40. Rembrandt again

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˗ˏˋ Grete ˎˊ˗

Mein Blut rauschte in meinen Ohren, als ich schlitternd an der Bushaltestelle zum Stehen kam. Hektisch blickte ich mir über die Schulter, nur um festzustellen, dass Matteo mir nicht von Ciceros Party aus gefolgt war. Gut so, dachte ich entschlossen. Ich schielte erneut über meine Schulter. Er hatte seiner Verlobten vermutlich einiges zu erklären. Ob sie ihm verzeihen würde? Ich sank auf die verlassene Holzbank, die von einer flimmernden Straßenlaterne erhellt wurde.

Beschissen war eine viel zu positive Beschreibung dafür, wie ich mich in diesem Moment fühlte. Es war schon unausstehlich gewesen, ihn einmal zu verlieren. Aber ihn ein zweites Mal wortwörtlich vor der Nase weggeschnappt bekommen? Arrrgh! Ich verzog mein Gesicht und rieb mir mit den Händen darüber.

Ich will dich auch, hallten seine Worte wieder und wieder durch meinen Kopf. Warum sagte er so etwas? Das war einfach nur gemein. Diese Worte nährten Hoffnung in mir, obwohl ich wusste, dass keine Taten folgen würden. Er war verlobt, verdammt nochmal. Und das Schlimmste war, dass er das für mich getan hatte. Er war wirklich überzeugt davon, dass ich ohne ihn besser dran war und darum konnte ich ihm noch nicht einmal sauer sein.

Ich lehnte mich zurück gegen die Glaswand hinter mir und seufzte. Dieses ganze Schlamassel von eben hatte ich mir letztendlich selbst zuzuschreiben, da ich mich einfach nicht von ihm fernhalten konnte.

Mein Blick wanderte ohne Fokus in die Ferne und in diesem Moment verstand ich, warum mein Vater nach der Scheidung ausgewandert war. Manchmal half nur geografische Entfernung, um über jemanden hinwegzukommen. Wenn ich zu schwach war, mich von Matteo fernzuhalten, musste ich es mir unmöglich machen, ihm hinterherzurennen wie ein Entenküken seiner Mama. Ich musste auswandern. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Am besten noch diese Woche.

„Auswandern?", schnaubte Miriam, als ich ihr am darauffolgenden Tag von meinen Plänen berichtete.

Ich schob mit der Hüfte die Besteckschublade zu, die halb offen gestanden hatte und lehnte mich mit verschränkten Armen gegen den Küchentresen.

„Vielleich gehe ich zu meinem Vater nach Spanien.", meinte ich schulterzuckend.

„Dein Vater lebt auf einem Motorrad und schläft im Zelt.", erinnerte mich Miriam.

„Ja und? Ein wenig Abenteuer täte mir ganz gut, denke ich.", murmelte ich.

Je länger ich darüber nachdachte, desto sinnvoller erschien mir mein Plan.

„Und dein Studium? Wenn du das abbrichst, hast du nichts in der Hand.", erinnerte mich Miriam.

„Das Leben im Zelt soll sehr kostengünstig sein.", erläuterte ich.

Miriam gab sich einen Facepalm und verdrehte die Augen. Ich hingegen war zu diesem Zeitpunkt überzeugt davon, dass ich meinen Liebeskummer würde betäuben können, sobald ich den Fuß in ein anderes Land setzte. Einfach alle Gefühle hinter mir lassen und von der Hand in den Mund leben klang verlockender denn je.

Ich lief in mein Zimmer und durchwühlte meine Schreibtischschubladen nach dem Zettel, auf dem ich die letzte Handynummer meines Vaters notiert hatte. Als mir eine Computerstimme am Handy mitteilte, die Nummer sei nicht vergeben, war ich wenig überrascht. Er kaufte sich regelmäßig Prepaid Handys, die er verlor oder aus versehen kaputt machte. Ich strich mir geschäftig meine losen Haarsträhnen hinters Ohr und rückte meine Brille zurecht, bevor ich meinen Laptop anschmiss. Seine Mailadresse dürfte noch die gleiche sein. Die Frage war natürlich immer, wann er das nächste Mal die Möglichkeit bekam, sein Postfach aufzurufen.

Hi Papa, tippte ich nach einigem Überlegen.

ich hoffe es geht dir gut. Hättest du etwas dagegen, wenn ich dich mal besuchen komme?

Mafia 101 - MatteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt