Auf flammenden Schwingen

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Eine Woche später hatten sich alle im Schlafsaal daran gewöhnt, dass Junie alleine nur sehr schlecht schlafen konnte und darum jede Nacht zu Hiro kletterte.
Eine weitere Woche später einigten sich mehrere ihrer Brüder ein wenig eifersüchtig darauf, dass Junie jeden Tag bei einem anderen übernachten durfte - was der Fairness halber allabendlich durch ein Würfelspiel entschieden wurde.
Binnen weniger Tage erfuhren die anderen drei Schlafsäle davon und bestanden sofort darauf, ebenfalls teilzunehmen.
Und es dauerte keine weitere Woche, bis die anderen Divisionen langsam davon Wind bekamen - und viele sich begeistert anschlossen.

Marco wunderte sich eine ganze Weile über die plötzliche Würfelleidenschaft seiner Leute.
„Mich würde wirklich interessieren, um was sie spielen", murmelte er eines Abends, als er mit einigen anderen Kommandanten bei Pops saß und die laue Nacht genoss. Vista hob eine Braue.
„Was meinst du?", wollte er wissen. Marco nickte zu seiner eifrig zockenden Division hinüber.
„Seit Wochen bekriegen sie sich jetzt schon wirklich jeden Abend leidenschaftlich mit den Würfeln, aber ich seh nicht einen einzigen Berry wandern. Ich würde wirklich gern wissen, was der Einsatz ist - aber wenn ich frage heißt es nur ‚Es geht um die Ehre!'...", erklärte er stirnrunzelnd und verschränkte ein wenig ungehalten die Arme; es fuchste ihn doch ein wenig, wenn er über irgendwas auf dem Schiff nicht auf dem Laufenden war.

In diesem Moment entwich Izou jedoch ein amüsiertes Glucksen, das er erfolglos versuchte, als Hüsteln zu tarnen. Der Phönix sah ihn anklagend an.
„Du weißt es?!", grollte er vorwurfsvoll und seufzte - sein gutaussehender Bruder besaß einen siebten Sinn für solche Sachen, also war er auch nicht wirklich überrascht. Izou lächelte verschmitzt.
„Natürlich! Mir entgeht nicht viel auf diesem Schiff... in diesem Fall war es allerdings wirklich nicht schwer, weil Hakamaru vor einigen Tagen gewonnen hat und ich bei der feierlichen Überreichung des Gewinns anwesend war!", grinste er und musste sich auf die Lippen beißen, um nicht loszulachen bei der Erinnerung daran. Erstaunt sahen alle zu dem fröhlichen Haufen hin und erkannten, dass es sich keineswegs nur um Männer aus der ersten Division handelte. Im Grunde waren alle Divisionen mehr oder weniger stark vertreten.

„Aha, und was hatte er dann gewonnen?", brummte nun auch Whitebeard neugierig, obwohl er vage zu ahnen begann, dass es etwas mit seinem neuen Töchterchen zu tun haben musste. Der hübsche Kommandant lachte nun doch hell auf.
„Naja... offenbar kann unser jüngstes Familienmitglied allein nur ganz schlecht schlafen und hat deshalb einige Nächte bei Hiro verbracht... allerdings scheint das eine wachsende Anzahl ihrer anderen Brüder ziemlich eifersüchtig zu machen, weshalb der Junge um des lieben Friedens willen seine Monopolstellung aufgeben musste. Tja, und nun... teilen sie eben brüderlich und haben sogar einen fairen Weg gefunden, den nächsten Glücklichen für die Nacht auszuwählen!"

Ungläubige Stille herrschte nach seinen Worten.
„Warte mal... du behauptest gerade ernsthaft... sie würfeln da hinten wirklich drum... wer die Kleine in der Nacht zum Kuscheln bekommt?!", krächzte Fossa völlig fassungslos und verlor vor lauter Unglaube fast seine Zigarre aus dem Mund.
„GUARHARHAR!" Whitebeard brach in dröhnendes Gelächter aus. Also das war eine herrliche Geschichte! Wer hätte gedacht, dass seine Söhne derart liebesbedürftig waren?
Marco, Vista, Haruta, Blenheim und Blamenco schlossen sich erheitert seinem Gelächter an, während Thatch eher beleidigt dreinsah und: "Tze... warum erfahr ich erst jetzt davon?'", vor sich hin murmelte.
Nur Jozu schnaufte.
„Na hoffen wir, dass sich das nicht rumspricht - die streichen uns ja direkt das halbe Kopfgeld weil sie uns nur noch für einen Haufen Schmusepiraten halten!"

******

Am nächsten Morgen stand Junie wie jeden Tag auf der Waage in der Krankenstation. Viktor trug gewissenhaft ihr Gewicht in ein Protokoll ein und lächelte sie zufrieden an.
„Sehr schön, du nimmst gut zu! Und auch deine Muskeln haben sich wieder ordentlich aufgebaut. Eine Woche lang machen wir noch mit der Krankengymnastik weiter, dann kannst du langsam mit dem normalen Training beginnen!", verkündete er, und Junie strahlte.
„Super! Danke Doc!", rief sie enthusiastisch. Viktor lachte und verstaute ihre Akte wieder, ehe er ihr wie jeden Morgen seine Zeitung reichte.
„Hier, ich bin fertig. Wir sehen uns morgen!"
„Danke, bis morgen!" Fröhlich schnappte sie sich den dicken Pack Papier und ging zurück an Deck, wo sie sich eine ruhige Ecke zum Lesen suchte.

Entspannt begann sie zu schmökern, während sie nebenher glückselig dem munteren Treiben um sie herum lauschte. Doch auf einmal hielt sie inne.
Da war ein Foto abgedruckt: die Flagge von Whitebeard - inmitten eines Haufen Schutts. Die Überschrift lautete:
Spatenstich für neue Marinebasis in Curious nach brutalem Piratenangriff'
Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie den kurzen Artikel las.

Nach der vollständigen Zerstörung der Marinebasis auf Curious durch die Whitebeardpiraten vor fast zwei Monaten, erfolgte heute der lang ersehnte erste Spatenstich für eine neue Festung. Laut dem Pressesprecher der Marine wird der Bau etwa ein Jahr in Anspruch nehmen und anschließend rund fünfhundert Soldaten beheimaten. Außerdem soll auch ein Denkmal errichtet werden, das an den grausamen Tod der Zweihundertdreizehn tapferen Männer erinnern soll, die hier durch die Hand der Piraten gefallen sind.'

Junies Hände bebten, während sich die geschriebenen Worte in ihr Gedächtnis fraßen. Sie hatten... die komplette Festung zerstört? Und alle getötet?? Aber... aber Thatch hatte doch gesagt, dass sie einfach nur ablegen wollten! Auch wenn sie sich damals hundeelend gefühlt hatte, erinnerte sie sich trotzdem klar und deutlich an seine Worte: „Wir legen in ein paar Stunden ab, Vater will dich vorher nochmal sehen" - von einem Überfall war keine Rede gewesen! Was hatte sich verändert? Warum hatten sie sich umentschieden? War das etwa - ihr Hals schnürte sich zu - IHRE Schuld? Hatten sie ihretwegen zweihundertdreizehn Menschen getötet?! Eine tonnenschwere Last legte sich bei diesem Gedanken auf ihre Schultern. Stimmte das wirklich? Sie musste es sofort wissen!

Mühsam rappelte sie sich auf und schlich mit gesenktem Kopf zu Pops, an dessen Seite man Marco tagsüber häufig fand - so auch heute.
Der Kaiser sah sie kommen und spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Stirnrunzelnd stellte er seinen Krug weg und stieß seinen Vize an, der in ein Buch vertieft neben ihm saß. Fragend sah er hoch, doch als er Junie bemerkte. wurde sein Ausdruck besorgt.
„Hey Kleine, was ist los?", fragte er sanft. Er hatte sie seit ihrer Willkommensfeier ausschließlich fröhlich und glücklich erlebt, ihr bedrücktes Gesicht und die hängenden Schultern gefielen ihm gar nicht.

Junie umklammerte die Zeitung und biss sich auf die Lippen, ehe sie sich einen Ruck gab und furchtsam die Frage stellte, die ihr auf der Seele lag.
„Bin ich Schuld daran, dass ihr die Soldaten in Curious getötet habt?"
Whitebeard und Marco hoben beide überrascht die Augenbrauen und warfen einander einen Blick zu, ehe sich der Kaiser ohne Umschweife das Mädchen schnappte und sie auf seinen Schoß setzte. Marco stellte sich neben sie.
„Wieso sprichst du von ‚Schuld', Tochter?"
Sie sah geknickt auf den Boden.

