10.12.2021

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Von mir

Pov Jan
"Du Jan? Was hast du dir eigentlich für's neue Jahr vorgenommen?", fragte mein bester Freund mich aus der Stille heraus.

Wie kam er denn jetzt darauf?

"Also...am wichtigsten ist mir eigentlich, dass ich versuche positiver zu denken und halt generell mehr auf mich zu achten. Und du?"

Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. "Das gleiche wie du eigentlich. Aber ich brauche definitiv mehr Struktur in meinem Leben. Und ich möchte mehr Zeit mit den Menschen verbringen, die mir wichtig sind. Vor allem mit meiner Familie und mit dir." Bei diesen Worten schlich sich ein wehmütiges Lächeln auf seine Lippen.
"Das hört sich gut an. Das machen wir." Auch ich lächelte.

Dass sich dieser Vorsatz nicht erfüllen würde, konnte keiner von uns in diesem Moment ahnen.

Zeitsprung: 23. Dezember 2026

Pov Tim
Es ist ein kalter Mittwochmittag. Morgen ist Heiligabend und ich laufe gehetzt durch die vollen Einkaufsstraßen in der Kölner Innenstadt. Ich schiebe solche Sachen eben leider immer bis zum letzten Moment vor mir her. Diese schlechte Angewohnheit habe ich schon immer. Jetzt muss ich mich eben in letzter Sekunde um die Weihnachtsgeschenke für meine Eltern und meine Freundin kümmern.  Gehetzt laufe ich von Geschäft zu Geschäft, kaufe Kleinigkeiten und Schokolade. Aber etwas wirklich passendes finde ich nicht.

Ich verlasse gerade einen kleinen Laden und biege um die Ecke in die nächste Straße, als ich plötzlich mit jemandem zusammenstoße.
"Tut mir leid", höre ich aus meinem und seinem Mund.

Moment, die Stimme kenne ich doch irgendwoher!? Ich trete einen Schritt zurück um meinem Gegenüber ins Gesicht zu schauen. Diese Augen, diese Haare, diese Gesichtszüge... Ich kenne ihn, da bin ich mir sicher. Ich weiß nur nicht, woher.

"Was glotzt du denn so?" Perplex schaue ich ihn an. "Oh, Entschuldigung, das war nicht persönlich gemeint, ich habe Tourette", entschuldigt er sich und es fällt mir wie Schuppen von den Augen.

Jan! Mein bester Freund von damals. Aus der Zeit, wo mein Leben noch so einfach war. Wir haben uns irgendwie mit der Zeit aus den Augen verloren und ich habe ihn seit fast 5 Jahren nicht mehr gesehen.

Erst als er mich erneut anspricht und mir der Hand vor meinem Gesicht rumwedeln, bemerke ich, dass ich ihn immernoch sprachlos anschaue.

"Jan? Bist du es wirklich?", frage ich völlig überrumpelt.

"Woher kennen Sie meinen Namen?"
Er erkennt mich nicht. Der Mann, mit dem ich jahrelang fast meine gesamte Zeit verbracht habe, erkennt mich nicht mehr. Diese Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag.

"Ich bin es doch, Tim...erkennst du mich wirklich nicht?"

"Ich kenne keinen Tim. Aber...kennen wir uns von früher?  Ich habe vor zwei Jahren bei einem Unfall einen Teil meines Gedächtnisses verloren, es kann sein, dass ich mich einfach nicht mehr an dich erinnere. Tut mir leid."

Ich schaue ihn nur an. Bin sprachlos. Mir schießen Tränen aus den Augen, Erinnerungen durch den Kopf.

Erinnerungen an all die schönen Momente, die wir miteinander verbracht haben. Lustige Momente. Vertraute Momente. Ernste Momente. Traurige Momente. Aber vor allem die Momente, die mein Leben zum besseren geformt hatten.
Momente, die für immer in meinem Gedächtnis bleiben werden. Aber nicht in seinem.

Ich habe ihn gehen lassen. Einen der wichtigsten Menschen meines Lebens. Und jetzt ist es zu spät. Unsere gemeinsame Geschichte ist bei einem von uns komplett ausgelöscht. Erst jetzt merke ich, wie sehr ich ihn in den letzten Jahren vermisst habe. Wie wichtig er mir noch immer ist. Und wie sehr ich ihn auch jetzt vermisse, obwohl er doch direkt vor mir steht.

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