▪︎ Kapitel Sechs ▪︎

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,,Was hat das so lange gedauert?" , fragte ich Alice mürrisch nachdem sie so lange brauchte um mir die Tür zu öffnen. ,,Verzeihung. Nathan und ich hatten eine kleine... Meinungsverschiedenheit." Sie blickte hinter sich als Nathan auftauchte. ,,Bonsoir Anaelle" , grüßte er knapp und ging wieder ins Haus.
Ich fragte erst gar nicht und betrat das Haus.

In der Küche half ich Alice beim schälen der Kartoffeln. Heute Abend würden die beiden Gäste empfangen und ich bot meiner Schwester Hilfe an, das Essen vorzubereiten.

,,Jetzt zieh nicht so ein Gesicht Nathan!" , sagte sie als er die Küche betrat. Er ignorierte ihre Worte und holte den Werkzeugkasten aus einer der Regalen ehe er wieder verschwand.

,,Was ist denn los?" , fragte ich ganz verwundert. Alice schüttelte nur den Kopf ,,Nathan ist... " , sie stoppte mit dem Schälen und sah hoch, als würde sie nachdenken müssen. ,,Ist nicht so wichtig Anaelle."

,,Wenn du meinst." kritisch musterte ich sie. Natürlich war ihren Worten kein Glauben zu schenken. Ich merkte, dass sie etwas bedrückte.
Plötzlich fuhr sie auf, als hätte sie einen Geistesblitz. ,,Wir brauchen Eier! Eier für den Kuchen!" Eilig lief sie hinaus
,,Nathan, haben wir noch Eier?!"
,,Ich weiß nicht! Guck in der Kammer nach!" , rief er durchs ganze Haus zurück, während er an der Treppe eine quietschende Diele reparierte.

Alice lief in den Keller wo die Kammer sich befand. Ich schälte ein wenig unwohl die Kartoffeln weiter. Die angespannte Stimmung hier tat mir nicht gut. Dann kam Nathan in die Küche und stellte den Werkzeugkasten ab. Er sah zu mir rüber.

,,Sag mal Anaelle." , begann er und ein ruhiger Ton lag in seiner Stimme. ,,Hast du schon gehört? Die Amis rücken immer näher."
,,Ja klar. Das ist doch gut, dann können die Amerikaner uns helfen." Zufrieden lächelte ich und begann die Kartoffeln in Streifen zu schneiden. Nathan schnalzte mit der Zunge und sah genervt weg ,,Schon... aber wieso braucht Frankreich ein anderes Land um sich von den Deutschen zu befreien!" Aufbrausend lief er um den Tisch, näher zu mir.

In seinen Augen lag ein leuchten. ,,Wir Franzosen sollten uns selbst befreien können! Warum nehmen wir das schon seit 4 langen Jahren hin?! Diese Sauerkraute schlagen sich hier die Bäuche voll und unterdrücken unsere Leute!" Ich nickte eifrig, während er sprach. Natürlich hatte Nathan recht, doch als er eine Suppenkelle in die Hand nahm und sich in eine Heldenpose stellte, konnte ich nicht anders als zu lachen. ,,Wir dürfen keine Furcht zeigen. Wenn wir uns zusammen tun können wir sie vertreiben!" Er schwingte die Kelle umher und traf mich fast.

Doch dann legte sich ein bedrückender Ausdruck auf seinen Gesicht und das Strahlen verblasste. Abwesend schaute er an die Wand. ,,Vorallem nach all den Massakern... wie viele Franzosen ihr Leben schon verloren haben."

Nun war auch mir nicht mehr zum lachen zu mute. Erst heute morgen hatte Papá von einem Massaker in
Boves gehört. Einige Widerstandskämpfer wurden gehängt. Ich nehme an das war der Grund warum Nathan so verstimmt war.

Auf einmal hörte ich ein dumpfes krachen vom oberen Stockwerk. ,,Was war das?"
Genauso wie letztes mal als ich bei Alice war und dumpfe Schritte gehört hatte. Aber diesmal war es eindeutig das es aus dem Haus kam.

,,Wir haben keine Eier!" Alice kam aufgebracht rein. ,,Wie soll ich Kuchen backen ohne Eier?!" Sie stützte sich an einem Stuhl als wäre ihr nicht wohl. ,,Schon gut Schatz. Ich bin mir sicher meine Eltern können auf Kuchen verzichten." , beruhigte Nathan sie. ,,Nein, eben nicht. Es muss alles perfekt sein. Ich will doch das deine Mutter mich endlich Ernst nimmt." , frustriert vergrub Alice ihr Gesicht in ihren Händen.

,,Schon gut" , sagte ich und band die Schürze ab. ,,Ich geh gleich los und hol welche."
,,Um diese Uhrzeit kriegt man nichts mehr Anaelle."
,,Ich wette Nio gibt mir welche." Ich lief aus der Küche und zog meine Schuhe an. ,,Ich hol mein Fahrrad!" , rief mir Nathan aus der Küche zu.

Ein Häufchen Elend Where stories live. Discover now