Kapitel 102 - Januar bis April 2003 (*1*)

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Ein paar Tage später ging das Studium wieder weiter. Tom hatte Panik, Sina alleine zu lassen. Für die erste Woche hatte er akribisch einen Plan ausgearbeitet, damit immer jemand bei ihr war.

Fabian und Andrea mit der kleinen Lea, Patrick und Marie, ihre Eltern, Oli und Greta, die ein festes Paar geworden waren, Marc, Ben und Nick gaben sich die Türe in die Hand.

Als er Professor Osterwald von dem schrecklichen Erlebnis erzählte, reihte der sich mit Jessi in den Besucherkreis ein. Tom vergab an die beiden bevorzugt Termine, an denen sonst Nick, Ben oder Marc alleine mit ihr gewesen wären. Nicht, dass er ihr nicht vertraut hätte, aber man musste sein Glück ja nicht herausfordern!

In der zweiten Woche lockerte er die Rundumüberwachung ein wenig. Sie durfte mit Marie durch die Stadt ziehen, beide brauchten etwas weitere Klamotten, ihre Bäuchlein wuchsen langsam.
Danach kehrte der wunderbare Alltag wieder ein. Sinas Rundung nahm fast täglich zu. Sie haderte mit ihrem Aussehen, da sie ansonsten immer noch zierlich war, aber diesen riesigen Bauch vor sich hertrug.

Tom konnte oft das Lachen nicht unterdrücken, wenn sie sich im Spiegel betrachtete. Sie hatte ja keine Ahnung, wie schön sie war, immer schöner wurde von Tag zu Tag in seinen Augen.

Immer wieder wurde er zu Einsätzen gerufen, immer wieder auch einmal in die Berge bei Lawinenabgängen.

Sina starb zu Hause tausend Tode, weil sie wusste, dass er alles geben würde für die Opfer.
Er starb tausend Tode, weil er Angst um sie hatte, um die Kinder, vor Susanne.

Wenn er weg musste, organisierte er noch immer Aufsichtspersonen für seine Süße.
Mit der körperlichen Liebe waren sie etwas vorsichtiger, etwas!

Er nahm sich oft und oft vor, sich zu beherrschen, schaffte es aber nicht so, wie er wollte. Sie waren glücklicher als je in ihrem Leben, genossen jede Stunde, die sie zusammen waren.
Sie lasen viel, Sina schrieb, Tom lernte, immer wieder versuchten sie sich in der Küche, hin und wieder gelang auch etwas, vor allem Braten, wegen der langen Kusspausen!

Sie hatten oft Gäste, machten oft Besuche.
Oli und Greta zogen zusammen, erinnerten sie in ihrer Verliebtheit an sie beide.
Die restlichen unwiderstehlichen Zwei zogen den dritten in ihrem ehemaligen Bund oft auf, was der lächelnd ignorierte.

Das Verfahren gegen Susanne wurde eröffnet, doch sie war nicht verhandlungsfähig.
Bernadette kam eines Abends bei Tom und Sina vorbei, konnte selbst nicht sagen, warum, wollte die beiden informieren, wollte aber wahrscheinlich einfach sehen, ob es ihnen gut ging.

Sie hatte oft an die beiden denken müssen in den letzten Wochen. Die dunklen Wintertage ließen sie sich einsam fühlen.
Die Sache mit Sven hatte sich nicht so entwickelt, wie sie beide gehofft hatten. Sie wurden Freunde, aber der Funke wollte einfach nicht überspringen.

Marc war gerade zu Besuch, sie hatten viel zu besprechen. Der Verein forderte eine Menge an Zeit, sie planten die neuesten Aktionen. Greta brachte sich zusammen mit Oli ein, sie war eine große Bereicherung, brannte für die Sache, hatte viele Ideen.
Sie hatte ja auf der Notfallstation immer wieder die Opfer von Drogenmissbrauch vor Augen, hasste diese Vergeudung von Leben,

Als es an diesem Abend läutete, öffnete Tom vorsichtig die Wohnungstüre. Sie hatten eine Gegensprechanlage und eine Kette anbringen lassen. Er war erstaunt und auch beunruhigt, als er die junge Untersuchungsrichterin erkannte, befürchtete wieder einmal schlechte Nachrichten.

Sie beruhigte ihn: „Entschuldigen Sie den Überfall! Ich hätte anrufen sollen! Ich wollte Sie nur über den Stand der Dinge informieren."

Das hättest du ja wirklich telefonisch machen können! dachte er leicht genervt.
„Kommen Sie herein!" Seine Einladung war auch nur halbfreundlich. Als sie das Wohnzimmer betrat, bekam Sina einen Riesenschreck.

Tom nahm sie von hinten in den Arm. „Alles gut, Süße!"
Bernadette berichtete vom geplatzten Prozess, Sina hörte zitternd zu, fasste sich aber bald wieder.

Sie wusste, die junge Frau hatte es gut gemeint. Sie bot ihr Platz an, Tom brachte ihr wohl oder übel etwas zu trinken. Die Juristin sah sich interessiert die Druckvorlagen an, die den Tisch belagerten. Tom erzählte vom Verein, ihrer Arbeit, ihren Träumen.

Bernadette war hin und weg von den beiden jungen Leuten und ein bisschen auch von dem Mann, den sie Marc nannten.
Sie fühlte sich wohl in dieser Runde.
Sie hatte nicht viele Freunde in der Stadt, in die sie gezogen war, als sie die Stelle am Gericht angetreten hatte, eigentlich gar keine, na gut, Sven vielleicht!

Da sprach sie spontan den Gedanken aus, der ihr gerade durch den Kopf gegangen war. „Sie könnten nicht zufällig eine Juristin brauchen?"
Die drei sahen sich verwundert an. Sie hatten sich gerade unterhalten, dass sie zwar jede Menge Informatiker kannten, aber manches Mal juristischen Beistand bräuchten.

So unterschrieb eine Untersuchungsrichterin, die vor einiger Zeit einen gewissen Tom Bergmann zu einer Nacht in einer Arrestzelle verdonnert hatte, weil sie von seiner Schuld überzeugt sein wollte, die Beitrittserklärung zu einem Verein, den er vor 14 Jahren gegründet hatte. Sie beschlossen sich zu duzen.

„Aber wenn du mich wieder einmal einbuchten willst, sieze ich dich wieder!" drohte Tom lachend.
Bernadette genoss die Stunden in dieser gemütlichen Wohnung mitten in der Stadt, sie genoss es, dieses Liebespaar zu beobachten, und sie genoss es auch, die Blicke von Marc auf sich zu spüren.

Nach einiger Zeit genoss sie es auch, diese Blicke zu erwidern.
Als sie aufbrach, hatte auch Marc es plötzlich sehr eilig. Sein Auto stand zwar im Hof, er tat aber so, als hätte er den gleichen Weg wie sie.
„Wollen wir noch ein Glas Wein trinken?" schlug er, verwundert über seinen Mut, vor.
„Ja, gerne!" stimmte sie, ebenso verwundert, zu.

Sie saßen lange in der kleinen Bar, er berichtete ihr von den Erfolgen des Vereines, sie von ihrer Arbeit, wie frustrierend ihr Job oft war. Beide fühlten, dass etwas am Entstehen war zwischen ihnen, etwas Schönes.

Er dachte an Sinas Antwort auf seine Frage, wie man eine Frau denn erobern könnte: „Gaaanz vorsichtig!"
Als sie vor ihrem Wagen standen, nahm er sie ganz vorsichtig in den Arm, küsste sie ebenso. Bernadette empfand Gefühle wie noch nie, war erregt wie noch nie.
„Können wir uns morgen Abend sehen?" fragte er und machte ein Date mit einer strahlenden Juristin aus.

Sina und Tom grinsten sich an. „Blitz! Blitz! Peng! Peng!" Ihre Hände zuckten, trafen ihr Herz. „Es hat eingeschlagen! Schau! Schau!" freute sie sich.
„Marc und Bernadette! Ich fasse es nicht!" Er lachte sich kringelig.

Sina wurde immer runder. Wenn sie durchs Zimmer watschelte, bekam Tom einen Lachanfall. Wenn sie vom Sofa hochwollte, war er versucht, einen Lastenkran zu holen. Sie füllte zwei Drittel des riesigen Bettes, und er fand sie jeden Tag wunderbarer.

Ihre Kleidungsstücke hatten Zeltausmaße, sie konnte ihre Füße nicht mehr sehen, wenn sie in Schuhe schlüpfen wollte, doch er begehrte sie, wie am ersten Tag, liebte sie jeden Tag mehr. Er wusch ihr die Haare, half ihr beim Anziehen, ertrug lachend ihr Maulen, wusste, dass sie es nicht ernst meinte, wenn sie drohte, den Kondomhersteller zu verklagen.

Errechneter Geburtstermin für Vincent war Mitte April, für Annika und Felix Mitte Mai. Aber Tom und Sina wussten, dass die Zwillinge wahrscheinlich eher geholt werden mussten, eine Tatsache, die sie beide etwas nervös machte.

 Noch immer war Felix der große Brocken, Annika zu klein. Tom schimpfte nach jeder Untersuchung mit seinem Sohn, Ende Februar schien sich der kleine Mann zu besinnen, das Mädchen holte sichtlich auf.


Es lohnt sich zu kämpfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt