35. Pyjamaparty

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Simon glaubte, dass Arui nicht viele Freunde hatte. Sie wurde selten besucht. Das lag daran, dass sie meistens die anderen besuchte. Tani hatte gedacht, zu viele Fremde im Haus würden Simon stressen. Reos Forschungsergebnis war, dass gerade die Gesellschaft Menschen guttat, ob nun von ihrer Spezies oder nicht. Auch Sivi konstatierte, dass er gerade in sozialen Situationen lernen würde, dass Fremde ungefährlich waren.
Nun kamen gleich drei kichernde Mädchen mit Kissen zu Besuch. Vogo klopfte Simon aufmunternd auf den Rücken:
„Nio, wenn es dir mit den Mädels zu viel wird, komm nach unten auf die Couch und mach mit mir einen Männerabend. Dann schauen wir Sport bei einem Bier oder fünf." Tani war bei Reo und konnte ihm nicht verbieten, Simon Bier einzuflößen. Allerdings war es nicht so einfach, den Mädchen zu entkommen: Alle hatten sich im Kreis um ihn herum aufgestellt und streichelten ihn.
„Ist der süß!"
„Darf ich ihn adoptieren?"
„Kann er Tricks?"
„Ja, Nein und Vielleicht", antwortete Arui. „Sein Vorbesitzer hat ihm Tricks mit dem Ball beigebracht. Moment." Sie ging einen Fußball holen, mit dem er gern spielte. Den warf sie Simon zu. Wenn das passierte, wusste er nicht, was sie erwarteten. Also warf er ihn zurück. So ging es eine Weile hin und her.
„Das ist langweilig", sagten die Freundinnen irgendwann.
„Er kann Kunststücke. Er kapiert nur nicht, dass er sie vorführen soll." Also versuchte Arui, sie vorzumachen. Sie scheiterte erbärmlich, aber Simon verstand. Er prellte den Ball auf dem Knie, fing ihn mit dem Rücken auf und drehte ihn auf einem Finger. Das klappte noch nicht so gut, vor allem, weil er sich fragte: Warum mache ich das eigentlich? Ich bin kein Zirkusäffchen. Dann applaudierten die Mädchen und jubelten begeistert. Ach ja, richtig. Für die Ehre. Er brauchte viel Anerkennung. Der Ruhm um ihn war vergangen, und es gab ziemlich viele Menschen als Actionfiguren. Er war nichts Besonderes mehr und das machte ihm Angst. Er wollte nicht vergessen werden. Natürlich war es verrückt, als das Haustier von Aliens Berühmtheit zu erlangen. Dann war er eben verrückt. Für ihn war es das Richtige. Auf der Erde hatte niemand applaudiert, wenn er mit dem Ball spielte, obwohl er lange geübt hatte. Es hatte sich niemand für ihn interessiert, es sei denn, jemand wollte ihn ärgern.

Was würden die Mädchen auf ihrer Pyjamaparty anstellen? Sie hatten keine Fingernägel, die sie lackieren konnten. Ihre Haare ließen nicht viele Möglichkeiten für Frisuren. Aber sie konnten sich immer noch schminken, über Jungs reden, Flaschendrehen spielen, eine Kissenschlacht veranstalten und bei einem Liebesfilm Popcorn essen. Und wie vorhergesehen taten sie all dies. Simon tobte sich bei der Kissenschlacht richtig aus. Spätere Kumpel nannten ihn einen Glückspilz, wenn er erzählte, dass er mit vier Teenagerinnen auf einer Pyjamaparty gewesen war. Doch nach der Kissenschlacht kam er sich wie ein Unglücksrabe vor. Die Mädchen hatten nämlich vorgeschlagen:
„Lass uns was Ruhiges machen." Und da hatten sie Schminkzeug und Spiegel ausgepackt und Simon als Opfer ausgewählt. Sie schafften es nur, Lippenstift aufzutragen, dann bemerkten sie, dass er es nicht mochte, und ließen ihn gehen.
„Egal welche Spezies: Jungs wollen nie geschminkt werden!"
„Natürlich nicht. Der Farbton steht ihm nicht."

Simon ging nach unten und plumpste mit einem alles sagenden Seufzer auf die Couch.
„Schöner Lippenstift", sagte Vogo. „Willst du ein Bier?" Er füllte seinen Becher mit einem kleinen Schluck Maisbier. Simon hatte Vorbehalte gegenüber schäumenden gelben Flüssigkeiten. Aber wenn man nie etwas probierte, lernte man nicht dazu. Er nahm einen Schluck und spuckte ihn gleich wieder aus. Es schmeckte fast wie das Bier auf der Erde, nur süßlicher.
„Ich sehe, für Bier kann ich dich nicht begeistern. Keine Sorge, das ändert sich im Alter. Wie wäre es in der Zwischenzeit mit Popcorn?" Simon nahm eine Handvoll aus der riesigen Schüssel. Er freute sich, dass Vogo ihn wie einen Menschen behandelte.
Eine Weile schauten sie Softball. Von oben hörte man Kichern und Kreischen. Die Mädchen spielten Flaschendrehen. Simon fragte sich, ob er schwul wurde, wenn er immer nur mit Mädchen rumhing. Da war ein Vater, auch wenn er ein Alien war, genau der richtige Ausgleich. Die einzigen Vaterfiguren, die er bisher hatte, hatte er nicht als Vorbilder anerkannt: Der erste war schwer krank gewesen, der zweite ein Säufer.

Das Alien-HaustierWhere stories live. Discover now