3: Träume

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POV. Giichi

Letztendlich konnte ich Sae und Masami wohl den Gefallen erweisen, ebenfalls beim Schwimm-Club teilzunehmen.
Und das alles, weil mir keine bessere Ausrede eingefallen war, um mit Shinju Kato zu reden.
Frustriert kickte ich eine leere Bierdose gegen den Reifen eines Autos, das beinahe komplett auf dem Bürgersteig parkte und so ein Hindernis zwischen mir und meinem Haus war. Ich drängte mich vorbei und sah kurz darauf das klotzartige, weiße Gebäude der Sekirei. Ein paar Mädchen mit der schrecklichen beigen Schuluniform kamen aus der Schule und unterhielten sich kichernd.
Sogar nach fünf Jahren konnte ich mich nur an eine Person erinnern, der diese Uniform irgendwie gestanden hatte und die war Shinju gewesen.
Ich seufzte und löste meinen Blick von den Mädchen, ehe ich meinen Weg fortsetzte.
Mich in meinen Jugendschwarm zu vergucken war in meiner aktuellen Position keine gute Idee gewesen.
Vielleicht warst du einfach nur zu überrascht sie zu sehen...
Das war es zumindest, was ich mir den Rest des Tages mehr oder minder erfolgreich einzureden versuchte.

Vor unserer Haustür kramte ich nach meinem Schlüssel und öffnete. Stolpernd kam ich ins Innere und schmiss meine Sachen auf dem Boden.
«Giichi?! Bist du das?»
Tatsuja, meine Schwester, kam die Treppe runter und blickte verschlafen in den Flur.
Sie arbeitete seit ein paar Wochen, als Auszubildende in einer Polizeidirektion in unserer Nähe. Nachtschicht.
Ich streifte meine Schuhe ab und ging auf sie zu.
«Ja. Der Schultag war heute ein wenig kürzer...»
«Ah.» brummte sie und drehte sich wieder um, «Ich gehe dann wieder hoch. Du machst heute Essen, oder? Mama kommt erst übermorgen von ihrer Geschäftsreise wieder.»
«Natürlich...»
Ich wollte schon in Richtung Küche steuern, da drehte ich mich noch einmal um. «Sag mal, erinnerst du dich noch an die Kato-Schwestern? Mit der Älteren warst du doch in einem Jahrgang.»

Tatsuja hielt in ihrer Bewegung inne und drehte sich wieder zu mir.
Irgendwie schien ihre Müdigkeit plötzlich, wie weggeblasen und stattdessen schlich sich ein unfassbar breites Grinsen auf ihr Gesicht.
«Du wirst es nicht glauben, aber Kasumi Kato habe ich noch vor wenigen Stunden getroffen.»
Überrascht riss ich die Augen auf, während sie sich auf dem Geländer abstützte und vielsagend zu mir runter sah.
«Kasumi arbeitet als Praktikantin bei uns und wir haben uns ein wenig unterhalten.»
Ab da vertiefte sich ihr Grinsen, «Kann es sein, dass du ihre kleine Schwester gesehen hast? Du mochtest sie früher doch recht gerne.»

Manchmal verfluchte ich diese blöden Zufälle, die meisten zum Vorteil meiner Schwester waren. Ich verdrehte die Augen und wand mich von ihr ab.
«Könnte sein, aber keine Sorge, ich wollte nur wissen, ob du mehr über die beiden weißt und da du das anscheinend tust, kann ich mich bei Fragen diesbezüglich gerne an dich wenden.»
«Mit Fragen über Shinju?» konterte sie und lachte, als ich mit einem Kochlöffel bewaffnet in ihre Richtung rannte.
«Hey!! Du hast angefangen!» protestierte sie und hetzte die Treppe hoch.
Das stimmt und ich werde es mein Leben lang bereuen...
«Ich werde jetzt anfangen zu kochen!» rief ich ihr noch nach, ehe ich mich in die Küche begab.

———————

Vollkommen erschöpft schmiss ich mich auf mein Bett und tastete nach meinem Handy auf dem Nachttisch.
Drei Nachrichten blinkten auf dem Display.
Die erste war von meinem Vater, der wissen wollte, wann ich das nächste mal bei ihm sein würde.
Unsere Eltern hatten sich vor vier Jahren getrennt, oder besser „auseinandergelebt", denn rechtlich waren sie immer noch verheiratet.
Unsere Mutter arbeitete in der Verwaltung der Polizei, einer der Gründe warum Tatsuja unbedingt dort ihre Ausbildung machen wollte.
Ich antwortete Papa nicht sofort und sah mir die restlichen Nachrichten an. Sie waren beide von Sae.

„Masami hat gesagt du hast dich jetzt doch im Schwimm-Club eingetragen!! Stimmt das?" - Sae, 14:30 Uhr

„Bist du tot?" - Sae, 20:04 Uhr

Genervt verdrehte ich die Augen und tippte eine schnelle Antwort.

„Nein." - Giichi, 22:14 Uhr

Ich legte das Handy zur Seite und rollte mich auf den Rücken. Der erste Schultag war immer der Anstrengste. Das Letzte, was ich noch hörte war das leise „Pling" von meinem Handy.
Hm... Sae ist schnell...
Es dauerte nicht lange, da war ich schon in einem tiefen Schlaf gefallen.

***

Blinzelnd schlug ich die Augen auf und blickte mich überrascht um. Ein Windhauch pfiff kaum merklich um mich herum und meine Beine trugen mich, wie von selbst durch Schnee in eine Straße, auf der reger Betrieb herrschte.
„Keine Autos..." dachte ich, während ich kurz inne hielt und meinen Blick schweifen lies.
So wie es aussah, diese hölzernen Häuser und die Kleidung könnte es durchaus eine Szene aus der Vergangenheit sein.
Sehe ich auch so aus?
Ich versuchte meinen Kopf zu drehen, um an mir runter zu blicken, doch egal wie sehr ich es versuchte, nichts dergleichen führte ich aus.
Stattdessen ging ich weiter, den Blick fest auf einen Stand gerichtet, der nur durch Papierfahnen von der Straße und den Gesprächen der Leute abgeschirmt war. Ich hob eine Hand, um eine der Papierfahnen zur Seite zu schieben und erhaschte einen Blick auf meinen Haori.
Was für ein merkwürdiges Muster...
Noch merkwürdiger fand ich jedoch die Tatsache, dass ich überhaupt so einen Haori trug, denn dieser war eigentlich speziellen Festen vorbehalten und auch wenn viel los war, nach einem Fest sah das Ganze nicht aus. Wenn ich das also ausschließen konnte blieb nur noch die Möglichkeit, die ich von Anfang an im Kopf hatte.
Es muss die Vergangenheit sein!

Ich, oder mein Körper, waren mittlerweile hinter dem Papier abgetaucht. Hinter einem Tresen stand ein freundlich lächelnder, älterer Mann und rührte in einem Topf. Mein Blick war jedoch fest auf die Barhocker vor dem Tresen geheftet. Mit einem leisen Seufzen ließ ich mich nieder.
«Na junger Mann! Darf ich Ihnen etwas bringen?» fragte der Alte und ich hob meinen Blick wieder.
«Daikon.» sagte ich dann knapp und schwieg.
«Kommt sofort!»
Und damit machte er sich geschickt daran Daikon zu zerteilen und summte fröhlich vor sich hin.

«Hallo Tomioka-san!! Du bist ja schon da!»
Ich und mein Körper zucken gleichermaßen erschrocken zusammen, doch mein Körper schien bereits zu wissen wer diese Person war und machte sich keine Mühe den Kopf in ihre Richtung zu wenden.
Diese Stimme...
Sie kam mir irgendwie vertraut vor. Natürlich konnte es auch daran liegen, dass mein Körper diese Person kannte, aber dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass auch ich sie kennen musste.
Nur wer?
«Hallo.» erwiderte mein Körper.
Es war schon erstaunlich wie ähnlich sich sogar unsere Stimmen anhörten. Der einzige Unterschied war wohl nur, dass er nicht in ganzen Sätzen reden konnte.
«Hast du etwa schon bestellt?! Das ist aber nicht gerade höflich, Tomioka-san.»
Mein Körper verzog das Gesicht, während sich der alte Koch nun an meine Begleitung wandte.
«Und was möchten Sie haben?»
«Oh! Ich nehme die Ramen.»
«Sofort.»
Nach Minuten des Schweigens bekam meine Begleitung ihr Essen vor mir und schlürfte genüsslich an ihren Nudeln. Von der Seite blickte sie mich neugierig an.
«Du hast dich verändert, Tomioka-san. Weißt du, du warst vorher immer so kalt... ich weiß nich genau, wie ich es anders beschreiben soll...»
«Kalt?»
Jetzt drehte sich der Kopf meines Körpers und sah die Frau missbilligend an.
Ich hingegen erstarrte.
Kein Wunder, dass mir ihre Stimme so bekannt vorkam. Vor mir saß niemand geringeres, als Shinju mit einem verhaltenem Lächeln.

***

Mit einem Ruck riss ich die Augen auf und saß sofort kerzengerade in meinem Bett.
Was war das?! Ein Traum?
Für einen Traum schien das ganze Geschehen aber ziemlich real gewesen zu sein, vor allem da ich mich noch an alles haarklein erinnern konnte.
Was passiert hier?



Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich bei dieser Geschichte etwas länger brauche, denn ich habe gerade ein unfassbar blöde Schreibblockade...
Aber ich werde dennoch versuchen zumindest einmal in der Woche ein Kapitel fertigzustellen.

Vielen Dank fürs Lesen!!

Giichi und Shinju - GiyuShino Where stories live. Discover now