𝟎𝟐𝟎 | 𝑟𝑒𝑑 𝑠𝑖𝑙𝑘𝑦 𝑑𝑟𝑒𝑠𝑠

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L U C I A N A

Das warme Wasser umhüllte meinen nackten Körper, während der beinahe süßliche Weißwein mit seiner feinen Säure hitzige Flammen meinen Rachen hinunter jagte. Bereits seit fast zwei Stunden saß ich entspannt in der Badewanne, nippte immer mal wieder an meinem Weinglas und konnte mich einfach nicht dazu aufraffen dem Schutz des Wassers zu entfliehen.

Im Hintergrund erfüllte Fallons aufgeregte Stimme durch den Lautsprecher meines Handy den Raum und schwärmte wieder mal bis ins kleinste Detail von einem Buch, das sie vor kurzem gelesen hat. Ich versuchte ihr zuzuhören, ich versuchte es wirklich. Doch meine Gedanken waren ein Chaos, kreisten umher und ließen immer wieder das gleiche Bild in meiner Erinnerung aufblühen; mein Vater am Boden mit aufgeplatzter Lippen und vor mir die Augen, dessen Wärme ganze Kontinente in Brand setzen könnten.

Noch nie zuvor habe ich eine vergleichbare Art von Schutz in den Armen einer anderen Person finden können, hätte gar nicht erst gedacht, dass das nach Valentino überhaupt noch möglich wäre. Ich habe immer geglaubt, er hätte mich für die Ewigkeit gezeichnet, mich irreparabel kaputt gemacht. Ich dachte, ich müsste ein einsames Leben führen, da ich die Wärme einer Berührung schlichtweg nicht mehr ertragen konnte, weil es mich immer wieder an seine groben, kalten Hände erinnerte. Und ich war inzwischen sogar bereit dies einfach so hinzunehmen, weil ich nicht nochmal durch dieselbe Hölle gehen wollte.

Natürlich wusste ich, dass nicht jeder Mann so war wie mein narzisstischer Exfreund, doch allein die geringe Chance erneut auf einen solchen zu treffen jagte mir eine derartige Angst ein, dass ich es gar nicht erst wagen wollte. Zumindest bis jetzt. Dass der erste Mann, bei dem ich mich - wenn auch nur für einen Augenblick - sicher fühlte, ausgerechnet sein bester Freund und gleichzeitig mein eigentlich größter Feind sein würde, das konnte ja wirklich nur ein schlechter Scherz vom Teufel höchstpersönlich sein.

Und da es für mich so bedeutsam war, wollte es mir auch einfach nicht aus dem Kopf gehen. Es waren inzwischen fünf Tage vergangen - drei davon habe ich wegen eines Shootings in New York verbracht - und ich konnte dennoch nicht aufhören darüber nachzudenken, erinnerte mich an jedes einzelne Wort, das er gesagt hat, weil ich die gesamte Situation bereits so oft mental nochmal nachgespielt habe um zu begreifen, was überhaupt passiert ist.

Mein Vater war seitdem ebenfalls so angespannt wie noch nie zuvor. Er trank nicht, kümmerte sich lediglich um die Arbeit und blieb des Weiteren einfach still. Er fürchtete, dass Killian mit seinem neu gewonnen Wissen über unsere Familie seinen Ruf vollkommen in den Dreck ziehen könnte und das würde im Umkehrschluss nun wirklich seinen endgültigen Ruin bedeuten, denn von einem solchen Skandal erholten sich nur die Wenigsten. Er war viel zu stolz um mich bezüglich dieses Problems um Hilfe zu bitten, weshalb meine Mutter diejenige war, die mich förmlich angefleht hat, Killian davon abzuhalten dieses kleine Geheimnis gegen uns zu verwenden.

Oder mit anderen Worten: Tu das, was du am besten kannst und schlaf mit ihm um ihn bei Laune zu halten. Natürlich hat sie das nicht ausgesprochen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass das in etwa die Vorstellung meines Vaters war.

Welch seltsame Wendung diese ganze Geschichte doch angenommen hat.

"Lu? Bist du noch dran?", drang Fallons sanfte Stimme schließlich wieder in mein Bewusstsein und ich zuckte beinahe zusammen, da ich derartig in Gedanken versunken war.

"Ja, klar. Rede ruhig weiter, ich höre dir zu", antwortete ich ruhig und hörte, wie sie daraufhin laut seufzte.

"Nein, ich langweile dich doch sicher nur zu Tode. Erzähl mir lieber, wie dein Shooting in New York lief. Wir haben noch gar nicht darüber geredet, seit du zurück bist."

𝐓𝐇𝐄 𝐃𝐄𝐕𝐈𝐋'𝐒 𝐆𝐀𝐌𝐄 | 𝐵𝑜𝑜𝑘 𝑜𝑛𝑒Where stories live. Discover now