Kapitel 36: Hausarrest

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Schweißgebadet und mit Tränen erwachte ich. Mein Atem ging schnell und flach. Langsam inspizierte ich mein Zimmer, ich war in meinem Zimmer. All das war ein nur Traum, ein Produkt meiner Fantasie! Ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren und mich zu beruhigen. Doch was, wenn mein Traum bald Realität wurde? Eine Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper und ich sah die Szenen meines Traumes ein weiteres Mal vor meinem inneren Auge. Mein Atem wurde wieder schneller und erneut überkam mich die Angst. Ich musste zu Xen! Jetzt! Sofort! Ich musste wissen, ob es ihm gut ging! Also sprang ich aus dem Bett, streifte mir die nächstbesten Klamotten über und wollte schon die Treppe hinunterstürzten, blieb jedoch abrupt stehen und schlich nun stattdessen bedacht darauf, meine Mutter nicht zu wecken, die Treppe hinunter. Mein Herz raste. Ein falscher Schritt und alles wäre vorbei. Ich wusste, dass eine der Stufen knarzte und meine Mutter hatte schon immer einen leichten Schlaf. Tagsüber bemerkte man es fast gar nicht, doch nachts umso mehr. Ich erinnerte mich nur noch wage an das eine mal, als ich mir als kleines Kind viel zu spät abends noch ein paar Süßigkeiten stibitzen wollte, was ziemlich nach hinten los ging und dafür sorgte, dass diese so schnell nicht mehr zu erreichen waren. Ganz oben auf das Regal in der Küche hatte meine Mutter sie gestellt. Genau so, dass ich sie immer sehen konnte, aber niemals dran kam. Doch jetzt ging es nicht um etwas belangloses wie Süßigkeiten. Ich beschloss, nur jede zweite Stufe zu nehmen und betete, dass ich einmal in meinem Leben Glück hatte. Mein Atem war deutlich zu hören, obwohl ich bei jedem Schritt die Luft anhielt.

Ich hatte nun fast die Mitte erreicht und ich wusste, das die Stufe, die mein Ende bedeuten konnte, bald kommen würde. Ich kniff die Augen zusammen und setze meinen Fuß sachte auf einer der Stufen ab, doch das meiste meines Gewichtes hielt ich noch auf dem anderen Bein. Immer weiter setze ich ihn ab, bis ich schließlich sicher stand. Kein Knarzen. Erleichtert atmete ich auf, doch ich wusste, dass noch ein paar Stufen kamen. Die nächste betrat ich nun schneller, auch diesmal knarzte nichts. „Noch ein paar Schritte, nur noch ein bisschen!", dachte ich bei mir. Wieder streckte ich meinen Fuß nach vorne und setze ihn sachte auf der nächsten Stufe ab. Nur noch ein einziger Schritt, dann wäre ich sicher auf dem Fußboden angekommen. „Augen zu und durch!", murmelte ich zu mir selbst und setzte meinen Fuß nun ein letztes Mal nach vorne. Keinen einzigen Mucks gab die Treppenstufe von sich. Erleichtert landete ich elegant auf dem Fußboden und schlich zur Garderobe um mir schnell noch eine Jacke zu schnappen und mir Schuhe anzuziehen. Nachdem ich die Türklinke leise runtergedrückt hatte und die Tür hinter mir zugefallen war, trat ich raus in die Nacht. Die Straßen waren menschenleer und man hörte das grillen der Zirpen. Der fast volle Mond strahlte in seiner vollen Pracht auf mich hinab und eine leichte Brise wehte mir ins Gesicht. Doch meine Gedanken waren nicht dieser Nacht oder dem Mond. Nein, ich dachte einzig und allein an Xen. Mit einer Energie, von der ich selbst nicht wusste, woher sie kam, sprintete ich los zum Gefängnis. Ich kannte diese Stadt in und auswendig, da ich fast mein ganzes Leben hier verbracht hatte. Fast automatisch folgte ich dem Weg, der mich zu meinem Geliebten bringen würde. Ich war hellwach und voller Energie, die Kälte oder das Seitenstechen spürte ich nicht. Mein Herz pochte. Als ich endlich prustend und keuchend an meinem Ziel ankam, stürmte ich sofort zur Eingangstür, welche natürlich verschlossen war. Als ich das Fenster inspizierte und drauf und dran war irgendeinen Stein dagegen zu werfen und dann nun mal so ins Innere zu gelangen, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf. „Versprich mir, dich nicht in Gefahr zu bringen.", forderte Xen.
Ja, ich hatte es ihm versprochen und das letzte was ich wollte war, ihn zu enttäuschen. Doch was jetzt? Schlagartig wurde mir bewusst, wie lächerlich das hier war. Mit meinem rosa-roten Pyjama mit den kurzen Ärmeln, versuchte ich gerade im Gefängnis einzubrechen. Selbst wenn Xen dort Probleme hatte, wie sollte ich ihm da bitte helfen? Ohne irgendeinen Plan war ich in die Finsternis gerannt und nun war ich hier. Auch wenn es definitiv das vernünftigste gewesen wäre, wollte ich nicht nach Hause. Nein, das war es nicht mehr. Ich wollte nicht in das Haus meiner Mutter zurück. Wieder einmal begannen Tränen meine Wagen hinunterzurollen und wieder einmal hasste ich mich selbst dafür, so schwach zu sein. Ich zitterte vor Angst und Kälte. Plötzlich bog ein schwarzes Auto in rasender Geschwindigkeit um die Ecke und hielt quietschend direkt vor mir. Bevor ich richtig reagieren konnte, wurde ich gepackt und ins Auto gezerrt, die Gestalt joggte zum Auto, setzte sich ans Steuer und gab wieder Gas. Auch wenn ich alles durch meinen Tränenschleier verschwommen sah, wusste ich das ich mich in einer ziemlich misslichen Lage befand. Dann schaltete ich ganz schnell, erwachte aus meiner schockstarre. Ich konnte so etwas nicht nochmal verkraften! „Hilfe!", brüllte ich.
Mit voller Kraft hämmerte ich gegen die Autotür und schrie weiter.
„Verdammt! Emma, beruhig dich!" Diese Stimme kam mit bekannt vor, jedoch wusste ich nicht woher.
Ich blinzelte und erkannte das erschrockene, besorgte Gesicht meiner Mutter, welches durch den Rückspiegel in mein Gesicht starrte.
„Omg Mum! Was hast du dir dabei gedacht mich so zu erschrecken? Ich hatte die Angst meines Lebens!", fauchte ich sie an.
„Das gleiche könnte ich dich fragen.", brummte sie und man konnte den Vorwurf darin hören.
„Ich Schätzchen du weinst ja!", meinte sie besorgt. Ich schnaufte nur verächtlich und drehte meinen Kopf weg. Eine Predigt folgte, sie mache sich doch solche Sorgen um mich und wolle nur das beste für mich. Mein Gesichtsausdruck blieb kalt und regungslos, während die Wut in mir brodelte.
Als wir dann wieder im Haus meiner Mutter angekommen waren und ich schon die Treppe hoch in das Schlafzimmer was mal meines war, laufen wollte, sagte meine Mutter etwas, was das Fass deutlich zum Überlaufen brachte.
„Du hast Hausarrest."
„Was, nein, das ist so unfair!", protestierte ich entrüstet.
„Versteh doch, dass ich das nur tue, um dich zu beschützen. Du weißt einfach nicht was gut für dich ist... Wer gut für dich ist."
„Ah ja, wer hat denn mit meinem Vater gevögelt? Wer hat, anstatt ihn einsperren zu lassen, einfach nichts getan? Wer hat dafür gesorgt, dass ich die Hölle durchmachen musste? WER?", brüllte ich ihr entgegen und bevor sie etwas erwidern konnte fuhr ich fort.
„Aber weißt du wer meinen Vater eingesperrt hat? Weißt du, wer mich vor ihm gerettet hat? Weißt du, wer wirklich gut für mich ist? Xen!" Geschockt stand sie da und blickte mich an. Mit einem verächtlichem Schnauben lief ich die Treppe hoch. Von ihr würde ich mir bestimmt nichts sagen lassen!

Blue eyes - looking into my soulTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang