Neugierde

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„Du bist aber früh an", stellte Bea lächelnd fest und warf einen Blick auf die Uhr oberhalb der Gruppentür. „...aus dem Bett gefallen?". „Ähnlich", lächelte Charlie, huschte in den Personalraum und schlüpfte in ihre gemusterten Birkenstocks. Auch für die Erzieher galt ‚Hausschuhpflicht'.

„...und ich muss sagen, die Ruhe gefällt mir ganz gut", fuhr Charlie fort und trat in den Gruppenraum zurück. Bea lachte: „...die ist gleich vorbei". „Morgen", schallte nur wenige Augenblicke später eine Kinderstimme durch den Raum, welche sie sogleich dem gut gelaunten Sonnenschein Finn zuordnen konnte. Charlie lächelte: „Guten Morgen, Finn". „Ich habe heute mein Kuscheltiger dabei.", grinste er stolz und hielt Bea und Charlie sein verkuscheltes Stofftier unter die Nase. „Heute ist aber kein Spielzeugtag, Finn", warf Bea ein und hob eine Augenbraue: „...bringst du ihn bitte in dein Fach. Er macht dort Pause". Schnaubend sah er zu Bea, dann zu Charlie. Das war es dann wohl mit der guten Laune des Sonnenscheins.

„Wo ist Charlie?", hörte Charlie eine ihre bekannte Jungenstimme auf dem Flur. Filip. Schmunzelnd hing sie die Teebeutel in den großen Topf mit heißem Wasser und streckte den Kopf aus der Küche. „Guten Morgen, Filip", lächelte sie, was den kleinen Jungen augenblicklich strahlen ließ. „Wach?", erkundigte sie sich angesichts dessen, dass Filip noch vor einer knappen Stunde kaum ansprechbar gewesen und seinem Vater kaum eine Sekunde von der Seite gewichen war. Filip nickte eifrig. „Das würde ich nicht unterschreiben", warf Patryk ein. Allein der Klang seiner Stimme ließ sie aufsehen, rief augenblicklich die Erinnerung an ihre morgendliche Begegnung in seinem Badezimmer wach. Für einen Augenblick schloss sie die Augen, verdrängte die aufkeimende Erregung ihres Körpers, atmete tief durch, bevor sie das Wort ergriff: „Guten Morgen, Herr Mazur", grüßte sie bemüht sachlich, auf seinen Lippen ein verschmitztes Grinsen, ein Grinsen, welches kaum hätte verführerischer sein können. „Sprechen Sie von sich?", witzelte sie und sah ihm herausfordernd in die Augen. Patryk leckte sich über die Lippen, ließ seinen Blick offenkundig über ihren Körper schweifen und trat ungeachtet ihrer Worte einen Schritt auf sie zu: „Im Handtuch hast du mir besser gefallen, Kleines", knurrte er leise, was Charlie hart schlucken ließ, ihr Blick fest auf sein Gesicht gerichtet. In seinen Augen eine Kombination aus Schalk und unbändiger Erregung. Wie zur Hölle konnte das sein? Mühevoll riss sie sich von seinem fesselnden Blick los, räusperte sich und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den kleinen Jungen, welcher sie durch seine Brillengläser mit großen Augen ansah: „Na komm, kleiner Mann", sagte sie bemüht ruhig, warf Patryk einen letzten Blick zu und verschwand mit Filip im Gruppenraum. Dort angekommen atmete sie auf, irritiert von der unglaublich intensiven Reaktion ihres Körpers auf seine bloße Anwesenheit. Wie machte er das? Wie konnte er eine solche Erhabenheit ausstrahlen, ein solch überwältigendes Selbstbewusstsein an den Tag legen. Keine Scham, keine Unsicherheit, keine Beklemmung, sondern reine Selbstverständlichkeit. Was tat dieser Mann den ganzen Tag? Was tat er, wenn Filip in der Kita war? Womit verdiente er tatsächlich seinen Lebensunterhalt? Callboy, Geschäftsführer eines Sexclubs, Pornos, Dominus – schossen ihr die Worte nur so in den Kopf. Was hatte all das zu bedeuten? Wer war dieser Mann wirklich?

Charlie sah auf, vergewisserte sich, dass die Kinder friedlich auf ihren Matratzen lagen, und begann von ihrem unglaublichen Wissensdurst getrieben zu tippen: www.DarkSide.de. Aufmerksam scrollte sie durch die Reiter des Menüs, tippte auf die Galerie. Bilder des DarkSide, Bilder der einzelnen Räume. Sie schluckte. Bilder von Patryk – Unglaubliche Bilder. Diese Präsenz, diese Ausstrahlung, diese erotische Aura, welche ihn regelrecht zu umgeben schien. Zögerlich biss sich Charlie auf die Unterlippe. Was er wohl in der Nacht alles getan hatte. – Ich ficke nicht- , hallten seine Worte in ihrem Kopf wieder. Was tat er dann? Wie sah seine Arbeit aus. Angefixt von ihrer Neugierde suchte sie sich weiter durch die Reiter, schob ihren Finger weiter über das Display ihres Handys, bis sie schlagartig innehielt. Sie schmunzelte triumphierend – Das war es!

DarkSide - Femme FataleWhere stories live. Discover now