KAPITEL 2

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ROSE

Ich fühlte mich mehr als unwohl, was nicht nur an meiner Situation lag. Eher daran, weil mich jeder anschaute. Es war, als wäre ich eine Außerirdische. Zumindest betrachteten mich so die bewaffneten Männer, die so schienen, als würden sie nur auf Gegenwehr meinerseits warten. Doch die schlimmsten Blicke, die unentwegt auf mir hafteten, waren die von Ricardo und seinem älteren Bruder. Während Ricardo mich triumphierend und stolz betrachtete und sicherlich noch nicht fassen konnte, dass er mich gefasst hatte, schaute mich sein Bruder eher so an, als wäre er verwundert über meine Anwesenheit.

"Ich nehm' die kleine Ausreißerin mit zu mir in den Wagen.", entschied Ricardo auf italienisch, als er mich bereits an meinem Oberarm packte und in Richtung eines schwarzen Transporters ziehen wollte. "Immerhin habe ich sie gefunden. Also passe ich auch auf sie auf, nicht wahr?", dabei schaute er mich mit einem dümmlichen Grinsen von der Seite an, das ich ihm nur zu gerne aus der Visage geschlagen hätte. Als ich mir jedoch gerade ein Blickduell mit Ricardo lieferte und ihn beinahe mit meinem finsteren Blick umbrachte, zog mich eine andere Hand nach hinten.

"Vergiss es.", erklang die strenge Stimme von meinem größten Alptraum, der mich zurück zu sich gerissen hatte. "Du hast sie zwar gefunden, aber in einem Transporter ist sie viel zu schwer zu bewachen.", plötzlich huschten seine Augen zu mir, was mein Atem schwer werden ließ. Irgendwie hatte dieser Mann eine so unfassbar einschüchternde Aura um sich herum, dass ich es selbst kaum fassen konnte, wie ich ihm im Haus die Stirn bieten konnte. "Noch einmal wird sie nicht abhauen."

Seine feste Stimme, die fast schon zornig klang ließ meine Haare zu Berge stehen. Ich konnte bereits das leichte Zittern meiner Gliedmaßen spüren, die ich vehement versuchte anzuspannen, damit es niemand sehen konnte. Ich hätte gern etwas gesagt, doch konnte deutlich in meinem staubtrockenen Hals spüren, dass ich nicht einmal ein Wort hätte sagen können, ohne, dass meine Stimme wieder den Geist aufgegeben hätte. Nachdem man keine Gegenwehr von Ricardo mehr feststellen konnte, nahm sich sein älterer Bruder das Recht heraus, mich zu einem grauen Wagen zu ziehen, der ein eher dezenteres Auftreten an den Tag legte, als der Transporter, mit dem Ricardo hier hergefahren war.

Jeder Schritt, den ich auf dieses Fahrzeug machte, fühlte sich an, als würde ich zusätzlich tonnenschwere Steine an meinen Beinen befestigt haben. Dazu kam das starke Gefühl in meiner Magengrube, das in mir immer mehr das Verlangen weckte, mich zu übergeben. Erst jetzt machte sich die Müdigkeit bei mir bemerkbar, was es mir nur noch schwerer machte, die ganze Tortur hier gefasst zu überstehen. Um ehrlich zu sein wäre ich lieber zurück in das Haus gerannt und hätte mich in den Armen meiner Großmutter ausgeweint. Doch sobald das Monster neben mir die Wagentüre für mich öffnete, wusste ich, dass es kein zurück mehr geben würde. Falls ich es noch nicht vorhin richtig begriffen hatte, habe ich es wenigstens dann, als ich das warme Leder unter mir zu spüren bekam.

Ein lauter Knall neben mir zeigte mir, dass er die Türe zugemacht hatte. Augenblicklich drang mir ein starker Männergeruch in die Nase, der von dem Mann kam, der nur wenige Sekunden nach mir neben mir einstieg. Ich schaute nicht ihn an, sondern den Mann auf dem Fahrersitz, der konzentriert nach vorne auf die Straße starrte. Schon von hier hinten aus konnte ich erkennen, dass es ein etwas pummeliger Mann war, der hinter dem Steuer saß. Kaum war die Türe zugeknallt, wurde der Schlüssel im Zündschloss umgedreht und der Wagen sprang an. Noch ein letztes Mal schaute ich durch die getönte Fensterscheibe auf das Haus, in dem ich mich so lange Jahre erfolgreich verstecken konnte. Es war umgeben von einem riesigen Zaun, durch den man kaum durchsehen konnte. Von außen sah es aus wie ein Festung, doch von drinnen wie ein gemütliches und friedvolles Zuhause. Ein Zuhause, in dem ich zuvor nie gelebt hatte. Die Reifen setzten sich in Bewegung und wir fuhren vor den Transporter, in den die ganzen Wachmänner hinten eingestiegen sein mussten.

Your Devil Where stories live. Discover now