Kapitel 31: Wärme

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„Em! Hinter dir!", schrie Xen plötzlich und sprang auf mich zu. Allerdings wurde er sofort zu Boden gerungen und noch bevor ich herum schnellen konnte, wurde mir die waffe schon aus der Hand geschlagen und ich war wieder im eisernen Griff des Polizisten gefangen.
„Neiiiin!", schrie ich und versuchte mich mit aller Kraft loszureißen, doch ohne Erfolg. Tränen schossen mir in die Augen und ich konnte sie nicht mehr zurückhalten, auch die Augen meiner Mutter füllten sich mit Tränen.
„Was hat er mit meiner Tochter gemacht?!", schrie sie hysterisch, woraufhin die Polizisten versuchten sie zu beruhigen, woraufhin diese brodelnde Wut, dieses Verlangen diese Leute alle hier für ein und alle mal zu vernichten noch viel stärker wurde. Was er mit mir gemacht hat? Mich gerettet! Vor diesem elenden Leben! Vor meinem Vater, das was sie nicht zustande gebracht hatte! Die Frage ist, was wollt ihr mit ihm machen? Was ist euer scheiss Problem? Leben und leben lassen oder nicht? Aber keiner wird mir zuhören! Er ist ja eh gestört und ich jetzt auch weil ich ihn verstehe und mir tatsächlich angehört hatte, was er zu sagen hatte, nicht wahr? Und ihr seid wieder die guten, so wie immer, nicht wahr? Die das böse bekämpft haben! Ihr bekämpft doch nur, was nicht da ist! Alles was ihr könnt ist urteilen und zerstören! Anstatt sich den Menschen anzuschauen, stempelt ihr ihn einfach als Monster ab! Meine Augen fixierten Xen und ich blinzelte um eine klare Sicht zu bekommen und irgendetwas aus seinen Augen herauslesen zu können. Sie waren nicht mehr ganz so undurchdringlich wie zuvor. Die Wand, die er um sich aufgebaut hatte, damit er nicht verletzlich war, hatte er eingerissen, hatte ich eingerissen. Er konnte mir vertrauen und das wusste er. Auch er schien völlig überfordert mit der Situation und begann nun auch zu weinen.
„Em! Nein! Bitte! Ich- ich...", seine Stimme brach und er lies den Kopf hängen. Er schien alle Hoffnung aufgegeben zu haben. Langsam wurden wir zu den blinkenden Polizeiwagen geführt, niemals hätte ich auch nur im geringsten gedacht mich jemals in so einer Situation wiederzufinden.
Das alles war so unwirklich. Ich wurde einfach aus meiner perfekten Welt hinausgerissen, ohne Vorwarnung, mit einem Schlag. Gerade ging es mir wieder gut, ich war mir sicher nun endlich glücklich sein zu können, doch ich hatte mich getäuscht. Vielleicht war ich einfach nicht bestimmt dafür. Nicht bestimmt dafür, glücklich zu sein.

Xen's Sicht:

Alles in mir fühlte sich taub an. Die Stimmen der Leute um mich rum nahm ich nur entfernt war. Ich wollte weinen, aber ich konnte nicht mehr, alles was ich fühlte war Leere und die erbarmungslose Kälte, Einsamkeit. Ich wollte nicht das Emma mir weggenommen wurde! Sie durfte nicht! Ich wollte nicht ohne sie! Ich konnte nicht ohne sie. Ich war so verdammt abhängig von ihr. Diese macht die sie über mich hatte, war unbeschreiblich. Natürlich würde ich das ihr gegenüber niemals zugeben, aber tief im inneren wusste ich, das es die Wahrheit war. Ich war Emma voll und ganz ausgeliefert. Alles in meinem Kopf drehte sich um sie, immer und überall. Felix hatte ich auch mit in die scheiße hineingezogen. Sie würden ihn finden, denn er hatte keine Ahnung, was hier passiert war und würde direkt in die Arme der Polizisten laufen. Er und Ben würden als mitschuldig erklärt werden und das alles nur wegen mir. Em hatte geweint und es hatte sich angefühlt als ob sich 1000 Messer auf einmal in mein Fleisch bohrten. Ich hatte mir doch geschworen sie glücklich zu machen! Die Fahrt zog sich erbarmungslos immer weiter in die Länge. Das hier war ein reiner Albtraum! Nur das ich diesmal nicht aufwachen würde...
Emma und ich saßen in verschiedenen Autos, was vielleicht auch besser so war. Ich wusste nicht, ob ich es ertragen hätte, noch länger ihr am Boden zerstörtes und doch so wunderschönes Gesicht betrachten zu müssen. Mein Herz pochte gegen meine Brust. Ich schloss die Augen um mich kurz zu beruhigen und von der Umwelt abzuschirmen, doch dieser bittersüßen Realität konnte ich nicht entfliehen. Denn sie war nun mal real, echt. Echt beschissen könnte man sagen, aber dennoch echt.
Kurze Zeit später saß ich vor einem Polizist, der mich aus warmen Augen anblickte, was mich allerdings völlig kaltließ. Diese Wärme, die von Emma ausging war so viel stärker, so viel schöner, so viel echter. Ja, das alles war nur eine Maske um mir ein Geständnis zu entlocken und mich bis ans Ende meines Lebens hinter Gitter zu bringen, da war ich mir sicher. Auch wenn er es zu verbergen versuchte, sah ich ihm an, wie sehr er mich verabscheute und Angst vor mir hatte. Fast hätte ich bei seinen so erbärmlichen versuchen gelacht, doch meine Gedanken drehten sich viel zu sehr um Emma, als das ich diesem verlogenen Menschen vor mir so viel Aufmerksamkeit schenken würde. Seine völlig belanglosen, einstudierten Wörter prallten von mir ab. Regungslos und aus kalten Augen blickte ich ihm entgegen. War es nicht sowieso das, was von mir erwartet wurde? Ein kaltes Monster, gestört, brutal, aber ein Genie. So ist es doch, nicht wahr? Als er seinen Redefluss beendet hatte, machte er eine Pause und schaute mich erwartungsvoll an.
„Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.", gab ich nur kühl von mir.
Alles was ich sagte, könnte gegen mich verwendet werden. Ein bedauerndes Seufzen entfuhr ihm, doch schnell begann er wieder mit dem plappern, wie sehr er mir helfen wolle, was meine Abneigung ihm gegenüber ins Unermessliche steigerte.

Blue eyes - looking into my soulWhere stories live. Discover now