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Nachdem Max fertig war, meldete sich Nicole als erste wieder zu Wort:

„Du wusstest, dass Julia sich mit jemandem getroffen hatte und hast es der Polizei damals nicht erzählt?"

„Ich wusste es doch nicht sicher. Die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge war bei Julia schließlich ziemlich fließend", verteidigte Max sich.

Mir war aber klar, warum er sein Wissen für sich behalten hatte: Er wollte, dass man Stefan weiterhin verdächtigt, genauso wie Laura, falls sie damals schon etwas wusste und nicht erst seit Kurzem.

„Du und Laura, ihr habt billigend in Kauf genommen, dass Stefan unschuldig ins Gefängnis kommen könnte", kam Nicole zu demselben Schluss wie ich. 

Laura wäre ja vielleicht irgendwann doch noch mit der Sprache herausgerückt, falls Stefan wirklich angeklagt worden wäre, doch Max sicher nicht. Dafür hasste er Stefan einfach zu sehr und es war garantiert eine schöne Vorstellung für ihn gewesen, dass dieser für lange Zeit in den Knast kommen würde.

„Aber er war es!", bestand Max weiterhin auf seiner Meinung. „Woher wusste er denn sonst am nächsten Tag, dass wir ausgerechnet am See nach Julia suchen müssen? Ganz genau, er wusste, dass sie dort hineingestürzt war, weil er sie eigenhändig hineingestoßen hatte!"

Über diesen Punkt hatte ich schon länger nicht mehr nachgedacht und die Frage war durchaus berechtigt. Alle Blicke wanderten wieder zu Stefan, der die ganze Zeit geschwiegen hatte.

„Ich... ich wusste es doch gar nicht! Es war... nur so eine Ahnung. Irgendwo mussten wir doch anfangen zu suchen!", versuchte er, sich herauszureden, doch scheinbar war er sich seiner Worte selbst nicht ganz sicher.

„Wenn Stefan Julia tatsächlich in den See gestoßen hätte, wäre es doch ziemlich dumm von ihm, uns direkt zu ihrer Leiche zu führen", kam ich ihm zu Hilfe. 

Viel klüger wäre es doch gewesen, abzuwarten, bis die Leiche von selbst wieder auftauchte. Oder mit etwas Glück auch überhaupt nicht.

„Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen bekommen. Oder wollte aus irgendeinem anderen kranken Grund, dass man die Leiche findet...", ätzte Max weiter. 

„Sei doch endlich still! Was ist denn mit dem Kerl am Samstag? Was wollte der dann? Das habe ich mir doch nicht ausgedacht, ihr wart doch dabei!" Stefan fuhr mit den Fingern über die Wundnaht an seiner Stirn, wie um sich selbst zu vergewissern, dass er sich das alles nicht nur eingebildet hatte. Dann fixierte er Max. „Wer sagt denn, dass nicht du der Mörder bist?"

„Ja genau!", stimmte Nicole ihm zu. „Der Angreifer am Samstag hättest auch du sein können, Max."

„War ich aber nicht!", entgegnete dieser gereizt, „Ich habe ein Alibi, das habe ich doch den Bullen schon gesagt."

„Ach ja? Und dein Alibi ist sicher deine Tussi?", entgegnete Nicole abschätzig.

„Und wenn schon! Dieser Typ wollte vielleicht was ganz anderes und hat gar nichts mit den Morden zu tun. Und Laura hat Stefan auch erledigt, schließlich hat man ihn mit ihr zusammen kurz vor ihrem Tod gesehen!"

„Ich habe Laura nicht angerührt!", beteuerte Stefan. „Warum hätte ich sie töten sollen, wenn sie vielleicht die einzige war, die wusste, was wirklich passiert ist?"

„Eben deshalb hast du sie doch umgebracht, weil sie wusste, dass du Julia auf dem Gewissen hast!"

Max öffnete wieder die Fahrertür von seinem Wagen. „Und jetzt habe ich weder Zeit noch Lust, mich weiter mit euch abzugeben. Mich interessiert das alles sowieso nicht mehr. Das einzige Bedauerliche ist, dass dieser Typ nicht etwas fester zugeschlagen und dich nicht deiner ach so geliebten Julia hinterhergeschickt hat!", fügte er an Stefan gewandt noch hinzu. 

Die Nacht im MaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt