Nach dem Tod ist Ruh

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Die diesjährigen Sommerferien nachdem Wednesday mitten im Schuljahr der Nevermore Academy beigetreten war, vergingen schnell, zu schnell. Gleich nachdem sie ihr vertrautes Heim betreten hatte, machte sie sich auf den Weg in ihr Zimmer.

Ihre Eltern Gomez und Morticia hatten zwar vor, einen lächerlichen Akt der verzweifelten Annäherung zu starten, aber Wednesday lehnte ab. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Gedanken zu sortieren und herauszufinden, wer ihr persönlicher Stalker war. Außerdem hatte sie den Kuchen in der Eingangshalle gesehen, dieser war zwar pechschwarz, wie ihre Seele, aber mit Perlen verziert.

Sie bräuchte keine übermäßige Aufmerksamkeit, geäußert in weißen Zuckerperlen, die in einer stinknormalen Massenproduktion hergestellt wurden, um normalen Menschen einen Hauch von Besonderheit zu vermitteln. Diese armselige Bestätigung hatte sie nicht nötig.

In ihrem Zimmer angekommen, war ihr wohl erst nach dem Tod die Ruhe gewährt, da sie ihren jüngeren, von Emotionen geplagten, Bruder Pugsley auf ihrem Bett sitzen sah. Am Türrahmen stehend, starrte sie ihren Bruder so lange an, bis sein Blick, nachdem er ihr kleines Labor bewundert hatte, zu ihr glitt.

Gerade als er etwas sagen wollte, handelte Wednesday schneller. Sie legte ihren rechten Zeigefinger kurz auf ihren Mund, als Signal, dass er nicht sprechen sollte, was er auch beachtete. Er saß noch da und sah in Wednesday durchbohrenden Blick. „Pugsley, weshalb besinnst du mein Zimmer, in welchem harte Arbeit bevorsteht, mit deinem verfaulten Körper? In einem Umkreis von zwanzig Metern rieche ich bei dir den Tod, gemischt mit Löwenscheiße. Eigentlich genieße ich den Geruch von Tod, aber du musst natürlich diesen besonderen Geruch ruinieren. Jetzt verlasse mein Zimmer, bevor ich dich eigenhändig enthaupte", teilte sie ihrem perplexten Bruder mit, ohne auch nur eine Mine zu verziehen.
Ihre emotionslosen Blicke trafen ihre Aussprache, alles war so kalt wie der Tod.

Ihr jüngerer Bruder stand wortlos auf, aber lief zu ihr und lächelte. „Ich habe dich auch vermisst, Wednesday. Endlich bist du wieder zu Hause, erzähl mir etwas von der Nevermore Academy, da nach meinem Besuch bestimmt viel Interessantes passiert ist.“ Aufgeregt und erwartend wartete Pugsley auf ihre Antwort, doch war sie nicht wie gewünscht.

„Pugsley, solange du nicht gegen die sogenannten sportlichen Kannibalen der Schulzeit ankommst, werde ich dir nichts erzählen. Bewältige erstmal die zwickenden Kakerlaken, bis ich dir vielleicht etwas anvertrauen kann. Solange kann ich keinen Säugling an meiner Seite gebrauchen und jetzt raus!“ Der Tonfall von Wednesday erhob sich und ihr Blick wurde noch intensiver, ihr kleiner Bruder sollte sich um seine eigenen Probleme kümmern.

Pugsley machte aber nicht die Anstalten, zu gehen, er wollte ihr eher nach dieser Verurteilung zeigen, wie stark er doch eigentlich war. Mit einem festen Blick ging er noch näher auf seine Schwester zu und streckte sich, um größer zu wirken. Er versuchte Wednesdays Blick stand zu halten, was ihm halbwegs gelang und doch wirkte er immer noch schwächer. „Ich bin stärker, als du denkst Schwester!", schrie er sie an und nahm im Überraschungsmoment so schnell wie er konnte eine Axt, die neben ihm in einer Kiste lag und warf diese direkt in die Richtung, wo auch Wednesdays Kopf war.

Es waren nur wenige Sekunden, die Pugsley für seinen Beweis brauchte, aber Wednesday wich der Axt aus, als ob sie jeden Tag nichts anderes machen würde. Ihr Blick veränderte sich nicht und als die Axt den Türrahmen traf, hatte sie keine Absichten, nach dieser zu sehen. Pugsley jedoch sah zu der Axt, die sich nur leicht im Rahmen festhalten konnte, weswegen sie klirrend auf den Boden fiel. Wortlos versuchte er, sich zur Tür zu schleichen, um zu verschwinden, was aber nicht passierte, da Wednesday davor ihre Tür zu schloss und langsam ohne Worte auf ihren Bruder zu lief.

Pugsley ging, im Gegensatz zu ihr, rückwärts, um ihr auszuweichen, aber es brachte ihm nichts. Er spürte bald darauf hinter sich die Wand und kurz darauf auch Wednesdays Faust in seinem Gesicht. Ohne Vorwarnung fiel er auf den harten Boden, da Wednesday nicht gerade vorhatte, ihn aufzufangen.

Eine Zeit später wachte Pugsley wieder auf und sah sich unter einer riesen Klinge liegen, anscheinend hatte Wednesday ihre Guillotine extra für ihn aufgebaut. Die Tatsache berührte ihn, dennoch war er jetzt gefangen, sein Kopf war viel zu groß, um ihn durch das kleine Loch zu quetschen. Er saß fest und beobachtete seine große Schwester, die sich vor seinen Kopf kniete und ihre Hände ineinander verschränkte.

„Nach all den Jahren kannst du immer noch nicht mit einer Axt werfen, dabei müsstest du nur richtig zielen und den Weg berechnen können. Wenn du keine richtige Kraft hast und die Axt langsam fliegt, musst du damit rechnen, dass dein Ziel die Zeit hat, um auszuweichen. Du solltest Ausschau halten, wo die Axt dann rechtmäßig ins Schwarze treffen wird oder es kann dein Tod sein, Pugsley Addams", erklärte Wednesday ihrem Bruder mit einem ermahnenden Unterton und starrte Pugsley weiter an.

Sie wartete auf eine Antwort, aber ihr Bruder blieb ruhig, weswegen Wednesday die Situation nutzte, um ihn etwas zu fragen: "Weshalb besitzt du so viel Schwäche wie ein neugeborener Addams und bringst es nicht zu Stande, dich zu wehren? Kein Wunder, dass die Kakerlaken dich nicht respektieren. Du solltest ihnen zeigen, wer du bist und aus welcher Familie du stammst. Egal wie, lass dich nicht mehr schikanieren, denn ich bin nicht mehr da, um dir deinen Hintern zu retten, das ist ganz allein deine Aufgabe. Du bist ein Addams, vermittel es denen. Hast du das verstanden?", fragte Wednesday mit blitzenden Augen und bekam von ihm ein einfaches „Ja“ als Antwort.

Das genügte ihr. Sie befreite ihn von ihrer Guillotine, es dauerte nicht lange, bis ihr Bruder danach aus ihrem Zimmer stürmte, aber ihr war es recht. Sie hatte nun endlich ihre Ruhe, um zu ermitteln, wer ihr die Fotos gesendet hatte und was die Person vermeintlich von ihr will.

Es vergingen Minuten, die zu Stunden wurden, ebenfalls Tage zu Wochen. Wednesday verbiss sich geradezu an ihren zur Verfügung stehenden Materialien, aber sie bekam es nicht raus. Ihre Fotowand bestehend aus den Bildern, die ihr zugesendet wurden und von potentiellen Verdächtigen. Doch sie mussten es nicht sein, es könnte jeder in der Nervermore Academy und sogar aus Jericho sein.

Sie hatte die Aufmerksamkeit von jemanden geweckt, der genau wusste, was sie vorgehabt hatte und wo sie sich befand. So könnte es doch nur jemand sein, der ihr nahe stand oder? Oder doch jemand, der lieber im Schatten verweilte?

Wednesday Season TwoWhere stories live. Discover now