1. Kapitel

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Als Clarke die Augen aufschlug, war sie sich nicht sicher, was genau geschehen war. Sie erinnerte sich schemenhaft daran, dass sie wohl auf dem Weg zur Erde sein mussten. Während sich ihre Sicht verbesserte, verschwand auch der Nebel um ihre Gedanken und die Erinnerungen prasselten nur so auf sie ein.

„Abby, die Ark wird in 6 Jahren keine Luft mehr haben!" - „Du wirst schon eine Lösung finden!" - „Dieses Mal nicht... es ist ein Defekt, kein Fehler. Ein Fehler kann behoben werden, ein Schaden höchstens repariert, solange er noch gering ist. Doch dieser ist zu groß!"

Clarke erinnerte sich genau an dieses Gespräch. Es war nun knapp über ein Jahr her, seit sie an der Wand stand und den Streit ihrer Eltern verfolgte. Sie hatte schnell gemerkt, dass sie nicht erwünscht wäre, weshalb sie sich bedeckt hielt. Je länger die Blonde zuhörte, desto mehr Sinn ergab alles. All die Blicke ihres Vaters, wenn er dachte, dass niemand hinsah. Das eingefallene Gesicht, die Fragezeichen, die förmlich über seinen Kopf geleuchtet hatten.

Und nun war sie hier. Auf dem Dropship. Auf dem Weg zur Erde. Mit Kriminellen. Wobei, laut Gesetz war sie ebenfalls kriminell. Oder zumindest des Hochverrats angeklagt. Was war schlimmer? Mit einem traurigen Lächeln erinnerte sich Clarke an ihren Vater zurück. Daran, wie sie geplant hatten, den Bewohnern der Raumstation mitzuteilen, dass ihnen der Sauerstoff ausging. Doch bevor sie etwas tun konnten, war er weg. Gefloatet. Einfach tot. Ihr Vater, der, der immer für sie da war, der sie hielt, wenn sie als Kind Albträume hatte, der ihr zuhörte, wenn sie etwas neues gelernt hatte und es ihm vortrug.

Doch an diesem Abend, am Abend des Streits, war etwas anders. Es wirkte, als würde er alles in Frage stellen. Er redete auf ihre Mutter ein, Clarke merkte, dass die Stimmung angespannt war. Sie hörte, wie die beiden über das Problem diskutierten. Doch ihre Gedanken schweiften ab. Zu dem Ort, den sie wohl nie würde sehen können. Die Erde war laut ihrer Leute noch ein weiteres Jahrhundert unbewohnbar. Zu viel Strahlung, hieß es.

Clarke erinnerte sich an ihren Geschichtsunterricht und an den Einheitstag zurück. Die Ark bestand aus 12 Stationen, die früher einmal als Einzelne im Orbit der Erde geschwebt hatten, bevor sie sich, nach dem Atomkrieg, zu einer Station geformt hatten. Der Ark. Der Atomkrieg hatte die Erde unbewohnbar gemacht und alle Menschen getötet, nur die, die auf den Raumstationen waren, hatten überlebt, und sich fortgepflanzt. All das war vor 97 Jahren gewesen. Und nun ging ihnen der Sauerstoff aus. Schon in wenigen Jahren würden alle sterben.

Die Blonde sah sich um. 100 jugendliche Straftäter. Was konnte da schon schiefgehen... Ihr war klar, dass sie entbehrlich waren. Dass ihr Tod verkraftbar war und sie Versuchsobjekte waren. Doch trotz allem stellte sie sich die Frage: Sollten sie, trotz aller Widrigkeiten, überleben, wie sollte das funktionieren? Als ob sich Kriminelle an Regeln hielten, wenn diese nicht zwanghaft erforderlich waren. Und wie sollten sie dort unten überleben? Sollte die Ark je nachkommen, würde ihnen wirklich Amnestie gewährt werden oder würden sie wieder eingesperrt werden? Gab es überhaupt einen Ausweg, der für alle akzeptabel war?

Der Schmerz, der sie durchfuhr, vermochte ein Zischen zwischen ihre Lippen zu schummeln. „Willkommen zurück." Erschrocken blickte die 17-jährige nach rechts, von wo die Stimme gekommen war. Als sie Wells, ihren ehemals besten Freund, erblickte, war sie geschockt. Die Emotionen in ihr waren durcheinander und sie versuchte, alles zu sortieren. Zum einen war Wut, auf das, was er getan hatte. Zum anderen war da dieses vertraute Gefühl. Vermutlich konnte man die Sorge um einen Menschen, der jahrelang zu den wichtigsten im Leben gezählt hatte, nicht einfach abstellen. Die letzte Emotion, die sich mit ihren allgemeinen Gefühlen vermischte, die sie durch den Flug und die vorherige Situation verspürte, war Verwunderung. Warum war er hier? Wells war nie jemand gewesen, der zu kriminellen Taten neigte. Mal abgesehen davon, was er ihr und ihrem Vater angetan hatte.

Er wollte gerade zum Reden ansetzen, da unterbrach Clarke ihn. „Warum, zur Hölle, bist du hier?", schnauzte sie ihn an. „Als ich hörte, dass sie Gefangene auf die Erde schicken, hab ich mich verhaften lassen... Ich bin wegen dir hier!" Die Tatsache, dass Wells sich scheinbar noch immer um ihr Wohlbefinden sorgte, machte ihr zu schaffen. Als es kurz wackelte, erschreckte sich das Mädchen. „Was war das?", fragte sie ihren ehemals besten Freund ängstlich. „Das war die Atmosphäre." Altklug wie eh und je. Scheinbar hatte sich wenig verändert. Innerlich schnaubte die Blonde. Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, gingen Bildschirme an und das Gesicht des Kanzlers, Wells Vater, erschien und, man konnte es ihnen nicht einmal verübeln, die Jugendlichen stöhnten auf. Niemand mochte diesen Mann, er war für ihre aktuelle Situation, er war für etliche Tode nahestehender Personen verantwortlich. Und nun erzählte er den Jugendlichen etwas über ihre Mission. Welch eine Ironie. Erst wegsperren und dann für den Rat arbeiten. Typisch Jaha.

Die Tatsache, dass sich kurz darauf mehrere Jugendliche abschnallten, machten es nicht besser. Auch Finn, der wegen eines Spacewalks im Gefängnis gelandet war, wodurch er sehr viel Sauerstoff aufgebraucht hatte, schwebte vor ihr. Es kann nicht mehr schlimmer werden, dachte sich die Blonde. Sie wurde eines besseren belehrt, als das Schiff anfing, zu ruckeln und die Jugendlichen quer durch die Luft geschleudert wurden. Auch das Signal zur Ark, durch das das Video des Kanzlers eingeblendet worden war, versagte und nicht nur Clarke hatte den Gedanken, dass sie das kaum überleben könnten.

Als plötzlich jegliche Geräusche verstummten und das Gewackel ein Ende fand, lag sie mit ihrer Vermutung, dass sie es wohl doch auf die Erde geschafft hatten, richtig. Während sich alle abschnallten, lief Clarke zu den, zuvor noch schwebenden, Jugendlichen und prüfte ihren Puls. Nichts. Sie waren tot. Zumindest alle außer Finn. Aber so wie es aussah, war er es einfach gewöhnt. Spacewalker halt. Dieser Flug war mehr Abenteuer als ihr gesamtes Leben zuvor.

Als sie ein Rumoren aus Richtung der Öffnung des Dropships hörte, beeilte sie sich, ebenfalls dorthin zu gelangen. Sie erblickte eine Menschenmenge, die alle in Richtung Ausgang drängten. Allen voran ein Junge, der in Begriff war, einfach an die Oberfläche zu gehen. „Was glaubst du, tust du da?", fragte die Blonde ihn laut von ihrer Position weit hinten. Sie kämpfte sich ihren Weg nach vorne durch, bis sie ihn erreichte. „Wir können nicht ewig hier bleiben. Wenn wir nicht nach draußen gehen, sterben wir hier drin", gab er erklärend von sich. Durch seine Stimme hatte er jedoch ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren auf sich aufmerksam gemacht, die nun auf ihn zu rannte und ihn umarmte. „Bel...", flüsterte sie. Als die beiden die verwunderten Blicke in ihrem Rücken spürten, drehten sie sich um. Clarke hatte während der Prozedur ruhig daneben gestanden. Die Blonde war sich nicht sicher, was hier gerade abging. Allgemein hatte sie das Gefühl, dass sie, seit sie eingesperrt worden war, nicht mehr wirklich einen Durchblick hatte.

Mebi oso na hit choda op nodotaim | Clexa [the 100]Où les histoires vivent. Découvrez maintenant