Blickkontakt (Teil 2)

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Erst nach einer ganzen Weile schaffen es Stefanie und Thomas wieder aus dem kleinen Bad – immerhin frisch geduscht. Da aber keiner der beiden frische Klamotten mit im Badezimmer hatte, öffnet Stefanie nur in ein Handtuch gewickelt die Tür und bleibt abrupt stehen, sodass Thomas in sie hineinläuft. „Huch!" ruft er und bemerkt dann erst seine beiden Bandkollegen auf der Couch, die den beiden mit einem tadelnden Blick entgegen sehen. Stefanie wird rot wie eine Tomate und stammelt „Ich...ähm...wir...haben nur...ähm..." Johannes schüttelt den Kopf und grummelt „Echt jetzt? Nicht einmal EINEN Tag habt ihr durchgehalten? Steff, ich hätt dir echt mehr zugetraut..." Wieder versucht Stefanie irgendetwas vor sich hinzustottern, als sie das Grinsen in Nowis Gesicht bemerkt. Während Johannes in seiner Hosentasche kramt, hält Nowi ihm die offene Handfläche entgegen. „Immer schön her damit" lacht Nowi, als Johannes ihm einen 10 Euro schein drauf legt. Stefanie sieht die beiden mit offenem Mund an. „Ihr habt nicht wirklich gewettet..." und auf ihren Wangen zieht noch mehr Röte auf, sofern das überhaupt möglich ist. Als sie einen empörten Blick zu Thomas wirft, löst der sich gerade hinter ihr hervor und spaziert nur in sein Handtuch gewickelt zu seinem Bruder und hält ihm mit einem breiten Grinsen im Gesicht ebenfalls die offene Handfläche hin, in die Johannes einen weiteren 10 Euro schein legt.

„Nein! Nicht euer Ernst jetzt? THOMAS!!!!!!" schreit Stefanie und stampft wütend zu ihrem Freund, bis sie nur wenige Zentimeter vor ihm zu stehen kommt. Dieser versucht ernst zu bleiben, schafft es aber einfach nicht, sein Schmunzeln zu unterdrücken. „Ach komm schon, Kleine! Die Wette war doch echt aufgelegt bei deiner Abmachung" gibt er offen zu. Im selben Moment bemerkt er, dass sich in ihrem Gesicht neben der Wut auch eine Spur von Kränkung spiegelt. Schnell senkt Stefanie ihren Blick, um ihn das nicht sehen zu lassen, doch es ist zu spät. Sanft hebt Thomas ihren Kopf wieder an, damit sie ihm in die Augen sehen muss. Jede Belustigung ist aus seinem Gesicht verschwunden und einer Besorgnis gewichen. „Hey, Steff! Das da drin ist grade nicht wegen der Wette passiert. Ich hoffe, das weißt du" sagt er ernst und streicht ihr sanft mit seinem Daumen über die Wange. Stefanie merkt, wie ihr die Tränen in die Augen steigen. „Lass gut sein. Ich muss mich mal anziehen" murmelt sie und wendet sich von ihm ab, um ihm nicht zu zeigen, wie sehr sie das eben verletzt hat. Während sie frische Klamotten in ihrem Koffer sucht, werfen sich die drei Jungs betretene Blicke zu. Das hatten sie nicht gewollt. Normalerweise war Stefanie für jeden Spaß zu haben und sie hatten eigentlich damit gerechnet, dass sie mit ihnen darüber lachen würde. Leise seufzend holt sich auch Thomas frische Klamotten und in seinem Kopf rattert es, wie er das wieder gut machen kann. Eine drückende Stille liegt im Raum und als Thomas und Stefanie fertig angezogen sind, deutet Thomas seinen beiden Bandkollegen, sie einen Moment alleine zu lassen. Die beiden verstehen und verlassen den Raum, werfen ihm dabei aber noch einen entschuldigenden Blick zu. Stefanie ist so in ihren Gedanken, dass sie das Verschwinden der beiden gar nicht bemerkt. Erst als Thomas eine Hand auf ihren Rücken legt, schreckt sie auf. Zögerlich dreht sie sich zu ihm um. Als sie in seine Augen blickt, muss sie sofort wieder schlucken, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.

„Stefanie, es tut mir echt leid. Wenn ich gewusst hätte, dass dich das verletzt, wäre ich diese Wette nie eingegangen. Es sollte nur ein Spaß sein" erklärt Thomas. „Als Nowi und Johannes von unserer Vereinbarung Wind gekriegt haben, meinte Nowi, dass wir das nie durchhalten würden. Johannes gab uns immerhin fünf Tage, Nowi nicht einmal einen. Ich hab spaßhalber gefragt, ob ich auch mitwetten dürfte und hab mich Nowi angeschlossen. Aber nur aus dem Grund, weil ich es sowieso nie so lange ausgehalten hätte, mich von dir fern zu halten" gibt er verlegen zu. Stefanies angespannter Blick wird ein wenig weicher. „Also hast du mich da drin nicht nur verführt, um diese dumme Wette zu gewinnen?" fragt sie leise. „Scheiße, nein! Ich konnte..." plötzlich umspielt ein Lächeln Thomas Lippen. „Ich hab dich verführt? Echt jetzt?" murmelt er. Stefanie schnaubt „Na was war denn das sonst?" „Ich hab nur dasselbe mit dir gemacht, was du schon den ganzen Tag mit mir gemacht hast" raunt Thomas und kommt ihr mit seinem Gesicht immer näher. „Ich hab was?" brummt Stefanie, muss sich aber auf ihre Unterlippe beißen, um sich ihr Grinsen zu verkneifen. Thomas ist nun so dicht vor ihrem Gesicht, dass sie seinen heißen Atem an ihren Lippen spüren kann. „Gib's zu, eigentlich bist du nur sauer, weil ich mich beherrschen konnte und du nicht" flüstert er frech und streicht ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Mit beiden Händen stößt ihn Stefanie von sich weg und versucht ihn wütend anzusehen. Das belustigte Funkeln in ihren Augen straft sie aber Lügen. „Na warte! Das bekommst du zurück" presst sie hervor, während sie ihn an die Wand drängt und ihren Finger in seine Brust bohrt. Sie deutet ihm, sich zu ihr hinunter zu beugen. Dann gibt sie ihre Lippen so nah zu seinem Ohr, dass er die Bewegung ihrer Lippen spüren kann, als sie spricht. „Du gehst jetzt da raus und holst die anderen beiden Banditen herein. Dann werd ich euch mal zeigen, was eine Wette ist" haucht sie und beißt ihm leicht in die empfindliche Stelle unter dem Ohr, was sofort eine Gänsehaut bei Thomas hervorruft. In diesem Moment entfernt sie sich ein Stück von ihm.

Thomas stöhnt auf. „Du kannst mich doch jetzt nicht so stehen lassen" Doch Stefanie schaut ihn ohne einen Funken Mitleid an. „Lass ich auch nicht, du sollst ja die beiden holen gehen" grinst sie, funkelt ihn frech an und deutet mit ihrem Kopf zur Tür. „Das hast du dir jetzt selbst eingebrockt, mein Lieber!" fügt sie leise hinzu, als sich Thomas bereits auf den Weg zur Tür macht. Als die drei Jungs kurz darauf betreten vor ihr stehen, deutet Stefanie auf die Couch und befiehlt ihnen „Hinsetzen!" „Ohoh" raunt Nowi und Johannes meint „Die Löwin ist zurück" Thomas nickt nur zustimmend. „So Jungs! Ihr wettet also gern, nh?" beginnt Stefanie mit einem mörderischen Grinsen im Gesicht. Die drei Jungs schlucken, dieser Blick verheißt nichts Gutes. Sie nicken aber artig. „Dann wird der Spieß jetzt umgedreht! Heute ist der 06. Mai. Am 25. sind wir wieder in Berlin, bevor wir am 26. dort das Konzert spielen und es danach gleich weiter geht mit der Tour. Zwischen uns beiden" sagt sie und deutet zwischen Thomas und sich hin und her „passiert bis zum 25. Mai NICHTS..." Sie geht einen Schritt auf Thomas zu, der sie mit großen Augen ansieht, und tipp ihn an die Stirn „Denk an den Titel unsrer Tour, damit du die Abmachung nicht vergisst." Johannes und Nowi prusten los, werden aber sofort wieder ernst, als sie Stefanies strafenden Blick bemerken. „Wenn du das nicht durchhältst, gibt es für euch drei bis Ende des Jahres kein FIFA-Zocken mehr" Sofort bricht großer Protest aus. „Jetzt stellt euch nicht so an! Ein bisschen Strafe muss schon sein, für eure miese Aktion!" meint Stefanie und bringt die Jungs damit wieder zum Schweigen. Nach einer kurzen Stille meint Nowi „Aber dann dürfen wir aussuchen, was passiert, wenn Thomas gewinnt." Stefanie nickt „Das ist nur fair!" Die Jungs stecken ihre Köpfe zusammen und tuscheln eine Weile. Stefanie wird immer unruhiger. Ob das wirklich so eine gute Idee war? Endlich sehen die Jungs sie wieder an, mit einem ebenso fiesen Grinsen, wie sie vorhin.

Stefanie weicht unbewusst ein Stück zurück. Daran hatte sie vorher gar nicht gedacht, dass es auch sie treffen würde, wenn Thomas das tatsächlich durchhält. „Also" beginnt Thomas „Wenn ich das durchhalte – und ich werde das durchhalten – gibt es für dich bis zum Ende des Jahres keinen Alkohol mehr. Nicht mal einen einzigen Schluck" grinst er. „Ach kommt schon! Wir sind fast das ganze Jahr auf Tour! Das ist fies! Ihr könntet eh so gut wie nie FIFA spielen, weil wir unterwegs sind, aber wir stoßen oft genug nach den Konzerten an...und bis Ende des Jahres schließt auch Weihnachten und die Glühwein-Zeit mit ein. Das ist gemein" protestiert Stefanie, erntet aber nur belustigte Blicke. „Haben wir einen Deal oder nicht?" fragt Johannes und die drei Jungs strecken ihr ihre Hände hin, um einzuschlagen. „Ach, scheiß drauf! Ich gewinne sowieso" murmelt Stefanie und schlägt zwei Mal ein. Als sie zu Thomas Hand kommt, hält sie kurz inne. Dann beugt sie sich ganz nah zu ihm hinunter, bewusst so, dass sein Blick direkt auf ihren Ausschnitt fällt. „DU musst durchhalten, mein Lieber! Das heißt, ich darf alle Geschütze auffahren, damit du schwach wirst, vergiss das nicht" haucht sie wenige Zentimeter vor seinem Gesicht und hauch ihm einen kaum spürbaren Kuss auf die Lippen, bevor sie sich wieder aufrichtet und auch bei ihm einschlägt. „Fuck!" presst Thomas hervor und spürt sofort Nowis Hand im Nacken. „Scheiße Mann, du musst das durchhalten. Reiß dich gefälligst zusammen!" Als die vier einige Minuten später endlich alles zusammen gepackt haben und sich auf den Weg zum Bus machen, tritt Stefanie noch einmal an Thomas heran. „Ich bin gespannt, wie lange deine Selbstbeherrschung anhält" sagt sie mir rauer Stimme und wirft ihm einen Blick zu, der ihm einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Thomas atmet tief durch und trottet dann mit etwas Abstand seinen Bandkollegen nach. Was hat er sich da nur eingebrockt.

Silbermond OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt