Das Gleichnis der Steine

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Es war einmal, vor langer Zeit, ein kleines Dorf in den Bergen. Die Menschen dort lebten vom Bergbau und trugen, tagein, tagaus Steine aus dem Berg, um sie dann Im Dorf weiterzuverarbeiten. Ein jeder von ihnen hatte eine Trage aus Stroh auf dem Rücken und schleppte, so viel er eben schleppen konnte. Unter ihnen war auch eine Frau. Sie hatte ein großes Herz, war immer hilfsbereit und ertrug es nicht, die Menschen um sich leiden zu sehen. Eines Tages, als sie mit einer Gruppe von anderen wieder Felsbrocken aus dem Bergwerk schleppte, sah sie neben sich eine alte Frau gehen, die an ihrem Bündel schwer zu tragen hatte.

„Das kann ich nicht zulassen", dachte sie bei sich und trat auf sie zu. „Mütterchen", so sprach sie, „Ihr tragt so schwer an eurem Bündel. So lasst mich Euch helfen." Die alte Frau zögerte einen Moment, doch dann reichte sie ihre Trage der Jüngeren und ging leichteren Schrittes von dannen. Diese jedoch hatte nun schwerer zu tragen und kam deutlich langsamer voran als zuvor. Dennoch setzte sie ihren Weg fort.

Eine Weile später erblickte sie vor sich einen kleinen Jungen. Der humpelte und sah bereits sehr erschöpft aus. „Das kann ich nicht zulassen", dachte sie erneut und sie sprach zu ihm:

„Lass mich dir helfen. Gib mir dein Bündel, ich will es für dich tragen." Das Kind überreichte ihr nur zu gerne seine Last und sprang fröhlich davon. Die Frau allerdings, die nun drei Bündel trug, kam nur noch mühsam voran. Sie blickte um sich, ob jemand ihre gute Tat beobachtet hatte, doch niemand hatte es gesehen. Alle strebten nur weiterhin dem Dorf entgegen. Die Frau tat es ihnen nach, doch bei jedem Schritt spürte sie das Gewicht auf ihrem Rücken. Ihre Glieder begannen zu schmerzen und die Beine wurden ihr schwer. Dennoch schritt sie weiter voran.

Hinter der nächsten Biegung sah sie einen Mann vor sich laufen. Obwohl er noch keine 30 Jahre zählen konnte, war sein Rücken gebeugt und die Schritte schwer. „Das kann ich nicht zulassen", dachte sie und wiederum sprach sie:

„Lasst mich Euch helfen. Gebt mir Euer Bündel, ich will es für Euch tragen." Der Mann blickte sie erstaunt an und sagte:

„Seid Ihr sicher? Ihr tragt doch selbst schon so schwer." Doch die Frau winkte ab.

„Macht Euch keine Gedanken. Ich bin stärker als ich aussehe." Und so kam es, dass die Frau statt einem, vier Bündel trug. Sie quälte sich weiterhin den Berg hinauf. Bei jedem Schritt schmerzt ihr Rücken und ihre Beine begannen zu zittern. So kam es, dass sie mitten auf dem Weg zusammenbrach. Da eilten von allen Seiten Leute herbei, die mussten sie stützen und ihr wieder auf die Beine helfen. Einer von ihnen, ein junger Mann, der die vier Bündel bemerkte, fragte sie:

„Was trägst du auch 4 Bündel? Es ist kein Wunder, dass das deine Kräfte übersteigt." Sie erzählte daraufhin von dem alten Mütterchen, dem kleinen Jungen und dem erschöpften Mann, denen sie nur hatte helfen wollen. Da sagte er:

„Es ehrt dich, dass du helfen wolltest. Doch was nützt es, wenn du vor Erschöpfung zusammenbrichst und dir am Ende andere helfen müssen? Nimm immer nur so viel, wie du auch tragen kannst." Dann rief er einige Leute herbei und sie teilten die Last der Bündel unter sich auf, sodass am Ende jeder einen kleinen Teil mehr trug und sie alle gemeinsam ins Dorf gelangten.


Tja, liebe Leser, was wollte ich nur damit sagen? Es ist, denke ich, relativ offensichtlich. Dennoch freue ich mich über Interpretationen und Diskussionen in den Kommentaren!

Litterarias TeatimeWhere stories live. Discover now