Chapter 6

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Meine Mutter hatte natürlich nicht beabsichtigt, mit ihrem einen scheinbar harmlosen Satz miese Erinnerungen hervorzurufen, aber es war bereits zu spät. Sie ging in das Schlafzimmer, um sich hinzulegen, und ich schloss nach einem schnellen „Gute Nacht" auch meine Tür, um zur Ruhe zu kommen. Bevor die Vergangenheitswelle über mich hinwegschwappen konnte, griff ich in der Dunkelheit nach meinen Kopfhörern und steckte mir die Stöpsel unbeholfen in die Ohren. Zuerst schaute ich die lustigen Videos von Samstagnacht an, dann klickte ich bei meiner Entspannungsmusik auf Play und schrieb weiter an meinem neusten Song.

Ich schließe meine Notizen-App im Handy wieder.

Dieses Mal war mir auf der Zugfahrt furchtbar langweilig gewesen, da hatte ich durch meine letztlich geschriebenen Texte geschaut und ein bisschen gelesen. Meine allgemeine Stimmung kippte direkt und ich war froh, dass ich heute mit meinem Freund kurz in die City gehen wollte.

Wir laufen abends durch die Stadt, es ist furchtbar kalt. Trotzdem schneit es nicht, Wind bläst. Tim und ich haben uns Schokofrüchte an dem kleinen hell beleuchteten Stand geholt. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Gassen machen wir uns wieder auf den Rückweg.

Mein Freund liegt neben mir, seine rechte Hand ruht entspannt auf meiner Brust. Er spürt meinen Herzschlag und ich Seinen, über den Puls. Tim nimmt den ganzen rechten Teil des Betts ein und ich etwas von der linken Bettseite. Der Tag war schön und doch anstrengend, und so schlafe ich glücklich ein.

Ich stecke tief in einen intensiven Traum, in dem ich wichtige Teile meiner Vergangenheit durchlebe. Ich sitze in einem Auto, unserem VW-Bus. Meine ganze Familie sitzt drinnen, Fynn, Lou, meine Mom. Mein Vater sitzt am Steuer. Er wirkt verärgert, auch wenn ich den Grund dafür in dieser Szene in meinem Kopf nicht genau erkennen kann. Das Aggressive bringt meine Mutter dazu, aus dem Auto zu flüchten und auch wir Kinder springen alle aus dem Wagen. Wir halten zu ihr, egal was passiert. In der nächsten Sekunde blitzt bei meinem Vater ein Messer auf und meine Mutter bricht - schwer von den Stößen getroffen - am Boden zusammen. Besonders mein Bruder stellt sich in einer schützenden Position vor unsere Mutter, und auch meine Schwester und ich bilden mit Fynn zusammen einen Schutzkreis um sie. Wir sind alle zutiefst erschüttert und haben nur noch unsere Mutter im Kopf. Mein Vater verschwindet aus dem Bild und ich suche in dem Traum nach Dingen, die mir das alles erklären können. Doch kaum ist er aus meinem Sichtfeld verschwunden, wird alles unscharf und die reale Welt hat mich wieder empfangen.

Ich muss heftig zusammengezuckt sein, denn als ich aus meinem tiefen Traum aufschrecke, schaut mir Tim besorgt in die Augen. Ich hatte ihn aufgeweckt. Plötzlich fange ich an zu Weinen und mein Freund zieht mich wortlos an sich. Er wusste genau, was er machen musste, um mich zu beruhigen, obwohl er eine derartige Situation mit mir zuvor noch nicht erlebt hatte. Diese Art von Traum war extrem brutal meinen Gefühlen gegenüber und nun wusste er, dass ich so etwas auch durchstehen musste.

All die Erinnerungen die mir seit kurzem nicht mehr aus dem Kopf gehenWhere stories live. Discover now