Kapitel 8: Strafe

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Er führte mich durch unendlich viele Gänge, das hier war ein reiner Irrgarten! Die einladenden Möbel verschwanden, es wurde immer düsterer. Langsam sah es wirklich aus, wie die Räume bei einer Entführung und das mulmige Gefühl in meinem Magen wurde stärker und stärker. Die Räume wurden kahl und düster, von der Decke tropfte Wasser und jeder Tropfen hallte durch die Gänge. Schimmel und modriger Schlamm klebte an den Wänden und ich fröstelte. Irgendwann schloss er einen Raum auf, wo 3 Gestalten in der Ecke saßen, sie waren nicht gefesselt. Sobald sich die Tür öffnete, kauerten sie sich dicht beieinander in die Ecke. Ich konnte sehen, wie ihre Körper vor Angst zitterten und fragte mich, ob mein Körper es ihnen gleichtat.

Ein Lichtschalter wurde betätigt, der den Raum leicht erhellte. Jetzt erkannte ich die Gestalten! Es waren Leon, Henry und Jan. An der wand hingen überall Ketten in gleichmäßigen Abständen und mein Entführer zog meine Handgelenke über meinen Kopf und befestigte die Handschellen. Ich konnte meine Hände allerdings noch bewegen. Es passierte alles so schnell, das ich nicht reagieren konnte. Ich rüttelte an den eisernen Ketten als ob es etwas bringen würde und mit einem Mut von dem ich selbst nicht wusste woher er kam, schrie ich:
„Was soll das?! Was willst du von mir?! Was willst du von ihnen?! Lass uns frei!"
Ich nickte mit dem Kopf zu den drei Jungs, die sich eng aneinander kauerten, obwohl das relativ überflüssig war, wen sollte ich wohl sonst mit ihnen meinen?
„Du bist nicht in der Position Anforderungen zu stellen, kleines.", sagte er ruhig und gelassen mit einem süffisanten Schmunzeln auf den Lippen.
Fieberhaft überlegte ich was ich darauf erwidern könnte um auch nur eine winzige Chance zu haben mich aus dieser misslichen Lage zu befreien.
„Du siehst so süß aus, wenn du nachdenkst." säuselte er und riss mich damit aus meinem Gedanken.
Fast hätte ich gelacht, so absurd war das kannte hier. Doch das war das letzte wozu mir gerade zumute war.
„Ach fick dich doch." murmelte ich.
„Also eigentlich würde ich lieber dich ficken." er grinste mich verführerisch an, versucht er gerade zu flirten? Denkt er wirklich so würde das funktionieren? Mich zu entführen und festzuhalten und dann verliebe ich mich zufällig in ihn? War das sein Plan? Oder war ich doch nur eine Freizeitbeschäftigung? Vielleicht machte es ihn Spaß Menschen zu quälen?
„Em, was ist hier los?", fragte Jan jetzt mit zitternder Stimme.
„Alles wird gut.", ich versuchte sie zu beruhigen, obwohl ich selbst von meiner Aussage absolut nicht überzeugt war und mit den Tränen kämpfte.
„Was hast du vor?" , fragte ich jetzt meinen Entführer zitternd. Meine Stimme bebte und ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort wissen wollte.
Er sagte nichts sondern lief nur zu den drei Jungs, die sich jetzt noch näher an die wand pressten, wenn das überhaupt möglich war.
„Lass sie in Ruhe!" rief ich.
„Warum sollte ich? Du hast nicht auf mich gehört. Warum sollte ich jetzt auf dich hören. Sie müssen jetzt bezahlen."
Langsam lief er auf mich zu und ich wich immer weiter zurück bis ich an die kahle, feuchte Wand stieß. Seine Lippen waren nur etwas von meinen entfernt als er flüsterte. „Und das ist alles deine Schuld."

Danach machte er auf dem Absatz kehrt und setzte sein ursprüngliches Vorhaben vor indem er zu den Jungs lief, sie grob packte und mir gegenüber auch an die wand kettete. Henry in der Mitte und so genau gegenüber von mir. Dann schlenderte er zu einem grauen Schrank. Schwungvoll stieß er die Tür auf und es bot sich mir ein grauenvoller Anblick:
Es war ein Waffenlager. Ordentlich aufgereiht lagen dort Messer, Sägen, Pistolen, Dolche bis hin zu Gürteln und Peitschen. An manchen klebte etwas Blut von wer weiß wem.
Ich wollte ihn anflehen uns einfach in Ruhe zu lassen, irgendetwas sagen oder tun. Doch meine Stimme versagte und mein Mut auch.

„Ich wollte das schon so lange tun", murmelte er mehr zu sich selbst. Er packte einen der Dolche und fixierte Henry mit hasserfüllten Augen. Wie man es sonst nur aus Horrorfilmen kennt bildete sich auf seinem Gesicht ein breites, völlig unmenschliches, psychopathisches Grinsen als er auf Henry zuraunte und ihm den Dolch mehrmals in den Bauch rammte. Entsetzt schrie ich auf und riss an den Ketten, als ob es irgendetwas ändern würde. Auch Henry schrie immer wieder vor Schmerz auf. Nun strömten die Tränen unkontrolliert meine Wangen hinunter. Ich wollte wegschauen, diese Grausamkeit nicht sehen, doch ich konnte nicht. Völlig Bewegungsunfähig beobachtete ich diese grausame Szene bis ich endlich meine Stimme wiederfand. Er bringt ihn um. Er bringt ihn um. Viel zu viel Blut quoll aus Henry und ich fragte mich ob er vielleicht schon tot war. Plötzlich taumelte der Angreifer zurück und ich erkannte die Ursache. Jan hatte ihn getreten. Der Entführer taumelte so weit zurück, dass er in meine Reichweite kam und aus meiner schockstarre erwachend packte ich ihn und zog ihn an mich um ihn von Henry fern zu halten. Er drehte den Kopf, durch meinen Tränenschleier sah ich seine Gesichtszüge nur verschwommen, das war meine einzige Chance ihn aufzuhalten. Ich war mir sicher das Henry einen weiteren Angriff niemals überleben würde, schon jetzt saß oder mehr lag er auf dem Boden als ob jedes Leben bereits aus ihm gewichen wäre.
„B-bitte, B-bitte, ich habe meine Lektion gelernt. D-Du bringst ihn um! I-Ich tue alles was du willst, aber b-bitte hör auf!", flüsterte ich. Bei jedem Wort versagte meine Stimme beinahe. Ich wischte mit die Tränen aus dem Gesicht und erkannte ihn nun besser. Seine Gesichtszüge schienen etwas weicher zu werden, fast glaubte ich etwas wie Reue darin zu erkennen. Er schüttelte den Kopf als wolle er seine Gedanken ordnen, stand wortlos auf und verließ den Raum. Dann war alles still. Man hörte einzig und allein meinen und Henrys röchelnden Atem, was zumindest hieß, dass er im Moment noch am Leben war.
„Was machen wir jetzt?", fragte Leon mit zitternder Stimme in die Runde.
„I-Ich weiß es nicht.", murmelte Jan und es hörte sich so an als sei jede Hoffnung aus ihm gewichen. Danach sagte keiner mehr etwas, doch für mich selbst fasste ich einen Entschluss. Ich würde nie wieder zulassen, dass er einem der Jungs oder sonst irgendwem wegen mir etwas antut. Ich durfte es nicht zulassen.

Blue eyes - looking into my soulWhere stories live. Discover now