Wir tanzten seit guten fünf Minuten, als ich ihn fragte, was wir in den Ferien noch machen wollten.
"Keine Ahnung.", meinte er. "Was kann man hier in der Nähe machen?"
"Schlittschuhfahren.", sagte ich begeistert. "Wir müssen unbedingt noch Schlittschuh fahren gehen."
"Ich bin noch nie Schlittschuh gefahren.", gab er zu.
"Was?", wollte ich erneut von ihm wissen.
"Ich war noch nie in meinem Leben Schlittschuhfahren."
"Wie?", fragte ich empört. "Ich meine, Schlittenfahren. Ich liebe Schlittschuhfahren. Meine halbe Kindheit bestand auf Schlittschuhfahren. Das müssen wir ändern."
"Ich habe aber keine Schlittschuhe. Weder dabei noch zu Hause."
"Das ist ja wohl das kleinste Problem, Stephan.", meinte ich, während ich meine Augenbrauen nach oben zog."Hey Stephan.", ich stupste ihn von der Seite her an.
"Aufstehen.", flüsterte ich ihm ins Ohr. Er öffnete seine Augen und sah mich verwirrt an.
"Bella, es ist.", er schaute schnell auf seine Uhr. "Fast halb drei. Nachts."
"Du hast fünfzehn Minuten. Zieh dich an und komm dann runter ins Foyer. Aber sei leise."Ich ging schonmal voraus und unten angekommen, schlich ich mich in die Küche. In der kleinen Speisekammer nebenan, bewarten wir unsere Schlüssel auf. Ich durchsuchte den mehrfarbigen Schlüsselbund, bis ich den richtig fand. Schnell schnappte ich mir ihn und ging dann ins Foyer, um mir meine schwarzen Boots, schwarze Handschuhe und meinen ebenso schwarzen Wintermantel anzuziehen. Außerdem band ich mir ein Schal um meinen Hals und zog mir meine beige Wollmütze über meine offenen Haare.
Da kam Stephan schon die Treppen herunter.
"Autsch.", fluchte er, als er auf eine Playmobilfigur meines Bruders trat.
"Psh. Sei leise.", ermahnte ich ihn. "Oder willst du jemanden aufwecken. Ich habe keine Lust auf einen nächtlichen Familienausflug."
"Ich komme, ich komme.", schnell schlüpfte er in seine dunkelbraune Jacke, zog seine Schuhe an und nahm sich Mütze und Schal.
"Deine Handschuhe.", erinnerte ich ihn.
"Stimmt.", er nahm seine schwarzen Handschuhe und steckte sie in seine Tasche.
"Hast du den Schlüssel für den Aufzug?", wollte Stephan daraufhin von mir wissen.
"Mist.", murmelte ich. "Warte."
Ich ging so leise wie möglich zurück in die Abstellkammer und holte mir den Ersatzschlüssel unserer Wohnung."Wir können gehen.", meinte ich, als ich wieder im Foyer waren.
Wir steigen in den Aufzug und Stephan wollte gerade den Knopf der ersten Etage drücken, als ich ihn aufhielt.
"Wir fahren ganz runter in die Garagen. Den Schlüssel hab ich auch dabei.", demonstrativ hob ich den anderen Schlüssel hoch. "Da sehen uns weniger.", fügte ich hinzu.
"Macht Sinn.", er drückte auf den Knopf in die letzte Etage und der Aufzug begann sie zu bewegen. Zum Glück musste der Aufzug nicht zwischen stoppte und uns sah niemand.Als wir uns endlich von dem Gebäude entfernten, atmete ich auf.
"Wo gehen wir hin?", erkundigte Stephan sich nun schon zum fünften Mal.
"Eine Überraschung.", antwortete ich. "Wir laufen. Es ist nicht sehr weit von hier."
Die Straßen Münchens waren wie leergefegt. Die Straßenlichter brannten, und außer uns waren nur ein paar Leute unterwegs. Über die ganze Zeit über sahen wir nur drei Autos. Ich glaube, dass ich München so leer noch die erlebt hatte."Wir sind gleich da.", ein letztes Mal bogen wir nach rechts ab. Dann ging ich hinter ihn und hob ihm die Augen zu.
Das letzte Stück führte ich Stephan."Und, was sagst du?", wollte ich von ihm wissen, als ich ihm meine Hände von den Augen nahm.