„Thatch hat damals gesagt... dass ihr in wenigen Stunden ablegen wollt. Als er mich abgeholt hat. Von einem Angriff hat er aber nichts gesagt. Also ist es meine Schuld, dass ihr euch umentschieden habt, oder?", erwiderte sie erstickt. Der Tod der Soldaten schien ihr unerwartet nahe zu gehen, obwohl sie ihr doch so übel zugesetzt hatten.
„Nein, du bist nicht schuld, Kleine! Im Gegenteil: ohne dich hätten wir den Saftladen doch schon früher aufgemischt, yoi?", erwiderte Marco bestimmt und stellte sich so hin, dass sie von ihrer erhöhten Position aus auf ihn hinunterschauen musste. Sie sah ihn zweifelnd an.
„Wie meinst du das?"
Ihr Kommandant lächelte grimmig.
„Eigentlich hätten wir ihnen für die Gefangennahme von Thatch, Max und Kirio schon die Hölle heiß gemacht, aber weil es ja deine Heimat war und wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, ob du dich uns anschließen möchtest, haben wir entschieden, von einem Angriff abzusehen", erklärte er ihr ernst.

Gleich darauf drehte Whitebeard ihren Kopf sanft zu sich hoch.
„Richtig. Dir zuliebe hätte ich gegen meine eigentliche Vorgehensweise verstoßen - denn ich dulde Übergriffe auf meine Kinder nicht! Aber für den Fall, dass du mein Angebot ablehnst, hätte dich ein Angriff unsererseits womöglich in Schwierigkeiten gebracht; es haben dich schließlich viele Menschen mit meinen Söhnen zusammen gesehen. Deshalb wären wir ausnahmsweise einfach weitergezogen. Aber dann hat dieser Bengel sich auch noch an dir vergriffen. Zwar hast du noch nicht offiziell zu uns gehört, doch es war bereits geplant, es dir anzubieten. Außerdem ist es ein feiges, schändliches Verbrechen, sich an einem Kind zu vergreifen! Erst recht von Menschen die vorgeben für Gerechtigkeit zu stehen!"

Sein Blick war stechend und hart, doch dann wurde er wieder weicher, als er Junies noch immer unglücklichen Ausdruck sah. „Wenn du noch immer denkst, dass du am Tod dieser Soldaten Mitschuld warst, dann solltest du aber auch wissen, dass du höchstwahrscheinlich eine vielfache Anzahl von Menschen gerettet hast!"

Jetzt war Junie völlig verwirrt.
„Wann hab ich denn jemanden gerettet? Wen? Und wie?", wollte sie konfus wissen. Marco lächelte sie nun warm an.
„Uns. Du hast mit großer Wahrscheinlichkeit uns gerettet. Oder zumindest vor großem Schaden bewahrt. Krotos hatte es nämlich gar nicht nur auf Thatch, Max und Kirio abgesehen, sondern auf uns alle. Die drei sollten nur der Köder sein, die uns in eine vom Großadmiral persönlich gestellte Falle locken sollten. Aber DU hast ihnen dazwischengefunkt, indem du sie befreit hast. Folglich hast du auch uns damit unwissentlich gerettet... du warst sozusagen unser Glücksbringer, yoi?", erzählte er ihr und zwinkerte ihr zu. Sie starrte ihn mit großen Augen an.

„Das... das wusste ich nicht...", flüsterte sie ungläubig und musste all die Informationen erst mal verdauen. Es war wirklich schön zu wissen, dass ihre gute Tat unwissentlich eine noch größere ausgelöst hatte, aber... es blieb ein schaler Beigeschmack. Junie fürchtete sich vor der Marine, wirklich, aber sie wünschte niemandem den Tod. Erst Recht nicht durch ihr Zutun. Sie verfiel unbewusst ins Grübeln und zupfte gedankenverloren an der Zeitung herum, bis Marco sachte ihre Hände festhielt.

„Du denkst schon wieder zu viel nach, Kleine!", rügte er sie milde. Junie blinzelte und seufzte.
„Tut mir leid, Marco. Tut mir leid, Pops!", murmelte sie reumütig. Doch der Kaiser brummte nur gutmütig.
„Es gibt nichts zu entschuldigen, Tochter! Du hast nichts falsch gemacht. Und jetzt lächle doch wieder!" Junie nickte und brachte immerhin ein kleines Lächeln zustande, aber in ihren Augen sah man deutlich, dass sie noch immer grübelte. Das gefiel Marco nicht, er wollte sie wieder glücklich sehen.

