Was ist los Marco?

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POV: Jule

Marco und ich saßen noch eine Weile still auf der Bank bis wir uns dazu entschlossen haben nach Hause zu gehen. Nochmal zu Kai zu gehen würde nichts bringen und morgen ist Training beim BVB. Ich würde morgen wieder hingehen. Die Zeit beim DFB ist nach der Gruppenphase für Deutschland vorbei gewesen, da sich die ganze Mannschaft nicht mehr richtig fokussieren konnte, aufgrund was mit Kai passiert ist. Also sind wir alle wieder in den normalen Alltag zurückgekehrt. Außer ich, aber ich werde morgen wieder trainieren. Ich brauche das jetzt einfach. Terzic verstand meine Situation, warum ich die letzten Male nicht gekommen war und freut sich mich wieder im Training begrüßen zu dürfen.

Der nächste Tag hat begonnen und ich saß gerade mit Marco am Frühstückstisch und aß mein belegtes Brötchen. Marco hingegen, trank nur ein Wasser und aß nichts.

„Hey Marco, alles Okay? Warum isst du nichts?"

„Hab irgendwie keinen Hunger".

„Vor ein paar Tagen haben Mats und du mir erzählt, warum ich unbedingt was essen muss, also musst du auch etwas essen".

„Ich weiß. Aber das was gestern passiert ist. Ich. Es.".

„Marco ich weiß. Mir geht es nicht besser, aber wir haben bald Training. Du weißt wie wichtig es ist, vor Leistungssport was richtiges zu essen".

„Ja. Vielleicht bringe ich ja ein Brot hinunter".

Ich lächelte und reichte ihm den Brotkorb. Es bestrich das Brot und aß es. Schließlich nahm er sich noch ein zweites. Uns nahm das extrem mit. Vor allem, nachdem was er gesagt hat. Es verletzte mich immer wieder, wenn seine Worte sich immer wieder in meinem Kopf abspielen.

Er wollte sterben, er will nicht leben. Am liebsten wäre er nie wieder aufgewacht. Ich verstehe es einfach nicht. Und vor allem verstehe ich ihn nicht mehr. Wir waren immer so eng miteinander, aber ich habe nicht bemerkt wie schlecht es ihm ging, und er hat nie ein einziges Wort darüber verloren, wie es in ihm drinnen aussieht.

„Hey, wir müssen langsam los Jule".

Ich schüttelte kurz meinen Kopf und die Gedanken loszuwerden.

„Ja, ich gehe noch schnell ins Bad und dann können wir los".

Nachdem ich meine Sachen geholt habe, fuhren Marco und ich los.

Am Trainingsgelände angekommen, begrüßten mich schon die ersten und auch mein Trainer begrüßte mich freundlich.

„Heyo Leuteeeee! Jule ist wieder da!", rief Mats freudig.

Alle Köpfe in der Kabine schossen zu mir und schneller als ich ‚Fußball' hätte sagen können, war ich inmitten einer riesigen Gruppenumarmung gefangen. Es war ein sehr schönes Gefühl wieder hier zu sein.

„Ich freue mich ja auch, aber die Luft hier drinnen wird langsam knapp".

Dann wurde ich endlich losgelassen und umarmte jeden noch einmal extra.

Im Training konnte ich gut abschalten. Es machte mir Spaß endlich wieder einen Ball an meinen Füßen zu spüren. Nach der Einheit war ich zwar ziemlich kaputt, weil ich jetzt länger keinen Sport mehr gemacht habe, aber das würde schon wieder werden.

„War ein gutes Training oder?", fragte mich Marco, als wir wieder zuhause angekommen waren.

„Ja, ich fand es schön und es tat mir gut". Ich lächelte.

Marco erwiderte das Lachen und zog mich in eine Umarmung. Etwas überrumpelt stand ich zuerst nur da, bis ich die Umarmung schließlich erwiderte.

Er drückte mich etwas von sich um mir in die Augen zu schauen. Ich schaute in seine und erkannte Tränen. Was war denn jetzt los?

„Marco? Ist alles Okay? Du weinst".

Als ich das gesagt habe wischte er sich über die Augen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass er Tränen verlor.

Ich sah ihn besorgt an.

„Was ist los Marco?"

Er atmete tief ein und aus.

„Jule i-ich hatte so Angst um dich".

Jetzt war ich noch mehr verwirrt, als sowieso schon.

„Warum?"

„Warum? Du fragst mich wirklich warum ich Angst um dich hatte? Du hast dich abgekapselt von uns, deinen Freunden. Du hast nichts mehr gegessen oder getrunken. Du hast fast nicht geschlafen. Jule, du sahst so schlecht aus, wie Mats und ich vorbeigekommen waren, ich hatte einfach Angst, dass du dir vielleicht auch was antun wolltest".

Nun brach er ganz in Tränen aus. Seine Füße verloren den Halt und bevor er am Boden aufkam, fing ich ihn auf und zog ihn in eine Umarmung.

„Hey Marco. Es tut mir so unendlich leid, dass ich dir und vermutlich den anderen so eine Angst bereitet habe, aber bitte glaub mir, wenn ich dir jetzt sage, dass ich nie vorgehabt habe, mir etwas anzutun".

Ich strich im beruhigend über den Rücken, so wie er es bei mir schon so oft getan hatte.

„Ich hätte das einfach nicht verkraftet, wenn noch einer von meinen Freunden sich etwas angetan hätte".

„Ich verstehe dich Marco. Komm setzten wir uns auf die Couch, damit du dich etwas beruhigen kannst".

Gesagt, getan. Wir nahmen auf meinem Sofa Platz. Er legte sich hin und ich setzte mich neben ihn. Nicht lange danach war er auch schon eingeschlafen. Ich machte mir Vorwürfe. Dass Marco so etwas dachte, tat mir leid. Ich wollte das nie. Ich dachte immer nur an mich, aber nie daran, wie es Marco dabei gehen musste. Kai ist auch sein Freund, er hatte es zwar nicht Vorort mitbekommen, doch ich hatte ihn einmal reden hören, dass er das Video im Internet gesehen hatte. Er war derjenige, der sofort bei mir war, als Kai sich umbringen wollte. Er war derjenige, der mich in den Arm genommen hatte und für mich gesorgt hatte. Er war derjenige, der mich dazu überredet hatte, dass ich mir helfen lassen sollte von den Pflegern. Er musste das alles mit ansehen, mit Kai und mit mir. Er musste sich unglaubliche Sorgen um mich gemacht haben, als ich auf keine Nachricht von ihm oder von jemand anderem reagiert habe. Schließlich war er es, der hiergeblieben war, und mir geholfen hatte, natürlich war Mats auch da, und ich bin ihm auch so extrem dankbar, aber Marco war derjenige, der mich immer wieder beruhigte und mir gut zuredete und ich wäre nie auf die Idee gekommen ihn zu fragen, wie es ihm geht. Hätte er heute nicht angefangen zu weinen, hätte er das vermutlich noch mehr in sich hineingefressen. Es tut mir so unfassbar leid. Ich musste unbedingt mit ihm, aber auch mit Kai reden. Aber heute wäre es besser, einfach nur noch zu schlafen. Ich trug Marco hoch in mein Gästezimmer, was sich als etwas schwieriger herausstellte, als gedacht, da meine Kräfte noch nicht ganz zurück sind. Schließlich hatte ich es doch geschafft, ihn sanft ins Bett zu legen, ohne dass er wach wurde. Ich zog ihm noch sein Oberteil aus und deckte ihn dann zu.

Ich legte mich schließlich in mein eigenes Bett und schlief sofort ein.

Kai am Limit (Kai Havertz und Jule Brandt ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt