Kapitel 51

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Elena:

Meine Augen öffneten sich nur schwer und auch mein Mund ließ sich nicht gerade leicht öffnen. Dennoch ging mein Atem schwer und mein Gesicht glühte. Mein Magen tat furchtbar weh und nahm mir somit jegliche Luft zum Atmen. Ich sah alles verschwommen. Ich konnte jedoch einen Besenstiel erkennen. Ebenso den Schrank, gegen den ich geknallt war. Mein Kopf verlor Blut. Es war kalt und lief langsam meine Schläfe hinab. Schwarze Punkte bildeten sich vor meinen Augen und verblassten dann wieder. Mein Kopf dröhnte und mein Herz raste. Ich schnappte vergeblich nach Luft.

Von außen bekam ich bloß gedämpfte Laute mit. Ein Schluchzen. Ein Weinen. Ein Flehen. Und dann war da wieder nichts. Dieses unendliche nichts.

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Gabriel:

Ich bekam mich einfach nicht mehr ein. Alles wurde zu viel. Die Tränen, die Angst, die Panik. Einfach alles. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte und wollte einfach nicht mehr. Dieses ganze ,Stark sein' brachte doch nichts. Es zerbricht einen doch bloß mehr, als dass es stärkt. Die Angst wuchs über einen langen Zeitraum immer mehr und auch die Trauer blieb nicht lange aus.

Ich hatte so eine Angst davor, sie völlig zu verlieren und somit auch mich. Ich flehte, dass alles wieder gut werden würde. Alles was ich wollte, war sie anzufassen, doch ich traute mich nicht. Zu groß war die Angst, dass ich ihr irgendwas brach. Sie war schon so verletzt. Wegen mir. ,Fuck, sie blutet wegen mir. Ich war Schuld daran, dass sie jetzt vor mir lag.' Ich hatte panische Angst, dass ich sie gerade getötet hatte.

Dieser Raum war gedämmt, weswegen ich alles rauslassen konnte. Ich schrie so laut ich nur konnte meinen Frust heraus und entschuldigte mich im Nachhinein dafür, obwohl keiner da war, der mich hätte hören können.

Nach circa fünfzehn Minuten hatte ich mich beruhigt. Elena lag immer noch reglos da. Ich hatte die Befürchtung, dass sie nicht mehr aufwachen würde. Sofort zog sich mein Herz zusammen und mein Körper glühte. Dann fasste ich einen Entschluss...

Ich musste sie mitnehmen.

Sie musste unbedingt hier weg. Wenn jemand sie finden würde... in diesem Zustand... es wäre einfach nur katastrophal. Ich würde ihr versuchen zu Hause zu helfen. Natürlich in einem Raum, wo sie nicht einfach wieder abhauen konnte.

Ich wartete noch bis ungefähr fünf Minuten nach Unterrichtsbeginn und öffnete dann leise die Tür. Die kahlen Flure waren leer. Als wäre schulfrei.

,,Wie bekomm ich dich hier jetzt weg?", fragte ich Elena, die mir natürlich nicht antwortete. ,Wie auch? Sie macht nen Powernap.', dachte ich. ,Du Wichser. Hör auf so einen trockenen Humor zu haben, wenn die Liebe deines Lebens vor dir krepiert.'

Ich kniete mich grade zu ihr hinunter, da hörte ich ein leises Stöhnen. Dann ein schweres Atmen und kurz darauf ein, nach Luft ringendes, Röcheln. ,,Gott, du lebst.", sagte ich erleichtert und half ihr so auf, dass ihre Atemwege frei waren. Schmerzerfüllt stöhnte sie auf und ließ sich wieder nach hinten fallen. Ich hielt sie fest und zog sie leicht an mich.

,,Ich weiß, es tut weh, aber du schaffst das. Wir schaffen das. Aber nicht hier. Komm mit.", meinte ich und hob sie leicht hoch. Sie gehorchte widerwillig und hielt sich bloß wackelig auf den Beinen. Sofort stützte ich sie und fing an, mit ihr kleine Schritte zu gehen. Nach einiger Zeit kamen wir bei meinem Auto an. Sie stöhnte immer wieder, dass sie es nicht wollte und dass ich sie in Ruhe lassen sollte. Das kam mir jedoch überhaupt nicht in den Sinn. Ich wollte und werde ihr helfen.

Als sie dann endlich angeschnallt im Auto saß, fuhr ich los. Wieder gab ich Gas und wieder rang sie nach Luft. ,,Bald... bald haben wir es geschafft.", versuchte ich sie zu beruhigen. Bei dem Wort ,wir' zuckte sie sichtlich zusammen, was mich irritierte. ,Will sie nicht, dass ich ihr helfe?', ging es mir durch den Kopf. Natürlich wollte sie dies nicht. Immerhin hatte sie Angst vor mir. Ich musste sie leider zu ihrem Glück zwingen. Es blieb mir nichts anderes übrig.

Zu Hause angekommen, nahm ich sie vorsichtig aus dem Auto und half ihr sanft ins Haus. Sie zitterte und taumelte umher. Meine Hand lag unter ihrem Arm. Mit der anderen hielt ich ihren linken Arm um meine Schulter.

,,Bitte...", winselte sie und sah mich flehend an. ,,Was? Was ist los?", fragte ich sie einfühlsam. Sie hingegen schloss nur gequält die Augen und seufzte. ,,Ich will dir nur helfen.", meinte ich und ging mit ihr in Richtung Keller. Dort würde sie wenigstens nicht abhauen können.

Als ich die Tür zu ihrem zukünftigen Zimmer aufstieß, sackte sie zusammen und ging auf die Knie. Ich sah sie entsetzt an, da ich nicht damit gerechnet hatte. Sie sah mich aus verheulten verzweifelten Augen an. ,,Komm schon. Du brauchst Hilfe. Ich kann sie dir geben.", meinte ich. Sie sah mich fragend an. Irgendwas stimmte mit ihr nicht. Sie war komisch... so anders. Ihr Licht in den Augen erlosch und ihr Gesicht wurde weiß.

,,Was hab ich gemacht?", fragte sie traurig. ,Warum fragt sie mich sowas? War sie zu stark gegen den Schrank geknallt oder war meine Faust einfach zu stark?', fragte ich mich, während ich sie zweifelnd ansah. Ich sah jedoch eine Chance... eine Chance, sie von mir abhängig zu machen.

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Elena:

,,Kleines, du hast zwei Schüler umgebracht. Sie hatten Grace zu Boden geschlagen. Du hast ihnen ein Stahlrohr über den Kopf gehauen. Verdammt, sie sind durch den Aufprall auf den Boden gestorben. Ich hab dich sofort weggebracht, weil du einen Nervenzusammenbruch hattest. Ryan hat sich um Grace gekümmert. Im Auto hab ich die Nachricht bekommen, dass es ihr gut geht. Das Schlimme ist, dass du gesehen wurdest. Die Polizei sucht nach dir. Hier bist du in Sicherheit. Deswegen habe ich dich hierher gebracht. Du musst im Keller bleiben, damit die Polizei dich nicht bei mir findet. Den Raum muss ich zusperren.", erklärte Gabriel mir ruhig.

Meine Augen fixierten seine und mein Atem ging schwach. Ich glaubte ihm. Ich musste. Alles hörte sich so echt an. Natürlich half ich Grace, wenn sie in Schwierigkeiten war. Dass ich zwei Menschen getötet hatte war schrecklich. Dennoch fühlte ich diesbezüglich nichts. Keine Reue. Kein Mitleid. Nichts.

,,Wenn ich doch zwei Menschen umgebracht habe... warum hilfst du mir dann? Ich bringe dich doch auch in Schwierigkeiten.", meinte ich verwirrt. Er sah mich aus liebevollen Augen an. ,,Weißt du... wir sind uns verdammt ähnlich. Wir beide haben es im Blut zu töten. Du hast es bisher noch nicht gemerkt, aber auch du willst es. Du brauchst es genauso sehr wie ich. Deswegen habe ich dir geholfen. Weil ich weiß, wie es ist, wenn man Scheiße gebaut hat und niemand einem hilft.", klärte er mich auf. Es klang ziemlich schlüssig. Ich war ihm sehr dankbar für seine Hilfe.

,Er hat recht... wir sind uns tatsächlich ziemlich ähnlich. Ich weiß nicht warum, aber plötzlich habe ich diesen Drang danach, jemanden zu töten. Ich will diesen Kick. Dieses Adrenalin, welches durch mein Blut fließt und meinen Körper zum Beben bringt. Ich brauche es.'

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,,Auch ein trauriges Kapitel schreibt das Ende nicht vom Buch" -Kontra K

So ist es und so wird es immer sein.

Danke, dass ihr mich bis hierhin begleitet habt. Ich freue mich, dass euch mein Buch so sehr gefällt.

Ihr wisst nicht wie sehr ich euch lieb habe.❣

Ich bin dann mal wieder weg.
Bye Bye

Love is what you needWhere stories live. Discover now