3. Advent - Die Bescherung (Achtung Omega-verse)

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von Klubia

Taehyung besaß schon seit seiner Präsentation vor einigen Jahren ein spezielles Verhältnis zum Mond. Ihm war nicht klar, was ihn derart an diesem Himmelskörper faszinierte, doch sein Blick wurde fast jede Nacht automatisch zum Himmel gelenkt, so wie Motten vom Licht angezogen werden. Der Anblick beruhigte und entspannte ihn..

Aus seinem Rudel empfand niemand nur ansatzweise wie er.

Der Mond ging laut ihnen auf und wieder unter. Dies hatten sie ihm geantwortet, nachdem er gefragt hatte, ob sie den Himmelskörper genauso fesselnd fanden wie er.

Selbstverständlich hatten sie mit dieser Aussage Recht, doch für Taehyung war es unverständlich, wie blind seine restliche Familie durchs Leben schritt. Sahen sie denn nicht, dass der Mond in jeder Nacht seine Form veränderte und anders aussah? Das Licht der Sonne durch ihn in verschiedenen Farben reflektiert wurde?

Nachdem Taehyung akzeptiert hatte, dass nur er allein so empfand, gab er es auf, mit seiner Familie über dieses Thema zu sprechen. Das hieß jedoch nicht, dass die Angelegenheit Mond grundsätzlich damit vom Tisch war.

Die Gespräche veränderten sich im Laufe der Zeit und wurden meistens von den anderen geführt. Sie beobachteten Tae oft bei seinem exzessiven Starren in den Himmel und fingen an, darüber zu fachsimpeln, in welchem Abhängigkeitsverhältnis er zum Mond stand.

Schließlich behaupteten sie sogar, dass seine Launen zeitgleich mit den Mondphasen wechselten. Immer häufiger zogen sie ihn damit auf, dass er zu Vollmond ausgesprochen stürmisch und energetisch sei, zu Neumond stets melancholisch und bedrückt. Zuerst hielt Tae das alles für Unsinn, entstanden um ihn ein bisschen zu necken, und dies klappte zunächst ausgezeichnet. Doch je länger er sich selbst über die Wochen und die Mondphasen hinweg beobachtete, desto mehr hatte er eingesehen, dass sein Rudel, mit seinen wahnwitzigen Behauptungen, Recht hatte.

Seine Stimmung schien wirklich daran gekoppelt zu sein, wie sein Lieblingshimmelskörper aussah. Taehyung fand dies selbst mehr als nachvollziehbar. Wer würde nicht in Ekstase verfallen, solange der Mond voller Energie förmlich strahlte oder betrübt sein, wenn er bei Neumond kaum zu sehen war?

Die anderen begegneten Taes überschwängliche Freude und seine bedrückende Traurigkeit über die Zeit hinweg mit mehr Nachsicht. Sie bemühten sich seine Ausführungen zumindest im Ansatz zu verstehen, wenn er sich immer wieder zu erklären versuchte.

Mit der Zeit entwickelte sich durch dieses Wissen eine eigene, neue Dynamik.

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Eines Abends hatte sich Jimin zu Tae auf den Balkon gesellt, als dieser wieder seiner Passion nachging und den Nachthimmel betrachtete. Der Mond stand voll und hell am Himmel und für Taehyung gab es keinen schöneren Anblick, den er sich vorstellen konnte. Es war seine Lieblingsphase, er fühlte sich energetisch und glücklich, sodass er nicht einmal an Schlaf dachte und den Mangel hinterher wohl auch nicht bemerken würde.

Jimin hatte ihm in jener Nacht eine ganze Weile Gesellschaft geleistet, ohne ein Gespräch zu suchen. Es kam Tae so vor, als hätte der Ältere versucht, einen Zugang zu seiner Faszination zu finden. Nach einiger Zeit war er dann aber wieder aufgestanden und gegangen, nachdem er leicht geschmunzelt und sich mit den Worten „Mein kleiner Werwolf" verabschiedet hatte.

Werwolf.

Dieser Spottname war seitdem hängen geblieben und ließ sich nicht mehr abstreifen.

Er verfolgte ihn unaufhörlich wie sein eigener Schatten.

Wernachtsmann - eine launige Erzählung in vier Akten -Where stories live. Discover now