Liebe

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„Michimiya, es tut mir leid, aber ich kann deine Gefühle nicht erwidern, ich liebe jemand anderen", mit diesen Worten erklingt ein imaginäres Klirren, als wäre just in diesem Moment etwas zerbrochen. Das ist es auch, Michimiyas Herz hat sich in tausende von Kleinteilen gespalten. Tränen hinterlassen eine Salzspur über ihre zarte Haut, die sie versucht aufzuhalten, aber es geht nicht. „Ich verstehe. Wenn du glücklich bist, möchte ich dir nicht im Weg stehen ...", „Danke, Michimiya. Es tut mir wirklich leid, aber mein Herz gehört Sugawara und-", „-was, Sugawara?!", erschreckt sich die Brünette, ihr Gegenüber nickt, während seine Gedanken nun von Unsicherheit und Zweifel geplagt werden. Hätte er das nicht sagen dürfen? Hätte er es für sich behalten sollen, dass er Sugawara liebt? Aber hat sie denn nicht wenigstens das Recht, zu erfahren, wieso er sie nicht liebt, wem sein Herz stattdessen gehört? „Dann hätte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso keine Chance bei dir gehabt", murmelt das Mädchen und fasst sich an die Stirn, beschämt von sich selbst. Daichi ist sich sehr wohl bewusst, dass seine Gesprächspartnerin damit darauf anspielt, dass er schwul sei, doch so ist es nicht. Er hat sich einfach nur in Sugawara verliebt, das ist alles. Dennoch fühlt er sich zu Mädchen hingezogen. Aber dies dem Mädchen zu erklären, wäre sicherlich zu viel nach dieser erschütternden Nachricht. 

„Na ja, ich wünsche euch beiden viel Glück", fügt sie noch hinzu, ehe sie davon rauscht. Es ist ihr definitiv zu viel gewesen. Erst der Korb und jetzt die Nachricht, dass ihr Schwarm scheinbar auf das eigene Geschlecht steht. Sie weiß gar nicht einzuschätzen, was sie lieber hätte. Zu wissen, dass Daichi ein anderes Mädchen liebt und so zumindest eine Gewissheit, dass sie, ohne diese Liebe, eine Chance bei ihm gehabt hätte. Oder zu wissen, dass Daichi einen Jungen liebt und somit auf grobe Weise herauszufinden, dass es wahrscheinlich nie funktioniert hätte. Egal, welche Situation, beides schmerzt. Somit sperrt sich die Kapitänin des Mädchenvolleyballteams auf die Mädchentoilette der Schule ein und weint all ihren Schmerz heraus. Sicher, sie freut sich für Daichi, aber gleichzeitig wünscht sie sich, an Sugawaras Stelle zu sein. 

Daichi wiederum begibt sich zurück zu seinem Freund und Asahi. Mittlerweile hat sich geklärt, warum dieser immer wieder mal früher, besser gesagt schneller gegangen ist, als die beiden noch nicht zusammen waren. Er wollte ihnen Zweisamkeit und die Möglichkeit geben, dass sie sich aussprechen und einander näher kommen. Dennoch können die beiden nicht richtig glauben, dass ihre Unsicherheiten so offensichtlich zu sein schienen. „Haben denn noch mehr davon mitbekommen?", „Eigentlich das gesamte Team", antwortet die große halbe Portion. „Deswegen meinte Ukai wohl auch, wir sollen klären, was auch immer los wäre", murmelt nun der Kapitän des Teams. Diese Erkenntnis lässt den Zuspieler und den Außenangreifer leicht auflachen. „Wir waren solche Idioten", schmunzelt der Kapitän, der Zuspieler stimmt dem ebenfalls amüsiert zu, Asahi schließt sich an. 

„Wie steht es eigentlich jetzt um Michimiya?", kommt Sugawara auf ein ernstes Thema zurück. „Ich habe ihr gesagt, dass dir schon mein Herz gehört. Sie ist sportlich damit umgegangen, aber wahrscheinlich zerreißt es sie innerlich. Sie akzeptiert es aber irgendwie", antwortet Daichi seufzend. Es tut ihm wirklich leid, dem Mädchen das Herz gebrochen zu haben, aber sein Herz gehört eben Suga und daran wird sich auch nichts so einfach ändern. Sicher, sie wissen nicht, wo ihre Liebe hinführen wird, ob sie überhaupt eine Zukunft hat, aber im Moment ist sie das Schönste, was sie erleben.

Nachdem sie den Clubraum verlassen haben, erreichen sie die Sporthalle, in der es bereits lebhaft zugeht. Kageyama und Hinata, die sich wieder anzicken. Nishinoya, der sein Rolling Thunder übt. Tanaka, der versucht, Kyoko zu erobern. Tsukishima, der von allem genervt ist und Yamaguchi, der sich mit allem so weit abfindet. „Alles wie immer", murmelt Sugawara lächelnd, worauf der Kapitän nickt. Gemeinsam betreten sie die Halle. „Asahi!", hört man auch schon den gut gelaunten Libero des Teams, der auf das Ass zugestürmt kommt. „Hast du ihn gesehen? Meinen beeindruckenden, super duper Rolling Thunder: extreme?!", fragt der Kampfzwerg die große halbe Portion, welche sich ein kleines Lachen nicht verkneifen kann. „Ich werde dir jetzt noch besser den Rücken stärken und das Team unterstützen! Dann schaffen wir es zu den Meisterschaften, werden die besten Japans und ihr Drittklässler könnt nach dieser super Erfahrung glücklich das Team verlassen", spricht das Energiebündel aufgedreht. „Mach mal halblang, wir haben bis dahin noch ein paar Spiele vor uns, die wir überstehen müssen", erwidert Asahi ruhig mit einem sanften Lächeln, bevor Noya auch wieder davon düst.

Unter Tausend KirschblütenWhere stories live. Discover now