Vor uns lag eine, eigentlich geschlossene, Schlittschuhbahn im Freien. Die Bahn war nochmal mit einem großen Gitter umzäumt, wofür ich den Schlüssel hatte. Wir gingen dir letzten paar Meter und ich schloss das Tor auf.Mit demselben Schlüssel lief sich auch das kleine Gebäude öffnen, in dem Schlittschuhe zum Verleihen aufbewahrt wurden.
"Welche Größe hast du?", erkundigte ich mich.
"43.", meinte er. Ich gab ihm weiße Schlittschuhe in der passenden Größe und nahm mir dann ein Paar in meiner Größe.
Dann gingen wir nach außen und um unsere Schuhe zu wechseln, setzten wir uns auf eine der Bänke, die in einer Art Tribüne um die Eisfläche, angeordnet waren. Als die Schuhe geschnürt waren, liefen wir vorsichtig zur Eisfläche.Ich ging zuerst auf das Eis und drehte eine kleine Runde.
Stephan hatte bis dahin nur zugesehen. Ich winkte ihm zu und rief ihm zu, er solle sich auf das Eis kommen. Er setzte seinen ersten Fuß auf das Eis und umfasste das Gelände mit seiner Hand. Dann setzte er seinen zweiten Fuß hinterher. Erst fuhr er am Geländer entlang und sah mich stolz an.
"So schwer ist das gar nicht.", meinte er. Dann entschied er sich das Geländer loszulassen und in meine Richtung zu fahren. Erst sah alles noch gut aus, bis er zu selbstbewusst wurde, und anfing zu wackeln. Er fuhr leichte Schlangenlinien, aber immer noch in meine Richtung."Aufpassen!", rief ich ihm lachend zu.
"Ich habs gleich.", behauptete er, ich sah aber keine Verbesserung.
"Klar."
Er kam weiter auf mich und langsam erlangte er sein Gleichgewicht zurück.
"Schau Kal.", meinte er wieder etwas selbstbewusster. "Ich wusste, dass ich das hinbekomme."
Er wollte gerade seitlich vor mir stoppen, als er aurutschte und auf mich fiel. Er ries mich zu Boden und landete auf mir, auf dem kalten Eis."Ja. Ja, das hast du toll hinbekommen.", meinte ich, immer noch auf dem Boden liegend.
Stephan rollte sich zur Seite und lag jetzt nah neben mir auf der Eisbahn.
"Ich hatte es fast.", murmelte er, während ich meine Hände hinter meinen Kopf legte und in den Himmel starte. Keiner von uns machten den Versuch aufzustehen, weshalb wir beide nebeneinander auf dem Boden liegen blieben."Warte.", er nahm sein Handy aus der Hosentasche seiner Hose und zum, Entsperren zog er seinen Handschuh aus. "Wir müssen noch eine Instastory machen.", murmelte er.
"Bist du über Nacht zum
Influencer geworden?"
"Sehr witzig. Erinnerst du dich noch an Bryan? Diesen einen Typ, den niemand mag und wegen dem wir uns praktisch fake Daten.", meinte er und war so lange auf die Kamerafunktion seines Handys gegangen.
"Ach der."Stephan hob sein Handy hoch und lächelte in die Kamera. Ich tat es ihm gleich, doch bevor das Bild aufgenommen wurde, streckte ich meine Zunge aus und berührte leicht seine Wange. Ich hörte den Auslöser klicken und Stephan schaute mich empört an." Was sollte da?", wollte er halb geschockt, halb auf Spaß wissen.
Ich zuckte mit den Schultern. "Und jetzt zeig das Bild. Sofort fiel mir auf, wie gut Qualität seines Handys war.
"Ich mag das Bild.", stellte ich fest. "Schick mir das."
Er nickte.Der Junge bleib noch etwas auf dem Boden sitzen, während ich schonmal aufstand und eine Runde fuhr.
Dann bleib ich vor ihm stehen und streckte ihm meine Hand hin: "Komm, aufstehen. Wir haben noch viel zu lernen."

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Only you || Burg Schreckenstein || Stephan ff
FanfictionErneut muss ihr Vater in die Psychiatrie eingewiesen werden. Ihr Stiefvater beschäftigt sich lieber anders, und schickt Kalypso somit auf ein Internat. Sie erwartet viel, neue Freunde, neue Erfahrungen und einfach nur Spaß. Alles, außer sich zu verl...