Kapitel 25

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Sobald wir zurück beim Truck waren, schmiss Kie den Motor wieder an. Während Pope ihr den Weg wies, konnte ich plötzlich aus weiter Ferne ein Blaulicht erkennen. Da ich zusammen mit JJ auf der Rückbank sass, stupste ich ihn mit dem Ellbogen an. "Hm?" Mit einem Kopfnicken verwies ich seinen Blick nach hinten. "Scheisse", murmelte er. "Was ist los?", fragte Kie gestresst. "Cops". "Ernsthaft?" "Was wollen die schon wieder?" "Ich glaube wir werden es gleich rausfinden", sagte ich leise und beobachtete dabei, wie der Polizeiwagen vor unserem Wagen hielt. Kie war also gezwungen, ebenfalls anzuhalten. 

Als erstes stieg Shoupe aus dem Polizeiwagen und kam auf uns zu. "Wir müssen weiter", fluchte Pope leise, verstummte dann aber, als Kiara ihre Hand auf seine legte. Es klopfte am Fenster. Nachdem die Scheibe hinuntergelassen wurde, steckte der Polizist seinen Kopf rein. "Jackson?" Überrascht, dass es um mich ging sah ich auf. "Aussteigen". Mit einer bösen Vorahnung blickte ich zu dem Bullen. "Wieso?" 

"Ward Cameron, dein Vormund genauer gesagt, verlangt, dass du auf der Stelle zu seinem Anwesen zurück kommst. Da du, wie ich annehme, keine andere verantwortliche Person um dich hast, muss ich dieser Anweisung folge leisten und dich mitnehmen". Das Adrenalin in mir schoss in die Höhe. "Das werden Sie nicht tun", kam es von meiner Linken. "Halt dich da raus JJ", sagte Shoupe, ohne den Blick von mir abzuwenden. Kie drehte sich aufgewühlt zu mir nach hinten um und ich konnte Verzweiflung in ihren Augen erkennen. "Ich weiss von den Bedingungen, unter denen du hier sein darfst", ergänzte Shoupe und hatte nun Spitze des Eisbergs erreicht. Sie würden mich wieder wegschicken. So wie sie es immer taten. 

"Okay", murmelte ich leise. "Was?", konnte ich die ungläubige Stimme von JJ neben mir ausmachen. "Ich komme gleich". Shoupe nickte und zog sich ein wenig zurück. "Du wirst ganz sicher nicht mit diesem Arsch mitgehen". "Wieso willst du freiwillig mit?", kam es auch noch von Pope. Langsam aber sicher wurde mir alles zu viel. "Lasst gut sein. Ich komme schon zurecht". "Das ist jetzt nicht dein Ernst", murmelte JJ mit einem wütenden Unterton. Ein Stich fuhr mir durchs Herz doch ich ignorierte es und stieg ohne den Pogues nochmals eines Blickes zu würdigen aus. 

Mit diesen Worten steig ich aus dem Truck und lief hintenrum zu Shoupe's Auto. Ohne nochmals ein Blick zurück zu werfen, stieg in den Polizeiwagen, bereit, mich allem zu stellen was nun kommen würde. Doch ob ich wirklich alles durchhalten würde, wird sich zeigen.

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Es war komisch, das Cameron Anwesen unter den Umständen wiederzusehen, unter denen ich es letztes Mal verlassen hatte. Bereits beim parkieren konnte ich Ward draussen warten sehen. Schnell riss ich all meine Schutzmauern wieder hoch, die sich mit der Zeit bei den Pogues Stück für Stück selbst eingerissen hatte. 

Nachdem ich das Polizeiauto verliess, war es auch schon hinter dem Tor verschwunden. "Schön, dass du zurück bist, Gia", sagte Ward aufgesetzt freundlich. In der Hand hielt er ein kleines Glas, gefüllt mit Scotch. Ich reagierte nicht und blieb stumm. Ich würde ihn nie respektieren. Was er John B alles angetan hatte, würde ich ihm nie verzeihen. "Wie ich hörte, hast du schon an deinem ersten Schultag die Schule geschwänzt. Kein wirklich guter erster Eindruck, den du da hinterlassen hast". Auch darauf reagierte ich nicht. Ward schmunzelte. "Wir haben unsere Missverständnisse, das ist mir bewusst. Aber können wir das nicht für einen kurzen Moment sein lassen?" 

"Missverständnisse?" stiess ich sarkastisch aus. "Du hast einem Teenager ein Mord angehängt und dazu seinen ganzen Fund an dich gerissen. Das hingegen verleiht zu einem sehr guten Eindruck". Ward's aufgesetztes Lachen schwand Wort zu Wort. "Geh auf dein Zimmer jetzt". "Ich kenn dich nicht mal richtig und will es ehrlich gesagt auch nicht, also sag mir nicht, was ich tun soll", sagte ich wütend, während es in mir brodelte. "Ich kann innerhalb weniger Minuten deinen Rückflug organisieren, wenn es das ist, was du willst". Wissend, dass ich keine Chance hatte, machte ich kehrt und lief tatsächlich zu meinem fast noch nicht benutzten Zimmer. Was ich nicht bemerkte, war Ward, welcher sobald ich die Türe hinter mir schloss, einen Schlüssel hervornahm und mich einschloss. 

"So kannst du dich erst mal beruhigen. Ich komme nachher nochmals. Hoffentlich bist du da bei klarem Verstand und nicht total beeinflusst von diesen Pogues". Im Dunkeln stand ich in der Mitte des schlicht eingerichteten Zimmers. Unfähig etwas zurück zu sagen um mich zu verteidigen spürte ich die Gefühle, die mich drohten zu überfluten. Mir wurde heiss und kalt gleichzeitig. Mit einer vor Wut zitternden Hand krallte ich meine Finger in meine Haare. Der Druck steig und stieg bis irgendwann die erste Träne über meine Wange rollte. Ich hasste nichts anderes mehr, als die Schwäche in mir zuzulassen, sie zu spüren und zu wissen, das da etwas war, was mich zerstören konnte. 

Mit einem wütenden Knurren schmiss ich die leere Vase mit voller Kraft auf den Boden, wo sie in hunderte Scherben zersplitterte. Wenige Meter weiter weg glitt ich an der Wand zu Boden und rollte mich dort zusammen. Die nasse Flüssigkeit rannte mir vom einen Auge zum Anderen, danach auf den kalten Parkettboden. 

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Ward hatte sein Versprechen jedenfalls nicht gehalten, den er war immer noch nicht aufgetaucht. Ich wusste nicht ob Sekunden, Minuten oder Stunden vergangen waren. Jedenfalls hatte ich keine Motivation, mich den kommenden Stunden zu stellen. Lieber wollte ich in dieser dunklen Ecke an meinem Elend ersticken. 

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Als ich schliesslich nicht mehr liegen konnte weil mir alles weh tat, stützte ich mich auf den Ellbogen auf. Sobald ich wieder auf den Beinen stand musste ich mich erst mal an die Wand lehnen, da sich alles drehte. Danach band ich meine Haare zu einem lockeren Dutt zusammen. Meine aufgetragene Mascara hatte sich durch die Tränen als schwarze Striche über meine Wangen gezogen.  

Kraftlos legte ich mich auf das Bett und schloss die Augen in der Hoffnung, ich würde Morgen aus diesem Albtraum aufwachen. 

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