatten sich durch Zufall im letzten Collegejahr kennengelernt. Bei den beiden konnte man wirklich von Liebe auf den ersten Blick sprechen.

Knocking on Christmas' DoorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt