24. Hungrig

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Tani und Vogo glaubten sich allein und fingen an, sich zu küssen. Der angewiderte Simon stieg aus dem Wasser. Das Schwimmen hatte ihn hungrig gemacht. Er durchsuchte die Küchenschränke und fand die Kekse aus dem Supermarkt. Er hatte sich nur eine Packung aussuchen dürfen, und eigentlich sollte sie ihm für eine ganze Woche reichen. Na ja, dann gab es immer noch Gummiwürfel. Er riss die Packung auf und alle Kekse verteilten sich auf dem Boden, was Debilon auf den Plan rief. Er sprang aus dem Wasser, schüttelte sein nasses Fell und stürzte sich auf die Kekse.
„Nein, Teufelchen, das sind meine! Hunde vertragen keine Schokolade!" Den ersten hatte er schon heruntergeschlungen, der zweite folgte sogleich. Simon konnte die Kekse gar nicht so schnell einsammeln, wie sie in seinem Bauch landeten. Debilon fraß alles, was auf den Boden fiel – bevorzugt Fleisch, aber auch Gemüse und Desserts, wenn er hungrig war. Eines hatte er mit Simon gemeinsam: Er konnte immer essen.
Am Ende hatte Simon noch fünf von zehn Keksen in der Hand. Debilon sprang an ihm mit gierigem Blick hoch.
„Böser Hund! Aus! Meine!" Er sprang auf den Stuhl und kletterte auf den Esstisch, wo er sich dem Verspeisen der Kekse widmete. Eigentlich wollte er sie genießen. Jetzt musste er sie retten. Einen hatte er gegessen, da hatte der Hund es irgendwie auf den Stuhl geschafft und hüpfte zu ihm auf den Tisch. Simon hatte ihn bisher für ein Raubtier gehalten. Nun kämpfte er auch wie ein Raubtier um fleischlose Nahrung. Hunde waren manchmal ganz schön verrückt.

Tani hatte die Geräusche gehört und war ihnen gefolgt:
„Was ist hier los? Woher kommen die Krümel? Und wieso sitzt ihr auf dem Tisch?" Simon bemerkte, dass er getadelt wurde, und zeigte auf Debilon:
„Er war's!"
„Und du glaubst, er hat ganz allein die Küchenschränke geöffnet und die Packung aufgerissen?" Sie hievte Simon vom Tisch.
„Hey! Wieso werde ich jetzt bestraft?" Dann entriss sie ihm alle Kekse. „Das ist unfair! Sie waren für mich!"
„Da du fast alles auf einmal verschlungen hast, gibt es ab sofort nur noch einen Keks pro Tag!" Sie legte die übrigen Kekse in einen Hängeschrank, wo Simon keine Chance hatte, ihn zu erreichen.
„Unfair! Unfair!", weinte er.
„Und ihr habt den Boden total nass gemacht. Jetzt muss ich hinter euch her putzen. Vielen Dank auch", sagte sie sarkastisch und holte einen großen Saug- und Wischroboter. Debilon flüchtete sich vor dem lauten Geräusch in den Garten, wo er die Kekse wieder hochwürgte – direkt in den Pool hinein.
„Ich habe dir gesagt, dass Hunde keine Schokolade vertragen!", rief Simon hinterher, in der Gewissheit, dass er zumindest dahingehend Recht gehabt hatte. „Wer von uns ist hier das Haustier?", brummte er wütend. „Ich fresse wenigstens nicht vom Boden."
„Tani, ich glaube, Nio hat nicht alle Kekse gefressen", stellte Vogo dann fest. Sie hörte ihn nicht. Am Ende musste auch der Pool gereinigt werden.

Simon grollte ihnen. Zuhause waren Süßigkeiten das einzig Gute gewesen. Sie lagen immer zugänglich und in großer Zahl auf dem Tisch. Er hatte sie sogar nachts gegessen, wenn er einen Albtraum gehabt hatte und sich nicht zu seiner Mutter ins Bett traute, weil Frank dort schlief. Nun vergaßen die Aliens sogar, ihn und Debilon zu füttern, weil sie mit Putzen beschäftigt waren, keinen Hunger hatten und es für Abendessen sowieso schon zu spät war. Er wagte nicht, wie ein Bettler mit seiner Schüssel zu ihnen zu gehen, denn sie glaubten ja, er habe alle Kekse gegessen. Sicher würden sie ihn abweisen, damit er nicht zu fett wurde. Also ging er hungrig ins Bett, wie es früher sehr oft der Fall war – entweder war er bestraft worden oder Frank hatte das gesamte Vermögen für Alkohol und Drogen ausgegeben, sodass am Ende des Monats zwei Scheiben Toast für fünf Personen ausreichen mussten.
Er dachte an Allaa. Sie sah immer halb verhungert aus. Sie würde verstehen, wie es sich anfühlte. Er überlegte, ob er bei ihr klingeln sollte, denn ihr Besitzer hatte kein Gefühl für Mengen und kaufte regelmäßig zu viel ein. Vielleicht hatte er Pommes im Kühlschrank. Er stand schon vor der Terrassentür, im Begriff, sie zu öffnen. Dann entschied er sich dagegen. Er konnte nicht beim Nachbarn einbrechen, wenn er nicht einmal wagte, den Kühlschrank seiner Familie zu öffnen. Sie würden es merken, wenn etwas fehlte. So auch Bazu. Am Ende würde er Allaa dafür bestrafen, obwohl sie gar nicht schuld war. Dann würde sie wieder hungern. Nein, das würde er ihr nicht zumuten.

Das Alien-HaustierWhere stories live. Discover now