Kapitel 13 (Simon)

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TW: ESSSTÖRUNG, SELBSTVERLETZUNG, RÜCKFALL

Ich bin froh, dass wir endlich wieder im Auto sind.
Ich hasse es, wenn so viel Aufmerksamkeit auf mir liegt. Immer habe ich Angst, dass die Leute irgendetwas an mir bemerken, sich über mich lustig machen oder mich beleidigen.
Das habe ich in meiner alten Schule schon oft erlebt und ich möchte auf gar keinen Fall, dass Wille so etwas auch passiert.
Er muss schon mit genug Sachen umgehen, ich will nicht, dass das auch noch dazu kommt.
Er hat sich heute auch schon genug Sorgen um mich gemacht.

Wille hat bemerkt wie wenig ich esse, ich muss wieder angefangen, mehr zu mir zu nehmen, aber in letzter Zeit ist wieder so viel passiert.
Das Video, das Alles mit Wille, die ganze Aufmerksamkeit. Da habe ich einfach das Gefühl, das das Essen das Einzige ist, was ich noch kontrollieren kann. In meinem Kopf geht so viel vor sich, aber ich möchte Wille, auch wenn es mir damit wirklich schlecht geht, nicht belasten.
Ich hatte so Angst, Wille zu verlieren. Dieses Gefühl möchte ich nie, nie wieder haben und ich habe unfassbar Angst das wieder zu tun, wenn er herausfindet, was für ein emotionales Wrack ich bin.

„...mon? Simon? Simon!!!" „Mhm? Ja! Sorry..."
„Hey, alles gut? Du warst gerade komplett weg."
„Ja, alles gut, Wille. Ich bin nur müde. War ziemlich anstrengend heute. Aber ich freue mich, morgen früh mit dir „richtig" Weihnachten zu feiern."
Ich gebe Wille einen langen, herzlichen Kuss und es tut so gut. So unfassbar gut. Er lächelt in Kuss hinein und legt danach seinen Kopf auf meine Schulter.
Berührungen sind einfach unsere Weise, unsere Liebe zueinander auszudrücken und jedesmal ist es unfassbar schön.
Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so etwas für irgendjemanden fühlen könnte, aber Wille hat mir so viel gezeigt, was ich nie wusste. Über mich selbst, über die Liebe, über alles.
Ich genieße die Rest der Fahrt, einfach schweigend neben der Liebe meines Lebens zu sitzen.

Als wir im Schloss angekommen sind fällt mir erstmal auf, wie unpersönlich es ist. Dort hängen keine Bilder von Wille und Erik als Kind, keine Zeichungen oder Malereien, nichts.
Überall stehen nur riesige, schicke, teure Möbel, cx die so aussehen, als würden sie nie genutzt werden.
Aber Willes Zimmer ist persönlich. Dort hängen Bilder von uns, von Freunden und es ist nicht alles so ordentlich und perfekt.
Ich muss duschen. Runterkommen.
„Wille? Ich gehe kurz duschen. Ich liebe dich."
„Ok, ich dich auch."
Er gibt mir einen schnellen Kuss auf die Stirn und ich verschwinde im Bad.
Sobald ich mich unter die Dusche stelle und das warme Wasser meine Haare durchdrängt, über meinen Körper läuft, entspanne ich mich.
Das Wasser tut gut. Ich kann endlich mal wieder über nichts nachdenken. Einen freien Kopf bekommen und runterkommen.
Ich gucke auf meinen linken Arm herab und sehe die geraden, langen, waagerechten Narben.
Ich bin nicht stolz auf sie, aber es war für mich ein Ausweg von der Realität.
Ich konnte mich nur auf den Schmerz konzentrieren und in diesem Moment alles andere vergessen.
Wille hat diese Narben zum Glück noch nie gemerkt, aber ich glaube, er hat auch noch nie nach ihnen „geguckt".

Ich steige aus der Dusche und lege mir ein Handtuch um die Hüften.
Das Bad ist riesig. Es gibt zwei Waschbecken, eine große Badewanne und eine gigantische Dusche.
Auf einem Schrank sehe ich Rasierklingen liegen.
Nein. Ja?
Ich greife eine und zucke zurück. Ich müsste mit Wille reden, aber gerade habe ich das Gefühl, es tun zu müssen.
Ich setze die Klinge an und sobald ich das Blut herausströmen sehe, bereue ich es sofort.
Ich MUSS mit Wille darüber reden. Ich brauche ihn. Ihm sagen, wie es mir geht.
Ich ziehe mir schnell etwas an und stürme sofort aus dem Bad.

„Wille..." Meine Stimme bricht weg, und Tränen strömen im meine Augen.
„Simon?!" Wille kommt auf mich zu und hält mich fest, so, wie er es schon einmal getan hat. Er hebt mich hoch, und legt mich mit ihm auf sein Bett.
„Simon, sag mir was los ist."
„Ich-" Da ich nicht weiß, wie ich es ihm sagen soll, ziehe ich meinen Ärmel hoch und zeige ihm meinen Arm, mit den Narben und der frischen Wunde.
„Simon, nein..." Wahrscheinlich brach ihm das genau so das Herz, wie es damals bei mir war, als ich seine Wunden sah. Mir zerbrach es das Herz, und ich bereue es, ihm die Narben und Wunde gezeigt zu haben. Aber er musste es sehen. Wenn ich es ihm jetzt nicht gezeigt hätte, hätte ich es nie getan.
„Simon, warum...?" „Ich-..." Ich kann das.
„Früher in der Schule... Ich wurde beleidigt, und alles was dazugehört. Dann das Video und als ich dachte, ich hätte dich verloren..."
„Also als ich dir meine Wunden gezeigt habe, hast du selber..."
„Ja." „Deswegen warst du so traurig. Weil du nicht wolltest, dass ich mir so etwas auch antue. Mein Gott Simon, es tut mir so leid."
Er nimmt mich in dem Arm. Fest. Hält mich. Lässt mich nicht los. Und ich weine. Weine so sehr.
Irgendwann spüre ich, dass Wille auch weint.
In diesem Moment kommt alles hoch, was wir je durchmachen mussten. Und jetzr gerade, in diesem Moment, sind es nur wir. Wir die für einander da sind, ganz ohne Worte, aber diese Umarmung bewirkt und sagt mehr als 1000 Worte.

sonne; young royals fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt