Andre Zeiten

218 8 6
                                    

Achtung Spoiler: Es geht um einen neuen Song von Silbermond, der bisher nur auf den Konzerten gespielt wurde

Stefanie tritt von hinten an Thomas heran, der auf der Couch sitzt und ins Leere starrt. Sie legt ihre Arme um ihn und vergräbt für einen Moment ihr Gesicht in seinen Haaren. „Der Kleine schläft endlich" murmelt sie, als sie sich von ihm löst und um die Couch herumgeht, um sich zu ihm zu setzen. Stefanie kuschelt sich an ihren Freund und nimmt seine Hand in ihre. Sanft streicht sie über seinen Handrücken, als sie bemerkt, dass er ihr gar nicht richtig zugehört hat. „Hey...willst du mir sagen, was los ist? Dich beschäftigt doch irgendwas" meint sie leise und sieht ihn fragend an. Da wendet sich Thomas ihr endlich zu und seufzt. „Du bemerkst auch gleich alles, oder?" sagt er, während sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stiehlt. Sanft küsst er sie auf den Scheitel. Dann wird sein Blick wieder nachdenklich. „Weißt du, ich hab grade über Hannes nachgedacht. Findest du nicht, dass er sich in letzter Zeit ziemlich zurückgezogen hat? Hast du die letzte Woche irgendwas von ihm gehört?" Stefanie sieht ihn erst überrascht an, nickt dann aber ebenfalls nachdenklich. „Du hast recht...abgesehen von seinem Emoji in der Bandgruppe, das er als Reaktion auf das lustige Video von Motti geschickt hat, hat er sich gar nicht gemeldet. Das ist ziemlich untypisch für ihn. Irgendwie war nur bei uns in den letzten Wochen auch so viel los, dass mir das gar nicht aufgefallen ist...aber jetzt wo du's sagst..." bestätigt ihn Stefanie in seinen Überlegungen. „Vielleicht solltest du ihn einfach mal anrufen? Wenn er Lust hat, kannst du ihn ja für morgen Abend zu uns einladen" meint sie und lächelt Thomas aufmunternd an.

„Gute Idee" erwidert er und greift nach seinem Handy. „Ich geh in der Zwischenzeit mal duschen und lass euch in Ruhe quatschen. Sag ihm liebe Grüße von mir!" bittet Stefanie und küsst Thomas zärtlich auf den Mund, bevor sie aufsteht und im Badezimmer verschwindet. Einen Moment starrt Thomas unschlüssig auf sein Handy. Er überlegt, ob er nicht doch überreagiert. Aber dann beschließt er, dass es ja nicht schaden kann, einfach mal nachzufragen, wie es Johannes geht. Er wählt die Nummer seines Bruders und lauscht dem Tuten in der Leitung. Gerade als er wieder auflegen will, hebt doch jemand ab. „Hallo?" hört er Johannes ziemlich verschlafene Stimme durchs Telefon. Verwirrt wirft Thomas einen Blick auf die Uhr. Es ist doch grade mal kurz nach neunzehn Uhr, hat Johannes etwa schon geschlafen? „Hey Bruderherz, ich bin's! Hab ich dich etwa geweckt?" begrüßt Thomas ihn. „Oh, hallo Thomas! Nein, nein...alles gut! Was gibt's denn?" erwidert Johannes schnell und Thomas merkt sofort, wie er versucht, seine Stimme fröhlich klingen zu lassen. „Wollt einfach mal nachfragen, ob bei dir alles okay ist...irgendwie haben wir uns die letzten Tage nicht gehört" erklärt Thomas den Grund für seinen Anruf. „Na, da machen wir mal ein paar Tage Proberaum-Urlaub und du vermisst mich schon, kleiner Bruder?" meint Johannes und schiebt ein Lachen hinten nach, von dem Thomas sofort hört, dass es nicht echt ist. „Johannes..." seufzt Thomas ins Telefon. Nach einer kurzen Stille seufzt auch Johannes, der genau weiß, dass sein Bruder ihn durchschaut hat, wenn er ihn Johannes nennt. „Thomas, es ist nichts...ich bin momentan einfach irgendwie müde und kaputt...Vera ist nicht da...wir sehen uns nicht...aber manchmal braucht man eh auch ein bisschen Zeit für sich...das wird schon wieder" sagt Johannes leise, kann aber weder Thomas noch sich selbst davon überzeugen, dass das stimmt. „Warst du die letzten Tage wenigstens mal draußen?" fragt Thomas, der sich die Antwort schon zusammenreimen kann. Nach einem kurzen Zögern meint Johannes „Nein...irgendwie war ich einfach nicht motiviert dazu...hab mich lieber ausgeruht..."

„Sag mal, willst du nicht morgen Abend zu uns kommen? Ein bisschen Abwechslung tut dir bestimmt gut und der Kleine würd sich freuen, seinen Onkel Hans endlich wieder zu sehen" fragt Thomas hoffnungsvoll. „Thomas, bitte seid mir nicht böse...aber ich glaub ich bin momentan keine gute Gesellschaft...schon gar nicht für euren kleinen Sonnenschein..." Thomas kann die Traurigkeit in Johannes Stimme durch das Telefon hören. Eine Weile schweigen beide. „Hannes...sag mir bitte, was ich für dich tun kann! Ich möchte dir irgendwie helfen..." durchbricht Thomas endlich die Stille zwischen ihnen. „Ich...ich brauch einfach ein bisschen Zeit...Zeit zum Nachdenken...Zeit für mich..." bittet Johannes. Thomas seufzt ein weiteres Mal ins Telefon und meint dann „Bitte versprich mir, dass du dich meldest, wenn wir irgendwas für dich tun können!"
„Versprochen...Danke, Thomas!" flüstert Johannes mit rauer Stimme ins Telefon und Thomas zerreißt es das Herz, seinen Bruder so zu hören. Dann hat Johannes auch schon aufgelegt. Eine ganze Weile starrt Thomas sein Handy an, bevor er es zur Seite legt und sein Gesicht in den Händen vergräbt. Als Stefanie nach dem Duschen ins Wohnzimmer tritt und Thomas so verzweifelt entdeckt, läuft sie schnell zu ihm hin und legt ihren Arm um ihn. „So schlimm?" fragt sie leise. Thomas zuckt ratlos mit den Schultern. „Ich glaub, noch schlimmer..." flüstert er schließlich und kann nur mit Mühe seine Tränen unterdrücken. Stefanie fragt gar nicht weiter. Sie steht auf und holt die Autoschlüssel von der Kommode. Dann geht sie zurück zu Thomas und hält sie ihm hin. „Los, fahr zu ihm! Er braucht dich grade, auch wenn er es vermutlich nie zugeben würde!" „Aber...aber er meinte, er will alleine sein..." widerspricht Thomas und sieht Stefanie verzweifelt an. Diese zieht ihre Augenbrauen hoch. „Genau, Herr Stolle! Denk mal drüber nach, was du machst, wenn es dir scheiße geht! Dich zurückziehen und alle von dir wegstoßen...Und wann geht es dir erst wieder besser? Wenn wir deine Zurückweisung ignorieren und trotzdem für dich da sind! Also steh auf und schwing deinen süßen Hintern zu deinem Bruder! Der braucht dich jetzt!"

Silbermond OneshotsDonde viven las historias. Descúbrelo ahora