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In der Mitte des Kreises platzierte Tyler die leere Wodkaflasche und fing an sie zu drehen. Wir alle blickten gespannt auf den Flaschenhals und ich musste zugeben, dass der Alkohol definitiv schon seine Wirkung zeigte. Etwas schummrig war mir schon, sollte mich aber nicht wundern, wenn ich ja nie etwas trank. Sehr ungewohnt, hatte irgendwie auch was Befreiendes. Nicht mal einen Augenblick später hatte sich die Flasche verlangsamt und blieb auf Eddie stehen, einem der Sportler aus dem Nebenzimmer.

"Pflicht", posaunte er.

"Oh, ich weiß was - machen wir das überhaupt so?", fragte Amanda und giggelte.

"Was denn?", fragten die anderen.

"Achso ja, - Eddie zieh dein T-Shirt aus... wenn du dich traust!", verlangte sie ohne Umschweife. Verdammt, warum war ich noch hier? Das eskalierte viel zu schnell. Zwar war es zu erwarten, doch Eddie zog sich aus, stülpte sich den Stoff über den Kopf und brachte die Mädchen zum Jubeln. Zugegeben, mich auch, aber nur innerlich. Eddie war wirklich sehr attraktiv mit seiner trainierten Brust und dem Sixpack, das wohl oder übel vom Fußballspielen stammte. Es war schon schwierig ihn nicht zu sehr anzustarren.

"Du musst drehen", forderte Justin ihn auf.

"Richtig", reagierte er und gab der Flasche einen Stupser. Sie landete wieder auf ihm.

"Nochmal", sagte Justin. Also drehte er nochmal und sie landete auf Justin.

"Jo, du hast es beschworen!", sagte einer der Jungs fasziniert.

"Pflicht", waren Justins Worte.

"Wir wollen hier ja alle einschließen, mhm, wie wär's damit?", überlegte Eddie laut und flüsterte kurz darauf mit seinen Freundinnen. Was gab es da zu bereden?

"Küss Henry", forderten sie Justin auf. FUCK. War das ihr scheiß Ernst? Justin schüttelte den Kopf leicht, was mich beruhigte, da er sich somit meine Worte auf der Weide zu Herzen genommen hatte.

"Na komm, ist doch nichts dabei!", ermutigte ihn Amanda jetzt auch noch. Na toll.

"Ist das nicht ganz schön schwul?", fragte einer der Fußballspieler.

"Klappe!", unterbrachen alle das Gespräch im Choir.

Verlegen schaute ich zu Justin. War ja nicht so, dass das jetzt unser erster Kuss war. Immerhin könnte ich mich jetzt revanchieren. Meine Gedanken sprachen wohl für sich, als er mir näher kam. Dieses Mal ergriff ich aber die Initiative und drückte meine Lippen gegen ihn. Sie waren ziemlich weich, das hatte ich auf der Weide gar nicht richtig gemerkt.

"Ihr geht ja richtig ran!", lachte Eddie erschrocken. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Justin es durchzog. Oder ich. Gestern hätte ich das wahrscheinlich selbst nicht von mir erwartet, aber heute war einfach alles anders. Wir lösten uns wieder und lächelten. Diesmal schien es Justin wohl gefallen zu haben. Somit hob er die Flasche leicht an und drehte sie in die entgegengesetzte Richtung. Sie landete auf Nicholas.

"Wahrheit", reagierte er blitzschnell.

"Du Langweiler!", beklagten sich die Mädchen, was ihn genervt aufstöhnen ließ.

"Gibt es hier jemanden, den du magst? In unserer Klasse mein ich", fragte Justin nach kurzer Überlegung in einem neugierigen Ton. Ich blickte gespannt zu Cole, der ein kleines Stück nach hinten rutschte und sich aufrichtete. Irgendwie schien es als überlegte er, etwas zu sagen, doch stattdessen griff er nur nach dem Alkohol und trank einen Shot.

"Oho, wie geheimnisvoll!", tuschelten die Mädchen und grinsten dämlich. In der Tat, das machte mich schon fast wütend, warum war er immer so verschlossen? Kurze Zeit später hatte er die Flasche bereits gedreht und sie zeigte wieder auf ihn.

"Nochmal", sagte Justin.

"Quatsch, die zeigt doch auf Henry!", mischte sich Amanda ein. Warum tat sie mir das nur an? Was sollte ich sagen? Wahrheit oder Pflicht? Dass ich Justin küssen musste, war schlimm genug, was wenn Cole mich dazu zwang etwas noch Schlimmeres zu machen - konnte ich nicht riskieren.

"Wahrheit", antwortete ich nach kurzer Zeit und schaute zu Cole.

"Als wir in der Innenstadt waren, hast du gesagt, dass es jemanden gibt, den du magst - jemanden, den wir nicht kennen. Ist das wahr?", fragte er mich entschlossen. Lag ihm das schon die ganze Zeit auf der Zunge? Verdammt, was sollte ich denn jetzt antworten?

"Nein, ist es nicht", sagte ich einfach. Immerhin war das die Wahrheit.

"Warum hast du dann gelogen?", schoss er hinterher. Erschrocken blickte ich zu den anderen, normalerweise funktionierte das Spiel so nicht, man bekam nur eine Frage gestellt, auf die man antworten sollte. Was war das denn für eine arschige Frage?

"Eh -", keuchte ich aus. Was sollte ich denn antworten? Da hatte ich eine zündende Idee.

"I- Ich bin gleich wieder da, muss mal auf Klo", log ich.

Nur so konnte ich dieser Frage entkommen, war zwar richtig awkward, aber es funktionierte. Blitzschnell war ich aufgesprungen und öffnete die Tür, an die gerade unser Sportlehrer klopfen wollte. Ah fuck!

Nervös mit dir [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt