||Kapitel 6||

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Meine Nacht ist unruhig, ich kann kaum mehr als zehn Minuten meine Augen geschlossen halten. Doch irgendwie schaffe ich es durch die Nacht.  Die Hängematte wiegt sich leicht im kühlen Wind, der schon die ganze Zeit weht. Die Decken und meine Jacke, halten mich davon ab zu erfrieren. Langsam richte ich mich auf. Die Lichtung ist noch in Dunkelheit eingehüllt, ich sehe nur die ersten paar Lichtstrahlen, die sich über der Mauer erstrecken. Ich sehe noch niemanden der auch wach ist, ich scheine die erste zu sein. Leise versuche ich aus der Hängematte rauszukommen, die mich fast schon verschlingt. Chuck liegt ein paar Hängematten weiter, er schläft Seelen ruhig und ich meine auch ein leichtes schnarchen zu vernehmen. Weiter weg von den Hängematten, meine ich jemanden zu erkennen, allerdings ist diese Person im nächsten Moment hinter einem baum verschwunden. Ich laufe los. Richtung der Mauern, nicht einmal die Tore sind jetzt geöffnet, aber lange kann es nicht mehr dauern. Meine Erinnerungen von gestern Abend schießen mir in den Kopf. Es steht fest dass ich Läufer werden muss. Ansonsten habe ich wohl keine Chance einen Ausweg hier zu finden. Wie ich dass schaffen will, wie ich sie überzeugen will, weiß ich nicht. Aber mehr fällt schon etwas ein. Ich habe dass Gefühl, mir fällt immer etwas ein. Aber auch ein paar andere Erinnerungen von gestern, schießen mir in den Kopf. Gally, der mich vor allen anderen, lächerlich gemacht hat. Mich gedemütigt hat und sich selbst damit nur noch mehr bewiesen hat, dass er Kontrolle besitzt. Aber dann schießt mir noch etwas anderes in den Kopf. Mein Name. Ich heiße Nea. Er ist einfach wieder in meinem Kopf, als wäre er nie weg gewesen. Und ich habe keine Ahnung wie das möglich ist. Ich dachte ich würde mich besser fühlen, wenn ich meinen Namen wieder habe. Aber es fühlt sich alles andere als besser an. Mein Name ist wieder da, aber die Person, die der Name wirklich gehört, wird für immer weg sein. Ich bin ein Niemand. Ich habe keine Ahnung wer ich wirklich bin, wer ich war, eher. Und jetzt da ich den Namen habe, weiß ich wie sehr ich die alte Version von mir, zurück hätte. Niemals werde ich diese komplette fülle erleben, niemals werde ich wieder wissen, wie ich vorher gelebt habe. Diese Gedanken bringen mich irgendwann noch um. 
"Schon wach Frischling?" Alby kommt hinter mir hervor, er scheint die Person von eben zu sein. Frischling muss man mich ja jetzt nicht mehr nennen. Mein Name ist wieder da, sollte man den dann nicht benutzen? Trotzdem überlege ich hin und her, ob ich wirklich den Namen sagen soll.
"Nea." Kommt es wie ein flüstern über meine Lippen. Vielleicht hoffe ich dass es keiner hört, damit ich mir es nochmal anders überlegen kann. 
"Was sagtest du?" Er sieht mich an. Also hat er es doch gehört. 
"Mein Name ist Nea." Sage ich und vielleicht werde ich diese Entscheidung bereuen, aber jetzt kann ich es sowieso nicht ändern. Alby fängt an zu lächeln.
"Herzlichen Glückwunsch. Dann wird es jetzt Zeit." Sagt er erfreut. Zeit? Für was Zeit?

"Zeit für was?"

Alby führt mich zu einen der Mauern. Genau in diesem Moment fällt mir auf, was sich auf dieser Mauer befindet. Namen. Viele Namen. Zum Beispiel springt mir Albys ins Auge. Dann aber auch Namen, die durchgestrichen sind. 
"Was ist mit denen?" Ich zeige auf einen der durchgestrichenen. Auch wenn ich mir beinahe schon denken kann, was mit ihnen ist.
"Wir haben gute Zeiten, aber auch schlechte." Beantwortet er mir meine Frage. Dann hält er mir ein Messer hin. Ich nehme es an, weiß direkt was ich damit zu tun habe und setze an der Wand an. Vorsichtig meißele ich den Namen, der mir gehören zu scheint, in die Wand hinein. Es ist schwerer als es aussieht. Vor allem dass E erkennbar hinzubekommen, ist ziemlich schwer. Doch nach ein paar Minuten, steht mein Name an der Wand. Mein Name mit meiner Handschrift. 
"Du bist eine von uns. Vergiss dass nicht." Ich drehe meinen Kopf zu Alby. Eine von ihnen. Das könnte ich niemals sein. Nicht in 100 Jahren. Ich erwidere nichts. Zum Glück ist er derjenige, der das Gespräch weiter führt. Dann muss ich dass nicht machen. 
Nach dem Frühstück wirst du alle Jobs hier auf der Lichtung kennen lernen. Vielleicht nicht alle, manche kommen noch morgen, aber ein paar." Er pausiert. Blickt zur Mauer, wo ich eben noch meinen Namen verewigt habe, dann aber wieder zurück zu mir. 
"Weißt du schon was du als erstes ausprobieren willst? Irgendein Favorit?" Fragt er mich. Das ich Läufer werden will, behalte ich vorerst für mich. Es ist ja Gestern nicht so gut angekommen. Vielleicht muss ich erst ein paar plus punkte verdienen, bis ich Forderungen, so wie einen Job, stellen kann. Chucks Worte springen mir in den Kopf. Jetzt weiß ich, was ich ausprobieren werde.
"Ich würde gerne in die Küche gehen. " Gebe ich knapp von mir. Mein Gegenüber nickt lächelnd, erfreut darüber dass ich meinen Wunsch geäußert habe. Er nickt einverstanden. 
"Pfanne würd sich über neue Gesellschaft freuen." Er grinst, dann fügt er noch hinzu:
"Vielleicht willst du dich nochmal ausruhen, bis das Frühstück anfängt? So früh ist sonst niemand unterwegs." Ich nicke ihm zu bevor ich mich umdrehe. Schlafen werde ich wohl trotzdem nicht. Wenn ich einmal komplett wach bin, ist es fast unmöglich wieder einzuschlafen. Die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich am oberen Teil der Mauer. So lange kann es ja nicht dauern bis die anderen wach sind. Deswegen lohnt es sich auch kaum, nochmal zu schlafen. Für die restlichen paar Minuten, lege ich mich zwar wieder in die Hängematte, versuche allerdings gar nicht erst einzuschlafen. Ich frage mich wie der Tag dann aussehen wird. Wie lange man wohl arbeiten muss? Wie sieht das Frühstück hier aus? So viele neue Fragen, die mir Gestern nicht einmal in den Sinn kahmen. Ich bin gespannt wie die Routine der Jungs hier ist. Ob diese wohl für mich einen Sinn ergeben wird? Von dem was ich bisher weiß, vermutlich nicht. Es ist schwer mich darauf einzulassen, wenn ich nicht weiß was mein altes ich, gemacht hätte. Es fühlt sich nicht richtig an wenn ich Entscheidungen treffe, es fühlt sich an als würde ich damit, immer ein weiteres Stück von meinem vorherigen ich entfernen.

Kurze Zeit später ertönt ein lautes Geräusch, eine Art Sirene. Aber nicht so eine, wie ich sie aus der Box gehört habe. Wie ich sehe, wachen alle davon auf, setzen sich auf und machen sich auf den weg in eine der Hütten. Also eine Art Wecker? Der Sound davon ist vielleicht nicht der beste davon aufzuwachen, aber das ist wohl das wo ich mir am wenigsten Gedanken machen kann. Das heißt, jetzt ist Frühstücks Zeit.

 Das heißt, jetzt ist Frühstücks Zeit

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𝐈𝐧𝐭𝐨 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐚𝐳𝐞 |ⁿᵉʷᵗWhere stories live. Discover now