Prüfend warf er erst einen Blick in den leicht bewölkten Himmel.
„Junie, geh doch bitte kurz rein und zieh dir einen Pullover an, und dann komm wieder her, yoi?", befahl er ihr plötzlich, was sowohl Junie als auch Whitebeard sichtlich verwunderte. Dennoch kletterte sie folgsam von Pops' Schoß und verschwand kurz unter Deck. Der Kaiser musterte seinen Sohn neugierig, der gerade sorgfältig seine Brille verstaute und das Buch zur Seite legte.
„Was hast du vor?", wollte er wissen und griff wieder zu seinem Krug. Sein Vize lächelte verschmitzt.
„Ein Versprechen einlösen!", gab er vage zurück.

Zwei Minuten später war Junie mit einem grünen Pullover bekleidet zurück, und sah ihren Kommandanten fragend an.
„Ich hatte dir in Curious was versprochen, oder?", erinnerte er sie schmunzelnd, und dem Mädchen entglitten augenblicklich die Gesichtszüge.
„Du meinst... du... ich... EHRLICH?!", stieß sie völlig außer Fassung und fünf Oktaven höher als üblich hervor. Er wollte... er würde... wirklich jetzt sein Versprechen einlösen?! Vor Aufregung schlug ihr Herz förmlich Purzelbäume.
Marco nickte amüsiert und trat ein paar Schritte zur Seite. Dann hob er die Arme.
Blau-goldene Flammen brachen aus seinem ganzen Körper hervor und hüllten ihn ein. Atemlos sah Junie zu, wie sich seine Beine zu Klauen formten und seine Arme zu riesigen Schwingen. Es dauerte nur Sekunden, da erblickte sie zum ersten Mal den Phönix in seiner ganzen prachtvollen Gestalt.

Selbst wenn sie nur ein ganz normales Gedächtnis gehabt hätte: an diesen Moment würde sie sich ein Leben lang erinnern. Die feurige Kreatur war einfach wunderschön, es gab kein anderes Wort dafür. Sein schlanker Körper, die großen, scharfen Klauen, die kraftvollen Flügel, der filigrane Kopf mit dem hübschen Brillenmuster und dem goldenen Schnabel... und dann diese Augen!
Es waren eindeutig Marcos blaue Augen, doch nun schlummerte noch etwas anderes in ihnen... der Geist eines uralten, machtvollen Wesens, dessen wissenden Blick sie bis tief in ihrer Seele spürte.

Völlig gebannt sah Junie auf den mystischen Vogel, bis ein ausgesprochen belustigter Ausdruck in seinen Zügen erschien und er auffordernd seinen Flügel Richtung Boden ausstreckte.
„Na geh schon, Tochter!", ermutigte sie Whitebeard, der die ganze Szene mit funkelnden Augen verfolgte.
Junie warf ihm einen etwas nervösen Blick zu; es erschien ihr fast schon frevelhaft, diese wunderschöne, magische Kreatur auch nur anzufassen, doch dann ging sie doch endlich auf den Phönix zu. Zaghaft streckte sie ihre zittrige Hand nach seinem Hals aus, doch er neigte sich zu ihr hinab und legte stattdessen seinen Kopf hinein. Erschrocken zuckte sie zusammen, als wie beim ersten Mal plötzlich wieder diese prickelnde Energie durch ihren Körper strömte, doch gleich darauf lächelte sie strahlend. Sein Gefieder fühlte sich herrlich an! Seidig glatt und kühl. Andächtig strich sie mit beiden Händen über seine Wangen, dann über seinen lodernden Schopf und schließlich den Hals entlang. Er schloss entspannt die Augen, was Junie glücklich seufzen ließ. Immer weiter streichelte sie abwärts, bis sie zu seinem Flügelansatz gelangte. Fordernd raschelte er mit den Federn, was sie kichern ließ.

„Na gut... also dann...", murmelte sie aufgeregt, setzte behutsam einen Fuß hinter seinen Flügel und zog sich vorsichtig auf seinen Rücken, wo sie sofort höchst nervös die Arme um seinen Hals schlang. Kaum saß sie sicher, richtete sich Marco auf, klapperte einmal vorwarnend mit dem Schnabel und stieß sich dann mit einem kraftvollen Ruck ab. Ängstlich presste Junie ihr Gesicht an seinen kühlen Körper, hörte das Brausen des Windes in den Ohren und sah mit halb geschlossenen Augen zu, wie die Moby Dick unter ihr immer kleiner und kleiner wurde.

Je höher sie stiegen, desto mehr gewann auch ihre Faszination Überhand und rückte schließlich alles andere in den Hintergrund.
Das hier stellte alles in den Schatten, was sie je erlebt hatte! Ein unbekanntes, absolut überwältigendes Gefühl erwachte in dem Mädchen, als sie sich langsam aufrichtete und sich staunend umsah.

Mit nichts als dem Wind auf ihrem Gesicht und einem schier unendlichen Ozean unter ihr; auf dem Rücken eines Phönix, der gleichzeitig der wichtigste und liebste Mensch in ihrem Leben war, fühlte sie zum ersten Mal...
...vollkommene Freiheit.
Sie durchströmte sie von Kopf bis Fuß, ließ ihrem Herzen selbst Flügel wachsen und löschte alle trüben Gedanken einfach aus. Hier oben war NICHTS.
Nichts, das ihr gefährlich werden konnte, kein Schmerz, keine trüben Gedanken, nicht einmal böse Erinnerungen... ihr Kopf fühlte sich wie befreit an. Sie hatte nicht einmal mehr Angst vor der Höhe, weil sie absolut sicher wusste, dass Marco sie niemals fallen lassen würde.
Sich nur mit den Beinen festklammernd streckte sie ihre Arme aus - und lachte. Aus voller Kehle, aus tiefstem Herzen; so unfassbar glücklich, wie sie noch nie in ihrem Leben gewesen war!

Der Phönix wandte völlig verblüfft seinen Kopf zu ihr um.
Es war unglaublich, aber... er konnte Junies Glück FÜHLEN! Nicht metaphorisch oder sprichwörtlich, sondern tatsächlich in seinem Körper! Es floss durch ihn hindurch wie flüssiges Sonnenlicht, strahlend, warm und rein. Bei allen Göttern, er konnte es sogar SEHEN! Die Flammen des Feuervogels waren nun fast vollständig golden - und die uralte Kreatur in ihm jubilierte. Noch nie war so etwas passiert, Marco hatte keine Erklärung dafür. Doch wollte der Phönix gerade jetzt auch nicht darüber nachdenken, seine Präsenz verstärkte sich um ein Vielfaches, und der Kommandant ließ es widerspruchslos zu. Das hier war etwas völlig Neues, etwas Einzigartiges, und er genoss es aus tiefster Seele!

Übermütig beschleunigte er sein Tempo, und ging dann unvermittelt in einen Sturzflug über. Aus Junies Lachen wurde ein begeisterter Schrei, als er abwärts schoss und sich dann im letzten Moment wieder in die Waagrechte brachte.
„WOOOHOOO!", schrie sie jubelnd und lachte gleich darauf erneut, als er haarscharf an der Moby vorbeizog und Woltan, der gerade im Krähennest Dienst hatte, einen halben Herzinfarkt erlitt. Gleich darauf schraubte er sich erneut elegant in die Höhe und durchbrach einen Wimpernschlag später die dünne Wolkendecke. Das Bild, das sich Junie hier oben bot, war atemberaubend. Fasziniert streckte sie die Hand aus und berührte die flauschig aussehenden Wolken, die sich zu ihrer Überraschung wie dichter Nebel anfühlten.

Mit vor Glück tränenden Augen schmiegte sie sich erneut in das Gefieder des Phönix.
„Danke Marco! Von ganzem Herzen Danke! Du bist das wundervollste Wesen auf der ganzen Welt - aber nicht nur, weil du ein Phönix bist!", sagte sie inbrünstig und strich ihm liebevoll unten am Schnabel den Hals entlang. Die Augen des Phönix weiteten sich, und kurz gerieten seine Flügelschläge aus dem Takt. Doch gleich darauf fing er sich wieder und stieß ein zärtlich klingendes Trillern aus. Sie lächelte mit geschlossenen Augen.

„Ich hab dich auch lieb!"

Sie hatte ihn verstanden...?!

Diesmal wäre er vor Schreck beinahe abgestürzt.

Das Feuer des Lebens (Überarbeitet)Where stories live. Discover now