Silber fanfiction

Krankenhaus

Rückblick zu vier Wochen nach dem Herbstball.

Die Gänge des Krankenhauses waren kahl. Der Linoleum Boden auf dem meine Schritte quietschten war blau mit kleinen gelben Sprenkeln.
Ich hatte weder Henry noch Grayson davon erzählt. Liv sowieso nicht. Sie würden es vermutlich nicht verstehen. Grayson vielleicht schon, aber ich wollte ihn hier nicht mit rein ziehen.
Die Schwester am Thresen lächelte freundlich als ich den Bogen ausfüllte den sie mir mit einem Kugelschreiber zusammen reichte. » Sie sind die Erste. Der Arme bekommt einfach keinen Besuch.«
Ich lächelte etwas gequält zurück.» Das habe ich mir schon gedacht.«
Als ich der Frau den ausgefüllten Boden reichte huschte ihr Blick nur darüber und sie nickte.»hier den Gang entlang ganz runter und dann rechts abbiegen. Das Zimmer ist auf der rechten Seite. Er liegt in der 305.«
Ich nickte und folgte den weißen Pfeilen auf dem Boden.
Als ich zögerlich die Klinke von 305 herunter drückte war ich mir nicht mehr sicher ob es so eine kluge Entscheidung gewesen war.
Ich hätte ihn beinah nicht wieder erkannt. Denn obwohl der nennen wir es einmal Unfall bereits eine ganze Weile her war war Arthurs Kiefer noch immer mit dicken Draht in Position gehalten.
Einige blaue Flecken waren darunter zu erkennen. Aber auch sonst sah er nicht gut aus. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten und seine Haare waren chaotisch und leicht von Schweiß benetzt.
Er lag mit geschlossenen Augen in einem Krankenbett und öffnete sie leicht als ich eintrat.
Als er mich erkannte riss er sie weit auf.
Er schien etwas sagen zu wollen doch es kamen nur einzelne unverständliche Silben aus seinem Mund.
Ich kam auf ihn zu und hielt vor seinem Bett.» Hey Arthur.«
Der schnaubte. » Ich weiß das bedeutet dir nichts aber ich wollte mich für das Geschehene entschuldigen. Liv hatte Angst. Sie war sich bestimmt nicht bewusst wie sehr sie dich verletzt hat.«
Da war ich mir tatsächlich nicht so sicher. Um ehrlich zu sein tendierte ich sogar eher dazu zu glauben das sie sehr genau gewusst hatte das sie ihm den Kiefer brach. Und es war ihr egal gewesen. Natürlich wollte sie in dem Moment nur Annabelle retten, entschuldigen hätte sie sich dennoch können. Arthur brachte ein Geräusch zustande das entfernt an ein Lachen erinnerte. Er griff nach einem Block auf einem der rollwägen neben dem Bett und begann mit einem kulli darauf zu schreiben. Seine Bewegungen waren aggressiv als wollte er das Blatt durchreißen.
Als er mir das Blatt reichte war es schwer die Worte zu entziffern.
» Sie hat mir den verdammten Kiefer gebrochen! Und weder Grayson noch Henry haben Mitleid. Sie hat sie mir genommen!«
Ich gab ihm das Blatt zurück. » Sicher das es Livs schuld ist? Du bist der der sie manipuliert hat.«
Arthur kniff seine Augen zusammen. Langsam und etwas undeutlich sagte er.» Sie hätten mich ohne sie niemals verlassen.« Man sah dass er schmerzen hatte während er das sagte.
Und während ich ihn so betrachtete begriff ich. Arthur war der Verstoßene. Er hatte niemals damit gerechnet nicht der Mittelpunkt der Gruppe zu sein. Warum auch? Sie waren immer zusammen gewesen. Unzertrennlich.
Er hatte nicht geahnt das seine Taten folgen haben würden.
Und da es zu schwer wäre sich einzugestehen das seine Freunde es waren die ihn verließen, musste das Mädchen als Sündenbock hinhalten das ihn ohnehin schon verletzt hatte.
Liv wurde sein Feindbild.
Arthur musste die Veränderung meines Blickes bemerkt haben denn er begann wieder etwas auf den Blick zu schreiben. Als er fertig war drückte er es mir in die Hand. Der Zettel war leicht zerknittert aber ich konnte es lesen.
» Darum bist du hier?? Damit du mich bemitleiden kannst? Ich kann gut darauf verzichten.«
Ich faltete den Zettel und warf ihn in den Mülleimer neben seinem Bett indem bereits einige beschriebene und zerknüllte Exemplare lagen. Dann wandte ich mich zurück zu Arthur. Seine blauen Augen funkelten wütend.
» Ich weiß das du mein Mitleid nicht möchtest, aber es ist alles was du bekommst. Ich weiß das tut weh aber ich bin die einzige die kommen wollte. Und das ist nicht livs schuld. Du bist 17 Arthur, es wird Zeit Verantwortung für deine Taten zu übernehmen.«
Ich begann in meiner Tasche zu kramen die ich um die Schulter hängen hatte. Arthur beobachtete es gleichermaßen wütend und verwirrt.
Ich förderte eine Flasche zutage und stellte sie auf einem der Rollwagen ab.
» Grayson hat mal erzählt das ihr die immer als Kinder getrunken habt. Ich dachte das ist ein besseres Geschenk als etwas was du kauen musst.«
Arthur griff zögerlich danach. Er strich sanft über das Etikett. Es war eine Kirschlimonade. Ich hatte selbst eine probiert. Sie war viel zu süß und schmeckt nicht besonders nach echter Kirsche doch die Jungs hatten sie geliebt. Selbst Henry hatte das bestätigt. Ich hatte gehofft damit Arthurs Gefühle zu wecken. Und scheinbar funktionierte es. Melancholie lag in den bis eben noch wütend zusammen gekniffenen Augen. Doch als er bemerkte das ich noch im Raum war stellte er sie wieder ab und sah auf.
Er sammelte sich einen Moment bevor er sprechen konnte.» Eine Limonade soll also Wochen lang schmerzen aufwiegen? Süß«
Langsam ließ mein Mitleid nach und die Wut brach durch. Wie konnte ein einzelner Mensch so überheblich sein.
» Ich glaube du hast mich nicht ganz verstanden. Du bist der letzte der Ansprüche stellen darf. Du wurdest raus geschmissen Arthur. Und egal wie sehr du liv und mich hasst- obwohl nein- genau deswegen wirst du nie wieder das haben was du früher hattest. Mit Grayson und Henry, sie haben sich gegen dich entschieden. Akzeptier das. Und egal wie sehr du mich verachtest und egal wie wenig du das hier willst es wird alles bleiben was du bekommst. Ich gehe jetzt, ich hoffe aufrichtig das es dir bald besser geht und ich wünsche dir das du nicht so verbittert bist wie du wirkst. Schönen Tag Arthur Hamilton und herzlich willkommen auf dem Boden der Tatsachen.«
Kurz überlegte ich seine Hand zu drücken doch weder ich noch er schienen so als würden wir es genießen also ließ es bleiben und lief einfach wortlos zur Tür die in den sterilen Korridor der Klinik führte.
Ein letzter Blick zurück zeigte Arthur der mit geballten Fäusten und hoch aufgerichtet auf der Matratze saß.
Ich hatte absolut nichts erreicht. Das hätte ich mir denken können.